Bei den Freien Wählern erklärt der Trigema-Chef sein Führungsverständnis.

Leonberg - Seine Nachfolge ist für ihn im Prinzip geklärt: Entweder es wird sein Sohn oder seine Tochter. Beide zusammen, das will Wolfgang Grupp nicht, denn in seinem Führungsverständnis kann es nur einen Chef geben. Auf wen der beiden letztlich seine Wahl fällt, das hängt auch von deren Partnerwahl ab. Würde die Tochter „einen Verrückten“ ehelichen, wäre sie aus dem Rennen, für den Sohn gilt die gleiche Regel.

 

Was er unter „verrückt“ versteht, das macht der alleinige Chef des Sportbekleidungsherstellers Trigema beim Neujahrsempfang der Freien Wähler eine Stunde lang sehr deutlich – oft so drastisch, dass Grupps Ausführungen bisweilen eher an eine Mischung aus Büttenrede und Kabarett erinnern, als an den von Anglizismen gespickten Wirtschaftssprech heutiger Topmanager. Von den meisten seiner Kollegen hält er wenig bis nichts.

Fast 600 Menschen in der Stadthalle

Dass die Einladung des eigenwilligen Wirtschaftslenkers eine gute Wahl war, zeigt die Resonanz. Wolfgang Schaal, der Stadtverbandsvorsitzende der Freien Wähler, begrüßt fast 600 Menschen in der Stadthalle. Da staunt auch Landrat Roland Bernhard, was in Leonberg so geht.

Wolfgang Grupp kommt weder mit dem aus der Werbung bekannten Schimpansen noch per Hubschrauber. Ein Fahrer bringt den fast 78-Jährigen aus dem heimischen Burladingen und spätabends auch wieder zurück. Auswärts übernachten ist sein Ding nicht. Der Chef muss auch am Wochenende an Bord sein, um Probleme zu erkennen und zu lösen. Verantwortung delegieren? Das kommt in der Welt eines Wolfgang Grupps nicht vor.

Akademiker aus Hamburg braucht er nicht

Seine Welt besteht aus klaren Regeln: „Eins und eins gibt zwei. Das haben wir schon in der Volksschule gelernt, und so muss man eine Firma führen.“ Akademiker aus Hamburg oder Düsseldorf braucht der einstige Jesuiten-Schüler nicht, um auf der Alb seinen Betrieb zu steuern, in dem die Kleidung noch produziert wird.

Von den 1200 Mitarbeitern sind nur 35 in der Verwaltung beschäftigt. Grupp selbst sitzt mit ihnen in einem Großraumbüro: „Nicht um sie zu überwachen, sondern damit ich ansprechbar bin. Wer mir eine Frage stellt, bekommt eine Antwort.“

„Gier und Größenwahn“

Langes Diskutieren ist nicht sein Ding: „Wenn ich nicht entscheide, habe ich nichts. Zur Not kann man die Entscheidung ja korrigieren.“ Das erwartet er auch von der Politik. Die Kanzlerin habe grundsätzlich richtig entschieden, Flüchtlinge ins Land zu lassen: „Aber dass Scharlatane kommen, hätte sie verhindern müssen.“

Dass selbst Weltunternehmen wie VW Probleme haben, hat für ihn mit „Gier und Größenwahn“ zu tun: „Ohne die Piëch-Vorgabe, weltgrößter Hersteller zu werden, wäre bei VW die Krise so nicht gekommen.“ Wachstum ist für Grupp kein Allheilmittel, dafür Innovation und Qualität umso mehr: „In einem Hochlohnland muss man elitäre Produkte machen.“ Die Masse könne China besser.

Betriebsrat überflüssig

Wolfgang Grupp versteht sich als Firmenpatriarch im besten Sinne: „Wenn ich meine Mitarbeiter gut behandele, machen sie auch was für mich.“ Firmentreue und Loyalität sind für ihn Schlüsselbegriffe.

Einen Betriebsrat hält er deshalb für überflüssig: „Wir hatten mal so eine blöde Vorsitzende, die die Leute verrückt gemacht hat. Ich weiß, dass ich Sie nicht kündigen darf, habe ich ihr gesagt. Ich bezahle Sie, aber meinen Laden betreten Sie nicht mehr“, schildert er sein Verständnis von Mitbestimmung. „Als die weg war, habe ich dann gesagt, wen ich für geeignet halte. Der wurde selbstverständlich gewählt.“ Die meisten Zuhörer lachen.