Über private Großspenden will ein Verein ein Innovationszentrum und eine Seilbahn finanzieren.

Leonberg/Linz - Man schaffe Schiffe und Segel, die sich für die Himmelsluft eignen. Dann wird es auch Menschen geben, die vor der öden Weite des Raumes nicht zurückschrecken werden.“ Das schrieb Johannes Kepler 1610 – damals noch in Prag – an Galileo Galilei. Ob er dabei auch schon eine Seilbahn im Kopf hatte? Wohl eher nicht.

 

400 Jahre später hingegen gibt es einen Verein in Linz, der eine bauen will. Aber nicht irgendeine. Nein, eine Planetenseilbahn. Mit runden Gondeln, die wie Planeten aussehen und sich auch um die eigenen Achse drehen. „Vor 400 Jahren, also 1619, schrieb Johannes Kepler in Linz sein drittes Keplersches Gesetz“, erklärt Erich Gattringer, der Projektleiter beim Keplerforum in der österreichischen Stadt.

Eine Würdigung Keplers

Dieses Ereignis, aber auch das gesamte Leben und Wirken des in Weil der Stadt geborenen Astronomen will der österreichische Verein würdigen. So soll am Linzer Schlossberg, wo Kepler einst lebte und arbeitete, ein „Keplarium“ entstehen: eine Mischung aus Museum, Sternwarte und Unterhaltungsangeboten wie einem 3D-Flugsimulator. „Es soll aber kein Disneyland sein, eher so etwas wie das Supernova-Planetarium in München.“ Das Kepler-Innovations-Zentrum am Schlossberg könne allerdings nur mit öffentlichen Geldern gestemmt werden.

Aus der Örtlichkeit ergab sich aber ein Problem, dass auch die Menschen in Leonberg nur zu gut kennen: Es gibt nicht genügend Parkplätze. Nicht nur am Linzer Schlossberg, sondern im historischen Zentrum der Donaustadt allgemein. Und auch keine gute Anbindung an den Nahverkehr oder an die Schiffsanlagestelle. Denn viele Touristen reisen per Donau-Schiff an.

Eine Lösung für das Parkraum-Problem

„Bei der Suche nach einer Lösung stellte sich heraus, dass die Linzer Donauraum-Topografie ideal für eine Stadtseilbahn geeignet wäre. Diese löst das Parkplatzproblem auf elegante Weise und ist auch eine attraktive Touristenattraktion“, erklärt Gattringer. Und da er und sein Kollegen vom Keplerforum thematisch ja bereits festgelegt sind, war auch schnell die Idee der Planetenseilbahn geboren. „Eine Planetenseilbahn kann man eben nur dort machen, wo Kepler gewirkt hat“, sagt der Projektleiter aus der Donaustadt.

Ein rein privat finanziertes Projekt

Über 17 Jahre hinweg sei das Projekt immer weiter ausgefeilt worden, wie Erich Gattringer in leicht österreichischem Dialekt erzählt. „Es werden das erste Mal runde Gondeln gebaut. Wie die Planeten auch, werden sich diese auf der Fahrt drehen. Aber ganz langsam, damit niemandem schwindlig wird“, berichtet er stolz.

Sieben der acht anerkannten Planeten unseres Sonnensystems rotieren rechts herum. „Nur die Venus dreht sich links herum, das wird dann auch die entsprechende Gondel tun.“ Allein die Sonnenkugel dreht sich nicht, Sie soll das Schmuckstück der Seilbahn sein – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie wird eine Kristallkugel sein, besetzt mit echten Swarovski-Kristallen. Ein wahrlich schillerndes Projekt also.

Schnell kommt eine zweite Schleife dazu

Aus der Idee eines Seilbahn-Rundkurses, der „Linzer Kulturmeile“, wurde schnell ein größeres Projekt. So soll sich eine zweite Schleife anschließen, die „Park- und Freizeitmeile“.

Die Kepler-Seilbahn hat jedoch eine weitere Besonderheit: Sie soll rein privat finanziert werden. Namhafte Investoren aus dem Bundesland Oberösterreich haben bereits Millionenbeträge zugesagt.

„Bis Ende Februar wollen wir die Finanzierung fertig haben“, sagt Erich Gattringer. Allein der kleinere Ring könnte 30 bis 35 Millionen Euro kosten. Nach seinen Berechnungen wird sich die Seilbahn aber sehr schnell amortisieren. Da sie privat finanziert sei, aber nur über öffentlichen Grund verlaufe, sei sie sehr schnell umsetzbar. Und Gattringer erwartet dann auch weniger Beschwerden von Bürgern.

