Für mehrere Jahre stehen die Räume in der Pforzheimer Straße 18 leer. Am Dienstag eröffnet Carlos Sommerfeld dort seine neue Praxis.

Friolzheim - „Ich weiß es von Kollegen, dass viele lieber als angestellte Ärzte arbeiten wollen“, erzählt der Zahnarzt Carlos Sommerfeld. Die Risiken, die Verantwortung und auch der Papierkram einer eigenen Praxis fallen dabei weg. Nicht nur deshalb wird es im ländlichen Bereich immer schwieriger, Nachfolger für Arztpraxen zu finden. Für den 29-jährigen Pforzheimer war das keine Frage. Er hat sich den Wunsch einer eigenen Praxis in Friolzheim erfüllt. Am Freitag hatte er zu einem Tag der offenen Tür eingeladen, am Dienstag, 5. Oktober, startet der Betrieb offiziell.

 

Darüber dürften viele Friolzheimer genauso glücklich sein wie Sommerfeld selbst. Denn seit mehreren Jahren hat der Ort im Enzkreis keinen eigenen Zahnarzt mehr, die Praxis in der Pforzheimer Straße 18 wurde damals sehr kurzfristig aufgegeben. Seither standen die Räume leer.

Immer mehr Ärzte sind nur angestellt in Praxen

Den Namen Sommerfeld kennen manche vielleicht schon von einer anderen Praxis im Altkreis: In Weil der Stadt befindet sich die elterliche Praxis von Carlos Sommerfeld, in der er nach seinem zahnmedizinischen Studium seine Assistenzzeit absolviert hat und wo auch seine Frau als Kieferorthopädin arbeitet. Später arbeitete er für eineinhalb Jahre als angestellter Zahnarzt in Pforzheim. „Da habe ich aber bald gemerkt, dass das nichts für mich ist, dass ich gerne eine Führungsposition möchte“, erzählt der junge Mediziner. „Jedes Mal, wenn die Chefs mal nicht da waren, bin ich richtig aufgeblüht. Für mich kam deshalb nur die Selbstständigkeit infrage.“

So lange, bis er die Praxis seiner Eltern würde übernehmen können, wollte er aber nicht warten. „Meine Frau hat mich dann darauf aufmerksam gemacht, dass Friolzheim ein schwarzer Fleck auf der Karte ist.“

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Friolzheim war ihm auf Anhieb sympathisch, erzählt er. Aus einem ganz speziellen Grund: „Ich bin Hobby-Botaniker. Ich liebe Agaven und Cycas. Zuhause bekomme ich die nur mit Mühe und Not durch den Winter, hier überleben die im Freien. Da habe ich mich direkt verliebt“, erzählt er und lacht. Nach der Entscheidung und viele Anträge und Genehmigungen später folgten im Mai die großen Umbauarbeiten.

Denn der vorherige Eigentümer hatte die Praxis zwischenzeitlich in Büroräume umgewandelt. „Das war ein großes Stück Arbeit, wir mussten alles runterreißen und neu aufbauen. Währenddessen hatten wir zwei Wasserschäden, ständig gab es Lieferengpässe. Hier sind viel Blut, Schweiß und Tränen geflossen.“ Noch am letzten Tag vor der Eröffnung wurde hart gearbeitet, damit alles rechtzeitig fertig wird. Jetzt ist aber alles geschafft, und Carlos Sommerfeld blickt zufrieden nach vorn.

Viele möchten lieber in der Stadt bleiben

Dass er mit seinen Ambitionen eher die Ausnahme ist, weiß er. Denn nicht nur die Selbstständigkeit ist für viele junge Ärzte wenig attraktiv. Früher durften Ärzte nur eine begrenzte Zahl an Assistenzärzten beschäftigen, erklärt Sommerfeld, der Weg in die Selbstständigkeit und zu einer eigenen Praxis war daher lange Zeit ein Automatismus.

Zwischenzeitlich hat sich die Vorgabe geändert, umso schwerer sei es, Nachfolger für Praxen zu finden. Gerade im ländlichen Raum. „Viele möchten lieber in der Stadt bleiben, wo etwas los ist.“ Doch auch das war für ihn nie ein Thema. „Ich wollte gezielt in einen kleineren Ort“, sagt er. „Zahnärztliche Behandlung erfordert eine Bindung zum Patienten. Wenn er Schmerzen hat, darf einem das nicht egal sein, sonst ist man ein schlechter Zahnarzt.“

Vielleicht auch Kieferorthopädie möglich

In einem Ort mit 4000 Einwohnern sei es viel einfacher, eine Bindung zu den Menschen aufzubauen, als in einer Großstadt wie Pforzheim mit 30 Mal so vielen Einwohnern. Und wenn alles so läuft, wie geplant, bekommen die Friolzheimer vielleicht sogar noch mehr als „nur“ einen eigenen Zahnarzt. Für die Zeit nach ihrer Elternzeit – Carlos Sommerfeld und seine Frau erwarten ihr erstes Kind – überlegt Virag Sommerfeld, neben ihrer Arbeit in Weil der Stadt in Friolzheim eine kieferorthopädische Beratung anzubieten. „Vielleicht an einem Tag die Woche. Denn nach Weil der Stadt ist es für viele ein weiter Weg“, sagt sie. Gerade für junge Menschen, die am häufigsten dorthin müssen. Das sei aber erst mal eine Idee.