Soll eine Verbindungsstraße an einem neu gestalteten Platz in der Ditzinger Innenstadt für den Autoverkehr gesperrt bleiben? Die Auseinandersetzung am Dienstag im Gemeinderat drehte sich im Kern um ein altbekanntes Problem.

Ditzingen - Der Gemeinderat diskutierte am Dienstagabend schon eine Weile über den Platz an der Glems, als Oberbürgermeister Michael Makurath (parteilos) einige Wortbeiträge kurz und knapp aus seiner Sicht bewertete: „Der Versuch der Skandalisierung geht ins Leere.“ Der parteilose Oberbürgermeister hatte damit vor allem auf den Fraktionschef der Unabhängigen Bürger, Dieter Schnabel, reagiert. Dieser hatte der Verwaltung vorgeworfen, gegen einen Ratsbeschluss zu handeln, mehr noch: „Die Stadt war gegen die Öffnung für den Verkehr und sie hat alles getan in ihrem Sinne.“ So habe sie etwa nach der Sperrung einen Cocktail- und Kaffeebetrieb auf dem Platz organisiert. „Dass das die Fußgänger anzieht, ist klar.“ Alles in allem habe sich die Verwaltung über eine ihr nicht passende Ratsentscheidung hinweggesetzt und, das schwang in seinem Vorwurf an die Verwaltung mit, ihre Macht demonstriert.

 

Soll der neue innerstädtische Platz dauerhaft autofrei bleiben? Eine Woche zuvor hatte der Fachausschuss des Gemeinderats vergleichsweise knapp, mit sieben zu fünf Stimmen, dem Gemeinderat empfohlen, es bei der derzeitigen Regelung zu belassen. Nun sollte die Entscheidung fallen. Oder ging es doch um Grundsätzliches? Makurath verwies nicht nur auf die Sicherheit, sondern auch auf die Aufenthaltsqualität einer solchen Fläche. Auto an Auto, das bedeute den „Tod der Innenstadt“. In diesem Fall habe man die Chance, die Ditzinger Innenstadt „dauerhaft lebenswert zu machen“.

Der Platz war ursprünglich für den Verkehr geöffnet, wurde aber im Frühjahr 2021 nach einem Ratsbeschluss aus Sicherheitsgründen gesperrt, weil sich so viele Menschen dort aufhielten. In der Folge wurden dort unterschiedliche Angebote gemacht.

Selbstkritisch merkte die SPD-Fraktionschefin Sabine Roth an, das Handeln von Verwaltung und Gemeinderat sei „wirklich kein Ruhmesblatt“ gewesen. Gleichwohl zeigte sie sich nun überrascht ob der neuerlichen Diskussion. Denn neue Argumente gab es kaum, auch wenn Horst Ludewig (FDP) erklärte, der Hinweis auf die schon erfolgte Entwidmung der Verbindungsstraße gebe der Diskussion einen neuen Dreh. Grüne und CDU bekräftigten daher am Abend im Wesentlichen ihre Haltung gegen beziehungsweise für die Öffnung für den Autoverkehr.

Zwei Schreiben erhitzen die Gemüter

Allerdings waren seit vergangener Woche zwei Schreiben von Bürgern eingegangen, welche unter anderem sowohl die der Entscheidung zugrunde liegende Verkehrszählung als auch die Einschätzung des Busunternehmers anzweifelten. In der Zählung seien keine Lastwagen ausgewiesen und der Stadtbus habe wegen parkender Autos am Straßenrand auf der Alternativroute durchaus Probleme, argumentierten sie. Die bloße Konzentration einiger Räte auf diese beiden Stellungnahmen verärgerte Bürgermeister Ulrich Bahmer (CDU) sichtlich. „Wir stehen als Lügner da“, hielt er dem Gemeinderat vor. Einer Mail, die nachts geschrieben wird, werde mehr Glauben geschenkt, als den eigenen jahrelangen Vorbeschlüssen. „Wir sind relativ nah am Bürger dran, das können Sie uns glauben.“ Erste Pläne für den Platz datieren aus 2008. Sie waren in der Finanz- und Wirtschaftskrise zurückgestellt worden.

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Nicht in dieser Schärfe, gleichwohl kritisch, äußerte sich Manfred Grossmann, als er auf das Vorgehen der Verwaltung abhob, die nach einer ersten Sperrung auf Ratsbeschluss hin den Platz mit Angeboten belebte – und somit aus Sicht der Befürworter von Durchgangsverkehr sukzessive die Sperrung des Platzes vorantrieb. „Den Vorwurf der Salamitaktik kann ich nachvollziehen.“ Zudem sei nicht alles so objektiv unstrittig, wie die Verwaltung ihr Handeln darlege. Oberbürgermeister Michael Makurath hielt sogleich dagegen: „Verschwörungstheorien bringen uns nicht weiter.“

Alte Forderung erneuert

Anders als Dieter Schnabel beließ es Manfred Grossmann indes nicht bei einer Kritik, sondern nahm dies zum Anlass, seine lange bestehende Forderung zu erneuern. „Wir haben bis heute kein innerstädtisches Verkehrskonzept.“ Läge dies vor, würde man wissen, was bei einer Schließung der Verbindungsstraße passiere. Ähnlich wie Schnabel kritisierte er, allein auf den Erfahrungswerten, also einer gesperrten Verbindungsstraße, zu entscheiden, die Alternativplanung – eine Öffnung für den Verkehr – aber nicht getestet zu haben.

Am Ende stand ein Kompromiss: Die Verwaltung wird die Busführung prüfen, sich zudem mit der Verkehrszählung befassen. Noch vor der Sommerpause soll der Gemeinderat abermals darüber diskutieren.