Die Macher des erst 2017 gegründeten Nachwuchs-Ensembles holen selbst international bekannte Musical-Stars nach Sindelfingen und arbeiten an drei Produktionen gleichzeitig. Ihnen fehlt im Grunde nur noch eines: Männer.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Sindelfingen - Zumindest Kenner des Genres wird der Name erstaunen: Die Musicaldarstellerin Pia Douwes wird in Sindelfingen zusammen mit Amateuren auf der Bühne stehen. Die Niederländerin war auch schon am Broadway zu hören und gilt als eine der erfolgreichsten Musical-Sängerinnen Europas. Damit ist sie zwar die prominenteste, aber längst nicht die einzige Profi-Darstellerin, die sich von der Jungen Bühne zu einem Engagement in Sindelfingen überreden ließ.

 

Selbst Musicalmuffeln dürfte der Name Lucy Scherer ein Begriff sein, jedenfalls, sofern sie regelmäßig den Fernseher einschalten. Die Sängerin und Schauspielerin ist immer wieder in deutschen TV- Serien zu sehen. Auch Maximilian Mann, Karim Khawatmi, Nico Müller und Udo Eickelmann dürften einem musikbegeisterten Publikum von anderen Bühnen als der in Sindelfingen bekannt sein. Sie alle werden am 29. Februar nächsten Jahres bei einer „This ist Musical“ getauften Gala auf treten, zusammen mit rund 50 Sängern der Jungen Bühne.

Die Stars haben auf einen guten Teil ihrer Gage verzichtet

Die Stars waren mühelos zu engagieren. „Sie waren alle begeistert von unserem Projekt“, sagt Maike Mayer. Sie leitet die neue Produktion der Jungen Bühne. Das Projekt ist, jungen Hobbysängern eine musikalische Heimat zu geben, und die Begeisterung drückt sich sogar in Barem aus. Die Stars haben deutlich geringere Gagen verlangt als ihren marktüblichen Preis. Dies erfreut den Sindelfinger Stadtkämmerer, denn die Stadt finanziert die Gala vor und trägt das finanzielle Risiko. Von den Einnahmen aus dem Kartenverkauf wird der Zuschuss wieder abgezogen. Mögliche Gewinne darf die Junge Bühne einstreichen.

„Allein könnten wir nicht kostendeckend sein“, sagt Meyer. Dies gilt nicht nur für die Gala – und obwohl das Ensemble sein letztes Stück „Next to Normal“ 14-mal vor ausverkauftem Haus spielte. Die Junge Bühne plagt dasselbe Problem wie ungezählte Theater bundesweit. Ihr fehlt schlicht ein Veranstaltungsort passender Größe. Die Ränge des Theaterkellers bieten 85 Zuschauern Platz. Bei diesem Fassungsvermögen „müssten wir 20-mal spielen, um die Kosten zu decken“, sagt Meyer, „das ist Amateuren nicht zumutbar.“ Knapp das Doppelte an Platz wäre das richtige Maß.

Zwei Produktionen befassen sich mit den sexuellen Nöten junger Erwachsener

Abgesehen vom Musical arbeitet die Junge Bühne an zwei weiteren Produktionen, für die im nächsten Jahr Premiere gefeiert werden soll. „Smalltown Boy“ ist ein Musik-Theaterstück von Falk Richter, das vor fünf Jahren am Gorki-Theater in Berlin uraufgeführt wurde. Den Titel hat Richter von der britischen Band Bronski Beat übernommen. Deren gleichnamiges Lied aus dem Jahr 1984 ist eine Schwulen-Hymne. Auch das Stück handelt von jungen Homosexuellen. Vor den Vorbehalten der Kleinstädter fliehen sie in die Metropole Berlin, um ihre Sexualität auszuleben. Wie das Sindelfinger Publikum diese Szenerie aufnimmt, bleibt abzuwarten. Doch schon bei „Next to Normal“, einem Stück um das Leben einer Familie mit einer psychisch kranken Mutter, hatten die Theatermacher grundlos Bedenken.

Das dritte Projekt, „Frühlings Erwachen“ widmet sich ebenfalls der Sexualität junger Erwachsener, allerdings in der Prüderie des Wilhelminischen Kaiserreich des 19. Jahrhunderts. Das Musical geht zurück auf ein Drama, das Frank Wedekind im Jahr 1891 schrieb. Es handelt von den Nöten pubertierender Jugendlicher.

Vor allem Männer sind im Ensemble willkommen

Nach ihrer raschen Entwicklung plagt die Junge Bühne im Grunde nur noch eine Not. „Wir haben Männermangel“, sagt Meyer, „jeder Mann ist herzlich willkommen“. Beinahe 90 Prozent des Ensembles ist weiblich. Eine passende Gelegenheit für gesangs- und schauspielbegeisterte Männer, sich der Gruppe anzuschließen, bietet der 4. Mai. An dem Tag will die Junge Bühne mit einem Workshop zusätzliche Mitglieder gewinnen. Selbstredend sind dabei auch weitere Frauen willkommen.