Ohne Rücksprache mit dem Gemeinderat hat die Stadtverwaltung Alternativen ohne Apartments planen lassen.

Leonberg - Wir brauchen diese Kita und zwar schnell“, sagt Christof Dietrich über die Kita-Nord. Der dreifache Familienvater ist selbst Anwohner der geplanten Einrichtung, die unterhalb der Tennisplätze zwischen Oberer Burghalde und Stuttgarter Straße entstehen soll. Ihn ärgert, dass sich das Vorhaben schon jetzt um knapp drei Monate verzögert. Dazu könnten noch weitere kommen.

 

Zwar steht das Thema auf der Tagesordnung des Sozialausschusses am Mittwoch, 15. Mai, 19 Uhr, und des folgenden Gemeinderates am Dienstag, 21. Mai. Doch in der bereits veröffentlichten Sitzungsvorlage will die Stadt neue Planungsmöglichkeiten vertiefen lassen. Für Christof Dietrich unverständlich: „Für die ursprünglich angedachte Variante hätte doch längst ein Baugesuch eingereicht werden können.“

Vier Gruppen und ein Tapir

Vier Gruppen soll die neue Kita-Nord beherbergen, mit der Möglichkeit, später auf sechs Gruppen zu erweitern. 75 Kinder sollen vorerst Platz finden, davon sind zehn Plätze für unter Dreijährige vorgesehen. Außerdem sollen im ersten Obergeschoss fünf preisgünstige Wohnungen für städtische Mitarbeiter entstehen. Vorzugsweise für pädagogisches Personal, um das die Kommunen im Wettbewerb stehen. In einem Apartment könnte zudem ein sogenannter Tapir untergebracht werden, in dem Tagesmütter Kinder betreuen.

Obwohl Leonberg in den vergangenen Jahren vorausschauend neue Kindertageseinrichtungen gebaut oder bestehende erweitert hat, ist der Bedarf stärker gestiegen als erwartet. Das zeigt auch die Bedarfsplanung Kinderbetreuung, die ebenfalls im Sozialausschuss behandelt wird. So seien zum Start des neuen Kindergartenjahres im September 45 Plätze für Drei- bis Sechsjährige zu wenig vorhanden. Die Tendenz ist steigend, obwohl die Stadt weitere Neubauten und Interimskitas bereits einplant.

Interim nur für zwei Jahre genehmigt

Eine solche Zwischenlösung gibt es auch oben am Engelberg, im August-Lämmle-Weg. „Die hat aber nur eine Betriebserlaubnis für zwei Jahre“, erklärt Jutta Metz, die für die Freien Wähler im Gemeinderat sitzt. Auch für sie ist die Verzögerung beim Neubau unverständlich. „Wir haben 2017 den Grundsatzbeschluss für die Kita-Nord an diesem Standort gefasst. Seit November haben wir aber nichts mehr von dem Thema gehört, wir dachten, das läuft alles“, sagt Metz. Doch dann kam die neue Ratsvorlage. Darin erläutert die Stadtverwaltung, dass sie die Pläne nicht weiterverfolgt hat. Stattdessen liegen der Drucksache nun zwei Varianten der Architekten, des Büros Arp, bei, die zwei Alternativen vorschlagen – jeweils ohne Obergeschoss, also ohne Wohnungen.

Begründung: Die Kostenobergrenze, die der Gemeinderat im Sommer 2018 festgelegt hatte, könne nicht eingehalten werden. Zum einen, weil die Baukosten in den vergangenen drei Jahren um 25 Prozent gestiegen seien, zum anderen müsse die Kita wegen neuer Anforderungen 200 Quadratmeter größer geplant werden. Und die Wohnungen würden die Stadt mehr kosten als vergleichbare Neubauprojekte. Insgesamt käme das Projekt so auf 5,7 Millionen Euro. Die gleiche Variante nur ohne Obergeschoss veranschlagt die Stadt auf vier Millionen Euro. Die dritte Variante, in der die Kita-Fläche verkleinert wird, liegt bei etwa 3,8 Millionen Euro.

Gemeinderat nicht informiert

Für Jutta Metz ist der gestiegene Preis jedoch nur ein Alibi-Argument. „Wir wissen doch ganz genau, bei wie vielen Projekten die Stadt in die Gremien kommt und um eine Budgeterhöhung bittet“, sagt die Freie-Wähler-Rätin. Doch in diesem Fall sei der Gemeinderat erst gar nicht informiert worden. „Der ursprüngliche Beschluss wurde einfach nicht umgesetzt“, kritisiert sie. Bezahlbarer Wohnraum sei das große Thema im Moment, dazu käme die händeringende Suche nach qualifiziertem Betreuungspersonal. Beim Neubau des Elly-Heuss-Knapp-Kindergartens 2015 hat Leonberg das Modell Wohnen über der Kita bereits erfolgreich ausprobiert. Dieser hatte knapp drei Millionen Euro gekostet.

Der Anwohner Christof Dietrich sieht den Grund für den Meinungsumschwung der Stadt vor allem im Protest einiger Nachbarn begründet. Diese hatten in der öffentlichen Beteiligung zunehmenden Verkehr moniert, der durch die Kita entstünde. Außerdem fürchteten die Anwohner, ihre Autos nicht mehr auf dem Schotterparkplatz abstellen zu können, der eigentlich zu den Tennisplätzen gehört. Auch das zweigeschossige Gebäude empfanden sie als zu groß.

Treffen des OB mit Anwohnern

Obwohl die Eingaben keine Auswirkungen auf das Planungsrecht hatten, lud Oberbürgermeister Martin Kaufmann die Beschwerdeführer zu einem Vor-Ort-Termin ein. Auch dies wird in der Begründung angeführt. Eine Anfrage an die Stadt zu dem Thema blieb unbeantwortet.

Auch für Gitte Hutter von der Linken sind die genannten Punkte keine schlüssigen Argumente. „Fehlende Parkplätze können es nicht sein, es ist ja ein Schotterparkplatz vorhanden. Und zu viel Verkehr? Wer fährt denn freiwillig diese enge Straße“, fragt die Stadträtin. „Die Kita ist ein wichtiger Baustein für die Zukunft unserer Stadt und eine gesetzliche Aufgabe, der die Kommune nachkommen muss.“