Die Elternbeirätin Anna Walther (SPD) wendet sich in einem offenen Brief an den Renninger Bürgermeister.

Renningen - Erhöhtes Anspruchsdenken und ein harscherer Tonfall, das seien Zeichen einer veränderten Gesellschaft: So hatte es der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt im Gespräch mit unserer Zeitung formuliert, unter anderem im Hinblick auf die Debatte um den Mangel an Plätzen in der Kinderbetreuung, der in den vergangenen drei Jahren hohe Wellen geschlagen hat. Vor allem Zugezogene hatte er damit angesprochen.

 

Die Elternbeiratsvorsitzende der Friedrich-Silcher-Schule und stellvertretende Ortsvereinsvorsitzende der SPD in Renningen-Malmsheim, Anna Walther, hat sich dazu in einem offenen Brief an den Bürgermeister gewandt. Sie selbst ist 2014 nach Renningen gezogen und hatte in der Vergangenheit mit anderen Elternbeiräten einige Entscheidungen der Stadt im Hinblick auf die Kinderbetreuung kritisiert.

„Die rasante Entwicklung der letzten Jahre, die durch die entsprechenden Beschlüsse des Gemeinderates in die Wege geleitet wurde, bedingt die gesellschaftliche Veränderung in der Kommune“, schreibt Anna Walther. Und weiter: „Mit neuen Bürgern kommen auch neue Ansichten in die Stadtgesellschaft.“ Sie bitte Faißt um Klarstellung, welches Anspruchsdenken genau er meine, und um eine Einschätzung, „wie realistisch es ist, dass eine Familie, die im Schnallenäcker II ein Haus erwirbt, diese Kosten von einem Gehalt begleichen kann“.

Immense Preissteigerung bei Grundstücken

Wolfgang Faißt selbst hatte die rasante Preissteigerung bei den Grundstücken im Schnallenäcker angesprochen. Anna Walther stellt die Frage nach einem Zusammenhang zu einer verlässlichen Kinderbetreuung und möchte wissen: „Wurde diese Entwicklung im Zuge der ursprünglichen Entscheidung für ein Neubaugebiet von Ihnen in die Diskussion mit dem Gemeinderat einbezogen?“ Immerhin habe der Bürgermeister es selbst als seine Devise bezeichnet: „Bevor du neue Entscheidungen triffst, bedenke das Ende.“

Zudem stellte sie das Vorgehen von Renningen infrage, Baugebiete auszuweisen, ohne die Grundstücke vorher zu kaufen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist es, dass Baugebiete schneller und bedarfsgerecht entstehen können. Ein Nachteil: Die Stadt hat bei Grundstücken, die ihr nicht selbst gehören, keinen Einfluss auf die Grundstückspreise. „Was bringen die schnell entstehenden Baugebiete, die weder bezahlbar noch aufgrund der mangelnden städtischen Infrastruktur gut ,funktionsfähig‘ sind?“, möchte Anna Walther wissen.

Die Elternbeirätin erkennt das Engagement der Verwaltung in Sachen Kinderbetreuung an, betont sie und lobt das Team im Rathaus. „Die Stadt tut inzwischen in der Tat viel für die Kinderbetreuung.“ Als Faißts Aufgabe als Verwaltungschef sehe sie es nun, „dafür Sorge zu tragen, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht als von einem neuen ,Anspruchsdenken‘ geleitete Gegner der Stadtverwaltung, sondern als Unterstützer von dem Rathausteam empfunden werden“.