Im Westen der Stadt werden künftig das autonome Fahren sowie die Weiterentwicklung der Fahrerassistenzsysteme vorangetrieben.

Eine Decke muss noch betoniert werden, dann erst ist der Rohbau fertig und die Arbeiten an der Fassade können beginnen. Dennoch hat die Robert Bosch GmbH schon mal zum Richtfest des neuen Hauptquartiers in Leonberg an der Ecke Römerstraße/Poststraße geladen.

 

„Wir hatten schon keinen Spatenstich, deshalb haben wir das Fest vorgezogen. Wer weiß, wann die nächste Coronawelle kommt und Veranstaltungen wie diese nicht mehr möglich sind“, sagte Thomas Irawan vor etwa 250 Menschen, die am Donnerstagnachmittag an Gerüsten und Kränen vorbei den Weg in den Rohbau gefunden hatten. Und eine Danksagung an alle, die bislang an der Erschaffung dieses Mammutprojektes beteiligt waren, wollte sich der Standortleiter des neuen Geschäftsbereiches XC nicht nehmen lassen.

Gebündelte Kompetenz

Im Westen der Leonberger Kernstadt wird künftig unter der Bezeichnung „Cross-Domain Computing Solutions“ Software- und Elektronikkompetenz gebündelt und auch das autonome Fahren sowie die Weiterentwicklung der Fahrerassistenzsysteme mit Hochdruck sollen hier vorangetrieben werden. „Hier entsteht nicht nur ein Gebäude, sondern hier wird auch ein Teil der Stadt entwickelt.“

Deshalb drückte auch Leonbergs Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) seinen Stolz aus, „dieses Projekt, das vor vier Jahren mit den ersten Gesprächen begann, erleben und begleiten zu dürfen“. Bosch werde, so Cohn, einen großen Anteil daran haben, dass Leonberg an Attraktivität gewinne.

Standort mit Vergangenheit und Zukunft

Die Stadt am Engelberg sei für den Automobilzulieferer ein Standort mit Vergangenheit und mit Zukunft, sagte Thomas Irawan. Gegründet wurde dieser in den 1960er Jahren von der damaligen Moto Meter GmbH. Das Betriebsgelände in der Daimlerstraße wuchs im Laufe der Jahre in die Breite und Höhe. Die Mitarbeiter gaben dem Areal damals intern den Namen „Vereinte Hüttenwerke“, weil alles zusammengestückelt wirkte.

Im Jahr 1991 hat Bosch die Firma Moto Meter übernommen, ist seit 31 Jahren in Leonberg und baut derzeit einen modernen und offenen Campus. Im November waren die Abbrucharbeiten des Möbelhauses von Frank Hofmeister, das einst auf dem Gelände stand, erledigt. Insgesamt fünf Monate dauerte im Jahr 2020 der Erdbau. 185 000 Tonnen Aushub wurden weggekarrt. Im Januar 2021 wurde mit dem Rohbau gestartet. 6400 Tonnen Stahl wurden verbaut – was dem Stahl von 23 Airbus-Flugzeugen A 380 entspricht. 140 Arbeiter sind parallel auf der Baustelle beschäftigt, etwa 70 Firmen sind an der Entstehung des Gebäudes beteiligt.

Ende 2023 soll das Gebäude bezugsfertig sein

Für die Gesamtbauleitung ist die Diplom-Ingenieurin Anastasia Beletskaya verantwortlich. Auch wenn der Rohbau noch nicht ganz fertig ist – der Innenausbau wurde bereits gestartet. Bezugsfertig soll das neue Hauptquartier mit einer Bruttogrundfläche von 50 000 Quadratmetern, was einer Fläche von sieben Fußballfeldern entspricht, Ende 2023 sein. Vorausgesetzt die Lieferzeiten der Materialien können eingehalten werden.

Aktuell sind etwa 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Leonberg bei Bosch beschäftigt – hauptsächlich Entwickler. Diese Zahl soll bei Bezug des Neubaus verdoppelt werden. Etwa 1500 Arbeitsplätze entstehen für etwa 1900 Mitarbeiter im so genannten Desksharing-Prinzip. „Wir schaffen flexible Teams, die auch von zu Hause arbeiten und sich damit lange Anfahrtswege sparen, das soll auch künftig so gehandhabt werden“, sagte Thomas Irawan.

Eigene Kita mit Platz für 70 Kinder

Nicht nur die Entwickler werden im Hauptquartier künftig arbeiten. Es wird Platz geben für eine Kindertagesstätte mit 70 Plätzen für Kinder im Alter von null bis sechs Jahren. Die Geschäftsstelle der Bosch-Betriebskrankenkasse wird in Leonberg ihre Räume haben, es wird Arbeitsplätze für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anderer Standorte geben. Platz ist dann auch für Angebote in Kultur, Sport und Freizeit.

Alexander Lenk, bei der Robert Bosch GmbH für alle Liegenschaften weltweit verantwortlich, bedankte sich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Stadt und den Behörden. „Die ist wichtig und funktioniert sehr gut.“ Auch betonte er, wie wichtig Nachhaltigkeit in Zeiten des Klimawandels sei. Deshalb richte Bosch die gesamte Technik danach aus und werde auch Grünbereiche schaffen. Gemeinsam mit der Stadt wird das Unternehmen ein Mobilitätskonzept erarbeiten, das die Anbindung zum S-Bahnhof, Stellplätze für Fahrräder oder auch E-Bike-Lademöglichkeiten beinhalte.

Für große Erheiterung sorgte dann Vorarbeiter Thomas Sonnenschmidt von der Firma Moser, die den Rohbau koordiniert. Als so genannter Polier ist er Verbindungsglied zwischen der Bauleitung und den Arbeitern. Bei seinem Richtspruch trank er durstig einige Schlückchen Wein auf alle fleißigen Menschen auf der Baustelle.