Leonberg kann etwas lernen

„Im Vergleich zu Leonberg wird in Linz, aber auch in Graz, viel mehr mit Kepler gemacht. Da könnte sich Leonberg ruhig eine Scheibe von abschneiden“, sagt Hans-Joachim Albinus. Der Leonberger bietet mit dem Stadtmarketing regelmäßig Kepler-Führungen durch die Stadt an und hält auch Vorträge. Während die Tourist-Information im Geburtsort Weil der Stadt mit einigen Souvenirs aufwarten kann, sucht man diese am Engelberg vergebens. „In Linz kann man T-Shirts, Tassen und sogar Planeten-Pralinen kaufen“, sagt Albinus. Letztere vertreibt das Keplerforum Linz, um sich zu finanzieren.

Ob in Leonberg eine Seilbahn gebaut wird, bezweifelt er. „Aber wenn, muss man sich anschauen, wie Linz das macht. Unter touristischen und Marketinggesichtspunkten ist das sehr gut“, sagt Albinus. Nur eine Anmerkung hat er: „Zur Lebenszeit Keplers waren nur sechs Planeten bekannt.“

Linz und seine Seilbahnprojekte

Planetenseilbahn

Die geplanten zwei Schleifen sollen nacheinander realisiert werden. Sie verbinden verschiedene Sehenswürdigkeiten und Veranstaltungsorte mit Parkhäusern, aber auch mit der Schiffsanlegestelle und Nahverkehrsknotenpunkten. Die „Linzer Kulturmeile“ ist rund zwei Kilometer lang und hat fünf Stationen. Die sich anschließende „Freizeit- und Parkmeile“ ist 3,3 Kilometer lang und umfasst vier weitere Stationen sowie zwei Parkhäuser in Weltkugelform. Auf diesen Routen fahren die Planetengondeln auf einer Einseilvariante.

Stadtseilbahn

Die Idee kam bei den Linzern so gut an, dass auch die Stadt sie aufgriff. Für gut 100 Millionen Euro könnte eine Stadtbahn an die Planetenseilbahn anknüpfen und Pendler in die Stadt und zur Arbeit bringen. So sollen über mehrere Etappen auch die Industriegebiete angebunden werden. Die Dreiseilvariante könnte mehr Menschen befördern. Sie soll nur realisiert werden, wenn Bund und Land fördern.

Linz

Die Hauptstadt des Bundeslandes Oberösterreich hat rund 205 000 Einwohner. Die Donau fließt mitten durch die Stadt. Zudem ist sie wichtiger Knotenpunkt für den Autobahn- und Zugverkehr. Die Heimat der Linzer Torte hat ihren Aufstieg vor allem der Industrie zu verdanken. 2009 war sie Kulturhauptstadt.

Johannes Kepler und seine Gesetze

Leben

Johannes Kepler wurde am 27. Dezember 1571 in Weil der Stadt geboren, später lebte die Familie in Leonberg, wo er die deutsche Schule und 1579 die erste Klasse der Lateinschule besuchte. Ab 1589 studierte er Theologie und Mathematik in Tübingen. Zu seinen wichtigsten beruflichen Stationen zählt die Zeit von 1594 bis 1600 als Landschaftsmathematiker in Graz, die Zusammenarbeit mit Tycho Brahe in Prag sowie die Zeit als Landschaftsmathematiker von 1612 bis 1626 in Linz. Bei einem Aufenthalt in Regensburg erkrankte Kepler schwer und starb am 15. November 1630. Er war zweimal verheiratet, acht seiner zwölf Kinder starben jedoch früh. Gemeinsam mit Galileo Galilei und Nikolaus Kopernikus gilt er als Begründer der modernen Astronomie. Sein Wissen und seine Ansichten hat er in insgesamt 83 Werken niedergeschrieben.

Keplersche Gesetze

1. Gesetz: Die Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen. In einem ihrer Brennpunkte steht die Sonne. 2. Gesetz: Ein von der Sonne zum Planeten gezogener Fahrstrahl überstreicht in gleichen Zeiten gleich große Flächen. 3. Gesetz: Die Quadrate (zweite Potenzen) der Umlaufzeiten zweier Planeten um das gleiche Zentralgestirn verhalten sich wie die Kuben (dritte Potenzen) der großen Bahnhalbachsen.