Eine Bebauungsplanänderung ermöglicht eine Nachverdichtung in Wimsheim – gegen den Einwand eines Anwohners.

Wimsheim - Die Wohnungsnot ist groß, auch im Westen der Region Stuttgart. Neubaugebiete gibt es zwar fast überall, doch in Wimsheim ebenso wie anderswo übersteigt die Nachfrage ein Vielfaches des vorhandenen Angebots. Deshalb steht innerörtliche Nachverdichtung weit oben auf der Liste der Möglichkeiten. Doch wenn von jeher freie Flächen bebaut werden, gefällt das nicht immer den Nachbarn, wie aktuell in einem Wimsheimer Wohngebiet.

 

Anbau beeinträchtigt die Aussicht

Weil ein Hausbesitzer auf seinem über 1000 Quadratmeter großen Grundstück – laut Bürgermeister Mario Weisbrich das größte im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nordstraße – sein bestehendes Gebäude mit dem Anbau eines Einfamilienhauses erweitern will, hat die Gemeinde 2019 ein Verfahren zur Änderung eben dieses Plans auf den Weg gebracht. Zwar gibt es auf dem Grundstück, das wie das ganze Wohnviertel an einem Südhang liegt, Platz genug, doch die seitherige Baugrenze hat das Vorhaben verhindert.

Das bestehende Gebäude wurde 1963 errichtet, der Bebauungsplan von 1969 legte das Baufenster – anders als bei den später ringsherum errichteten Häusern – entlang der damals schon bestehenden Bebauung fest. Mit der aktuellen Planänderung wurde nun die Voraussetzung dafür geschaffen, dass der Eigentümer seine Fläche besser ausnutzen kann, so die Begründung der Gemeinde.

Weil einer der Nachbarn mit dem Vorhaben nicht einverstanden ist, erhob er mit anwaltlicher Unterstützung Einwendungen. Es handele sich um eine „unzulässige Gefälligkeitsplanung“, heißt es in der Stellungnahme, weil lediglich ein Grundstückseigentümer von der Änderung profitiere.

Im bisherigen Plan sei die Bebauungsmöglichkeit durch entsprechende Baufenster und Festsetzungen stark eingeschränkt. Im Vertrauen darauf, dass dies auch für die Nachbargrundstücke gelte, habe man die Einschränkungen hingenommen und das Grundstück gekauft. Der geplante Anbau beeinträchtige den Ausblick vom benachbarten Grundstück, was mit einer Wertminderung der Immobilie einhergehe, heißt es weiter.

Konsequenz der Innenentwicklung

Angesichts der ablehnenden Stellungnahme des Nachbarn „schlagen bei mir zwei Herzen in meiner Brust“, sagte der Gemeinderat Stefan Döttling (Liste Bürgerinitiative) zu dem Für und Wider dieser Planänderung. Der Bürgermeister wies darauf hin, dass der Neubau nicht höher als der Altbestand werde und eine Beeinträchtigung der Aussicht der Nachbargebäude nicht gegeben sei.

In der Stellungnahme der Gemeinde wird zwar anerkannt, dass eine Bebauung von Nachbarn und Anwohnern „als Beeinträchtigung ihrer gewohnten Lebensqualität (Verlust von Grün, Beeinträchtigung der Aussicht, Heranrücken von Bebauung) empfunden werden“ könne. Jedoch sei diese „unweigerliche Konsequenz der Innenentwicklung zumutbar“ und der Bebauungsvorschlag könne aufgrund der „überschaubaren Vorhabengröße und der getroffenen Festsetzung als verträglich angesehen werden“.

Bezüglich einer generellen Bebauung gebe es kein „Recht auf freie Aussicht“. Es bestünde auch „kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass die Festsetzungen in der Umgebung auf ewig fortgelten“. Bauleitpläne könnten geändert werden, wenn, wie in diesem Fall, städtebauliche Gründe vorlägen. Der Gemeinderat verabschiedete die Änderung einstimmig.