Mehrere Gramm Heroin und Marihuana plus 24 Vorstrafen: Leonberger Amtsgericht verurteilt einen 51-Jährigen zu einer einjährigen Haftstrafe.

Der Mann auf der Anklagebank des Leonberger Amtsgerichts gehört zu denen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. In seinem Heimatland wurde er als Student gefoltert, weil er an Demonstrationen teilnahm.

 

Mitte der Neunzigerjahre kam er nach Deutschland, seit 1997 lebt er in einer Flüchtlingsunterkunft in Rutesheim. Seither hat er immer wieder mit Drogen zu tun gehabt: 24 Vorstrafen stehen in seinem Register, allein acht wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.

Polizei wird bei Durchsuchung fündig

Jetzt war er zum neunten Mal vor dem Amtsgericht angeklagt: Die Staatsanwaltschaft war der Ansicht, dass der inzwischen 51-Jährige noch immer Geschäfte mit Drogen macht. Bei einer Hausdurchsuchung im September vergangenen Jahres fand die Polizei zehn Gramm Marihuana und acht Gramm Heroin in seinem Zimmer.

Diesem Vorwurf widersprach der Angeklagte entschieden: Er habe im vergangenen Jahr einen Schlaganfall gehabt, was sich auch auf seine Stimme auswirke. Seine Ärzte hätten ihm dringend von weiterem Drogenkonsum abgeraten, er bekomme stattdessen Medikamente.

Feinwaage und Handys

Das Rauschgift, das man bei ihm gefunden habe, habe er vor längerer Zeit zum Eigenbedarf gekauft, was sich nunmehr jedoch erledigt habe. Ein Polizist, der bei der Durchsuchung seiner Wohnung dabei war, konnte den Sachverhalt nur bedingt erhellen.

Sie seien auf den Angeklagten nur aufmerksam geworden, weil ein Mitbewohner der Unterkunft ihn wegen Körperverletzung angezeigt und dabei auch erzählt habe, dass der 51-Jährige mit Drogen handle. Darauf könne hindeuten, dass bei dem Mann auch eine Feinwaage und zwei Handys gefunden wurden, deren Auswertung jedoch nichts ergeben habe.

Nächtliche Paranoia-Anfälle?

Ein 27-Jähriger, der ebenfalls in der Unterkunft lebt, war sich jedoch sicher, dass der Angeklagte weiterhin Drogen verticke. Er kenne mindestens zwei Dealer, von denen er Rauschgift beziehe und habe mehrfach gesehen und gerochen, dass der 51-Jährige mit Rauschgift hantiere. „Er hat ein vereinnahmendes Wesen und hat es mir unmöglich gemacht, ein normales Leben zu führen“, behauptete der 27-Jährige, der auch von nächtlichem Türenknallen und Paranoia-Anfällen berichtete.

Der Staatsanwalt Tizian Seidle sah daraufhin den Vorwurf des Rauschgifthandels bestätigt. Dafür sprächen die aufgefundene Feinwaage und die szenetypischen Verpackungen. „Vor allem aber: Wie will er den Erwerb der Drogen sonst finanzieren, wenn er von Hartz IV lebt?“, argumentierte er und forderte eine Haftstrafe von 15 Monaten.

Keine szenetypischen Utensilien

Der Verteidiger Clemens Beck, der auf eine Bewährungsstrafe plädierte, meinte hingegen, dass mehr als ein reiner Drogenbesitz nicht bewiesen sei. „Der Schlaganfall war eine Zäsur für ihn, eine Feinwaage kann man auch zum Eigengebrauch nutzen.“

Dieser Ansicht schloss sich das Gericht an, das den 51-Jährigen zu einer einjährigen Haftstrafe wegen unerlaubten Drogenbesitzes verurteilte. Feinwaage und Verpackungen seien zwar Indizien für Drogenhandel, es fehlten aber sonstige szenetypische Dinge wie Zip-Tütchen oder Geld in entsprechender Stückelung.

Zwei abgebrochene Therapien

Auch die Handyauswertung habe keinerlei Hinweise auf Verkaufsaktivitäten ergeben. Der Mitbewohner habe keine einzige konkrete Tat beobachtet. Die meisten seiner Schilderungen seien Rückschlüsse aus Beobachtungen, die zudem weit zurücklagen.

Zu einer Bewährungsstrafe sah sich das Gericht allerdings nicht in der Lage: Angesichts von 24 Vorstrafen und zwei abgebrochenen Therapien gebe es keine günstige Sozialprognose für den 51-Jährigen.