Ein Mann setzt sich betrunken hinters Steuer seines Autos. Dann passiert ein schwerer Unfall.

Leonberg - Es gibt Tage, die das Leben eines Menschen komplett auf den Kopf stellen. So ein Tag war der 10. Januar dieses Jahres, nach dem im Leben eines 58-jährigen Leonbergers nichts mehr so war wie vorher. Nach einer Nacht mit viel Bier und Jägermeister war ihm am nächsten Morgen erst kurz vorher eingefallen, dass er einen Termin bei seinem Physiotherapeuten hatte – zu spät, um noch ein Taxi zu rufen. Also setzte er sich selbst ans Steuer – eine verhängnisvolle Entscheidung. Auf dem Weg kam er in einer Rechtskurve im oberen Bereich der Neuen Ramtelstraße auf die Gegenfahrbahn und stieß auf schneenasser Fahrbahn mit gleich zwei entgegenkommenden Autos zusammen: Eines katapultierte er in den Grünstreifen, eines erwischte er frontal. Eine Blutalkoholkontrolle eine Stunde später ergab einen Wert von 1,68 Promille.

 

Die Folgen des Unfalls waren für den 58-Jährigen verheerend: Wegen Rückenproblemen ist er seitdem krankgeschrieben, den Familienbetrieb, mit dem er auf Baustellen in ganz Süddeutschland unterwegs war, musste er schließen. „Ich lebe von meinen Ersparnissen“, erklärte er vor dem Amtsgericht Leonberg, wo er wegen fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs angeklagt war. Seine Versicherung hat ihn ausgemustert, das Haus, in dem er lebt, musste er verkaufen, nun wohnt er dort zur Miete. Von seiner Frau ist er geschieden, seinen Vater musste er letztes Jahr in ein Pflegeheim bringen.

Erinnerungslücke

An das tragische Ereignis kann er sich nicht mehr erinnern. Sogar die beiden Unfallopfer, die vor Gericht als Zeugen aussagen, erkannte er auf Anhieb nicht wieder. „Aber es tut mir furchtbar leid“, sagte der hagere Mann mit Glatze und Brille. Erinnern können sich dafür die beiden Unfallopfer: „Ich habe das Auto gerade auf meiner Spur gesehen, da hat es auch schon gescheppert, und ich habe Sterne gesehen“, berichtete ein 35-jähriger Mann.

Er habe eine Gehirnerschütterung und ein Schleudertrauma erlitten und sei vier Wochen lang krankgeschrieben gewesen. An seinem Auto sei ein Schaden von rund 17 000 Euro entstanden. Auf den Angeklagten hat er jedoch keinen Zorn und nahm dessen Entschuldigung ohne Umschweife an.

Auch das zweiten Unfallopfer konnte sich noch gut erinnern: „Ich habe gebremst, als ich das Auto kommen sah, bin von der Straße gekegelt worden“, sagte der 46-jährige Mann. Er habe dann versucht, seine beiden Kinder zu beruhigen, sei zum Angeklagten gelaufen und habe dann die Polizei gerufen. „Die Kinder haben einen Schock erlitten, ich selbst hatte ein Schleudertrauma und war vier Wochen in manueller Therapie“, berichtete der Mann weiter. An seinem Auto sei ein Schaden von rund 8500 Euro entstanden.

Der Staatsanwalt forderte in seinem Schlussplädoyer eine Bewährungsstrafe von fünf Monaten, 2000 Euro Geldbuße und eine einjährige Führerscheinsperre für den Angeklagten. Für ihn spreche sein Teilgeständnis, seine Entschuldigung und die Tatsache, dass er den Schaden finanziell teilweise ausgeglichen habe. Zu seinen Lasten müsse man jedoch sehen, dass er wegen eines Verkehrsdelikts vorbestraft sei, ein hoher Sachschaden entstanden sei und mehrere Personen schwer verletzt worden seien. Der Verteidiger hielt eine dreimonatige Bewährungsstrafe, 1000 Euro Geldbuße und ein neunmonatiges Fahrverbot für ausreichend.

„Glück, dass nicht mehr passierte“

Amtsrichter Thomas Krüger verurteilte den 58-Jährigen am Ende zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe, einer Geldbuße von 600 Euro und einer zehnmonatigen Führerscheinsperre. „Nur durch Zufall ist kein höherer Schaden entstanden, und es war großes Glück, dass vor allen den Kindern nicht mehr passiert ist“, begründete er sein Urteil.