Seit April ist Jonas Pirzer Leiter des Kultur- und Sportamtes in Leonberg.

Leonberg - „Es war ein sehr interessanter Zeitpunkt“, sagt Jonas Pirzer über seinen ersten Arbeitstag in Leonberg. Am 1. April hat er die Leitung des neu aufgestellten Kultur- und Sportamts übernommen – gerade zwei Wochen nach Beginn des Corona-Shutdowns. Hat er seinen ersten Tag dann auch gleich im Homeoffice verbracht? Pirzer lacht. „Da mich niemand physisch abbestellt hat, bin ich ganz normal ins Rathaus gegangen. Dort wurde ich freundlich, aber mit Abstand begrüßt“, erzählt Pirzer, der am Samstag seinen 35. Geburtstag gefeiert hat.

 

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Es war ein Amtsantritt im Ausnahmezustand. „Ich hatte mir eigentlich mehr inhaltliche Arbeit vorgestellt. Seitdem geht es aber vor allem um die Frage, wie man mit den hergestellten Realitäten umgeht“, sagt Jonas Pirzer. In einem normalen Jahr kümmern sich die Mitarbeiter des Kultur- und Sportamts um große und kleine Veranstaltungen, vom Pferdemarkt über die Kinder- und Jugendtage bis zur Vorlesestunde in der Stadtbücherei. Die gehört genauso zum Amt wie die Volkshochschule, das Stadtmarketing, die Jugendmusikschule, das Stadtarchiv und die Museen. Auch die Bäder sind dem Kultur- und Sportamt zugeordnet, sollen aber bald in die Stadtwerke ausgegliedert werden.

Als Jazzmusiker offen für vieles

Für ein im Kernbetrieb vergleichsweise kleines Amt sind das eine Menge und sehr unterschiedliche Aufgaben. Wie das alles kombinierbar ist? Pirzer zieht da eine Parallele zu seinem eigenen künstlerischen Schaffen. „Ich bin gelernter Jazzmusiker. Meine musikalische Sozialisation liegt aber in der klassischen Musik. Vielleicht bin ich letztlich beim Jazz gelandet, weil er sehr offen umgeht mit verschiedenen Richtungen und diese verarbeitet“, überlegt der gebürtige Münchner.

„Mir wird auch sehr oft die Frage gestellt, was ich mir für Leonberg vorstelle“, erzählt er. „Ich gebe dann die Frage einfach zurück. Was stellen Sie sich für Leonberg vor und wie kann ich das unterstützen? Was wird gewollt? Was ist möglich? Was wurde schon probiert?“ Und im Moment werde viel Neues probiert – gezwungenermaßen. „Einige Veranstaltungen haben wir abgesagt, weil das, was unter den aktuellen Gegebenheiten stattfinden kann, einfach nicht dem Charakter der Veranstaltung entspricht. Andere Angebote haben in der Corona-Zeit dafür umso mehr Zuspruch gefunden“, sagt der Kulturamtschef mit Blick etwa auf die Gute-Nacht-Geschichten im Pomeranzengarten.

Keine Konkurrenz zur Stadthalle

Auf den Herbst hatte er sich eigentlich gefreut, da die Vorgaben des Landes längerfristig ausgerichtet und vor allem länger bekannt waren. „Das ist besser, als immer nur der Überbringer schlechter Nachrichten zu sein“, sagt Pirzer. Bei einigen Events komme man mit dem Gegebenheiten gut klar. Bei anderen müsse man über größere Räume wie etwa die Stadthalle nachdenken. „Wenn man da aber nur 200 Leute reinlassen darf, muss man auch gucken, ob es dann noch wirtschaftlich ist“, sagt er. Was nun angesichts steigender Corona-Zahlen passieren wird, muss man abwarten.

Veranstaltungen, die das Kulturamt selbst organisiert oder in die Stadt holt, haben oft ein anspruchsvolleres, aber dafür kleineres Publikum als das, was sonst etwa in der Stadthalle angeboten wird. Man arbeite aktuell mit dem städtischen Eigenbetrieb Stadthalle und dem neuen Manager Nils Strassburg sehr gut zusammen. „Angesichts dessen, was an möglichen Veränderungen bevorsteht, wäre es dämlich, wenn da eine Konkurrenz entstünde“, sagt Jonas Pirzer mit Blick aufdie aktuelle Diskussion rund um Sanierung oder Neubau der Stadthalle.

Was einer Kulturstadt Leonberg sonst noch fehlt? „Da hätte ich gern noch etwas mehr mitbekommen, ohne Corona“, gibt der neue Kulturamtsleiter zu. Man habe die Zeit aber gut für eine Revision genutzt, Bestände und Strukturen angesehen. „Das wäre unter normalen Bedingungen so gar nicht möglich gewesen.“

Noch keine Entscheidung zum Pferdemarkt

Sport und Vereine seien zwar nicht sein Schwerpunkt. „Hier gibt es aber handfeste Probleme bei den Hallenbelegungen.“ Ein Herzensanliegen ist ihm das Thema gesellschaftliche Teilhabe. „Damit habe ich mich ja vorgestellt. Das Kreativwerk in Höfingen finde ich sehr spannend“, nennt er ein Beispiel. Er selbst habe sich eine Weile als freischaffender Musiker probiert. Die Künstlerinnen und Künstler im Kreativwerk, die Kunst als wirklichen Brotberuf ausüben können, beneidet er ein wenig.

Von Leonberg kannte er vor seiner Bewerbung nur „die touristischen Highlights“, wie er sagt. „Mir war bekannt, dass Leonberg eine wirtschaftlich starke Stadt ist. Was sie attraktiv macht, weil dann viel möglich ist und man gewisse Gestaltungsmöglichkeiten hat.“

Bleibt die Eine-Million-Euro-Frage: Findet der Pferdemarkt im nächsten Jahr statt? „Dazu ist noch keine Entscheidung getroffen“, sagt Jonas Pirzer. Damit bis Anfang Februar alles organisiert ist, beginnen normalerweise bereits im September die Planungen. Noch sind Großveranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern bis Ende Oktober untersagt. „Wir wissen schlicht nicht, was dann erlaubt sein wird. Aber wir können nicht erst am 31. Dezember anfangen zu planen.“