Der international bekannte Pianist Tian Jiang gestaltet den Gottesdienst am Pfingstsonntag musikalisch mit

Leonberg - Ob die berühmte Carnegie Hall in New York, das britische Pendant Royal Albert Hall in London oder die Hamburger Elbphilharmonie – Tian Jiang kennt sie alle. Und vielleicht hätte der international renommierte Pianist am Pfingstsonntag in einem dieser bekannten Konzerthäuser vor großen Publikum gespielt. Stattdessen aber begeisterte der US-Amerikaner mit chinesischer Abstammung die Zuhörer in der Eltinger Michaelskirche mit seiner Musik.

 

Dennis Müller ist auch am Tag danach noch sichtlich begeistert: „Es war ein toller Gottesdienst“, erzählt der Pfarrer. Dass hochkarätige Musiker den Weg nach Eltingen finden, kommt immer wieder vor. Denn der jazzende Pfarrer, wie Müller auch genannt wird, ist ausgebildeter Musiker, hat gute Kontakte ins professionelle Musikbusiness. An einen so gefragten Pianisten wie Tian Jiang ranzukommen, sei aber normalerweise nicht so einfach, räumt er ein. Aber was ist in Zeiten von Corona schon normal?

Gottesdienst via Live-Stream

Dass dieser Pfingstgottesdienst anders als andere werden würde, war dem Eltinger Pfarrer bewusst. Weil aufgrund der aktuellen Abstands- und Hygieneregeln nur 43 Sitzplätze in der Michaelskirche zur Verfügung stehen, überträgt die Gemeinde seit Mai ihre Gottesdienste live im Internet. Die Videos sind anschließend auf Youtube abrufbar.

Auch für den Pfarrer sind diese Live-Streams absolutes Neuland. Bei der Vorbereitung des Pfingstgottesdienstes wurde dem 41-Jährigen schnell klar: „Du kannst keine ewig lange Predigt halten. Dann steigen die Menschen aus.“ So kam ihm die Idee, möglichst viel Musik einzubauen. Weil aufgrund von Corona nicht gemeinsam gesungen werden darf, suchte er nach einem musikalischen Gast.

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Über einen privaten Kontakt kam er schließlich auf Tian Jiang. Und der musste am Pfingstsonntag noch nicht einmal mit dem Flugzeug anreisen. Denn der Pianist, der eigentlich in New York lebt, hat quasi direkt ums Eck einen zweiten Wohnsitz. Seit zwölf Jahren ist er mit einer Gerlingerin verheiratet, das Ehepaar wohnt derzeit im Strohgäu.

Den Zuschauern – ob in der Kirche oder an den Bildschirmen – bot sich ein kurzweiliges Programm. Ein Mischung aus klassischem evangelischen Gottesdienst mit Predigt, Gebeten und viel Musik. Tian Jiang spielte Stücke von Beethoven und Chopin, Dennis Müller präsentiert Jiangs’ bekannte Komposition „Shanghai Dream“. „Musik verbindet die Menschen, gibt Halt, macht Mut“, weiß der Pfarrer. Das Thema Pfingsten sei die Überwindung von Grenzen durch eine Sprache, die jeder Mensch verstehen könne, um so von Gott berührt zu werden. „Genau das passiert, wenn Menschen aus aller Welt zusammenkommen, musizieren, diese internationale Sprache des Herzens miteinander teilen, und mit Kompositionen und Improvisationen Spiritualität erfahren können“, sagt Müller. Auch jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie.

Die Corona-Krise macht kreativ

Dennis Müller versucht, aus dieser Krise auch etwas Positives für seine Arbeit zu ziehen. Ja, der Charakter der Gottesdienste habe sich verändert, der Kontakt zu den Menschen sei nicht mehr so eng. Viele seien unsicher und vorsichtiger geworden, trauten sich nicht mehr in die Kirche. „Aber das macht eben auch kreativ. Mit den Live-Übertragungen gehen wir neue Wege“, sagt der Pfarrer, der sich über die guten Klickzahlen – immerhin mehrere Hundert – seines Pfingstgottesdienstes freut. Und der wurde übrigens auch weit über die Leonberger Stadtgrenzen hinaus angeschaut. „Tian Jiang hat Nachrichten aus Südafrika, China und New York bekommen“, sagt Müller. „Das ist doch toll.“