Initiatoren überreichen im Rathaus eine Unterschriftensammlung zugunsten der ehemaligen Bürgermeisterin.

Weissach - Genau 730 gesammelte Unterschriften haben Maria und Reinhold Knipping am Montagvormittag im Weissacher Rathaus übergeben. Davon kommen 720 direkt aus der Gemeinde und zehn Unterschriften von ehemaligen Weissachern, die mittlerweile verzogen sind. Mit der Unterschriftensammlung will das Ehepaar erreichen, dass die Kommune die Schadenersatzansprüche gegen die ehemalige Bürgermeisterin Ursula Kreutel und den einstigen Weissacher Kämmerer Horst Haindl fallen lässt. Und zwar unabhängig davon, wie das anhängige Berufungsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim ausgehen wird. So steht es im Aufruf zur Unterschriftensammlung.

 

Erstinstanzlich war Kreutel, die zwischen 2006 und 2014 Weissacher Bürgermeisterin war, im Juli vergangenen Jahres vom Verwaltungsgericht Stuttgart dazu verurteilt worden, an die Kommune 223 000 Euro Schadensersatz zu entrichten. Die Summe entspricht den Kosten, die der Gemeinde entstanden waren, weil jahrelang nicht erfolgte kommunale Haushaltsabschlüsse mit externer Hilfe nachträglich aufgearbeitet werden mussten.

Keine Jahresabschlüsse in Weissach seit 2003

Seit dem Jahr 2003 hatte es im Weissacher Rathaus keinen formalen Jahresabschluss mehr gegeben. Die Versäumnisse fallen in die Amtszeiten der Bürgermeister Roland Portmann, des Kurzzeitbürgermeisters Reinhard Riesch sowie in die Legislatur von Ursula Kreutel. Auf Grund der Verjährungsfrist konnte die Kommune, die das Ausmaß der Verfehlungen 2015 umfänglich aufgearbeitet hatte, Ansprüche vor Gericht dann nur noch gegen Kreutel und den damaligen Kämmerer Haindl geltend machen.

Weissachs Bürgermeister Daniel Töpfer (CDU) hat es auf Anfrage der Initiatoren abgelehnt, die Unterschriften am Montag persönlich entgegenzunehmen. Gegenüber unserer Zeitung betont Töpfer, dass er von der Unterschriftenaktion zugunsten seiner Vorgängerin „nichts hält“: „Weder Gerichte sollten nach Unterschriften entscheiden noch ein Bürgermeister seine Amtsführung danach ausrichten“, sagt der Rathauschef. Hinter der Unterschriftensammlung stünde ein „eigenartiges Rechtsverständnis“.

Demgegenüber betont der 71-jährige Reinhold Knipping, dass „Recht und Gerechtigkeit nicht immer dasselbe“ seien. „Wir reden nicht über Recht, darüber entscheiden die Gerichte“, sagt Knipping. Nach Meinung des Weissacher Ehepaars sowie offensichtlich inzwischen auch nach Ansicht von immerhin rund 14 Prozent der Weissacher Wahlberechtigten wäre es jedoch gerecht, „wenn alle an den angeblichen Missständen beteiligten Personen und Institutionen“, so heißt es überdies im Aufruf zur Unterschriftensammlung, für den Schaden aufkämen. Zuvor hatte der Weissacher Hans-Joachim Damm mit dem selben Ziel bereits rund 50 Unterschriften gesammelt.

Die Aktion soll das Meinungsbild der Bürger zeigen

„Wir glauben, dass die Berufungsverhandlung ein anderes Urteil ergeben wird“, sagte Reinhold Knipping. Dass die Kommune, um sich nicht selbst strafbar zu machen, verpflichtet ist, den aufgetretenen Schaden vor Gericht zu erstreiten, stellt auch Knipping nicht grundsätzlich in Abrede. „Es wird wahrscheinlich so sein. Wenn der Gemeinderat auf den Schadenersatz verzichtet, ist es zu 99 Prozent sicher, dass irgendjemand die Gemeinde verklagt“, räumt der ehemalige Kaufmann ein.

So gesehen ist die Unterschriftenaktion wohl vor allem Ausdruck des Meinungsbildes eines Teils der Weissacher Bürgerschaft. Woraus sich freilich mehr entwickeln könnte: Denn sollte Kreutel tatsächlich auch höchstinstanzlich verurteilt werden, hält es Knipping für nicht unwahrscheinlich, dass dann einige Weissacher Bürger zu einer Spendenaktion zugunsten der ehemaligen Bürgermeisterin aufrufen. Kreutel droht bei einer Verurteilung die Privatinsolvenz.

Dass die jahrelangen Verfehlungen im Weissacher Rathaus allein auf das Konto der ehemaligen Bürgermeisterin gehen, behauptet indes auch Amtsinhaber Daniel Töpfer nicht. Für ihn steht gleichwohl fest: „Wenn eine Schuld Dritter zu vermuten war, dann wäre es Frau Kreutels originäre Aufgabe als Bürgermeisterin gewesen, das geltend zu machen.“

Das habe sie jedoch nicht getan. „Stattdessen hat sie acht Jahre lang versäumt, die Fehler der Vergangenheit in Ordnung zu bringen, und es dadurch schlimmer gemacht, dass sie in ihrer Amtszeit auch ihre eigenen Aufgaben nicht erledigt hat.“