Josef Weber ist gestorben. Mit ihm verliert Weil der Stadt ein wirkliches Urgestein mit zwei Leidenschaften: der Politik und der Fasnet.

Weil der Stadt - Wie muss sich ein Nachruf auf Josef Weber anhören? Am besten kurz, prägnant und humorvoll. So, wie er eben selbst war. In einen einzigen, pointierten Satz hat er alle seine Botschaften gekleidet, ein Satz, der saß, der immer traf. Mit welchem Satz aber würde er sein eigenes Leben beschreiben? Das muss offen bleiben. Josef Weber ist am Montag ganz plötzlich nach nur 62 Lebensjahren gestorben.

 

Ein kurzer Nachruf ist da kaum möglich, denn Weil der Stadt verliert mit ihm einen Mitmenschen, den jeder kannte, und noch wichtiger: Den jeder mochte und in guter Erinnerung hat. Die Stadtpolitik verliert mit ihm einen legendären Gemeinderat, den Fraktionschef der Sozialdemokraten. Vor einer Woche noch hat sich das Gremium im Weiler Klösterle getroffen, hat Verbesserungen für den Kindergarten Jahnstraße beraten und beschlossen. Mehr als eine Million Euro sollen helfen, die Raumsituation für Kinder und Erzieherinnen zu verbessern.

Was unter den Ratspolitikern niemand ahnen konnte: Josef Weber, der noch kräftig mitdebattierte, haben sie damit ein schönes Abschiedsgeschenk gemacht. Der Bereich Kinder, Jugend und Soziales war immer sein Ding, nicht nur aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen.

Einsatz für die Schwachen der Gesellschaft

Weber selbst war Sozialarbeiter, hat in der Obdachlosenhilfe in Esslingen gearbeitet. Und auch in seiner Heimat Weil der Stadt hat er sich dafür stark gemacht, dass die Schwachen der Gesellschaft nicht zu kurz kommen.

„Nur weil dort Menschen wohnen, die arm sind, heißt das nicht, dass das Gebäude armselig sein muss“, rief er zum Beispiel in der Gemeinderatssitzung im Oktober 2017, als es um ein neues Flüchtlingswohnheim ging. Es war wieder so ein Satz, der saß. Cornelia Schmalz war seine Stellvertreterin als SPD-Fraktionsvorsitzender. Auch sie wird das, was ihn ausmachte, schmerzlich vermissen. „Er war ein echter Pfundskerl, einer der mit einem Satz alles umrissen hat“, sagt sie. „Und der damit immer ins Schwarze getroffen hat.“

Der Verlust für den Gemeinderat sei groß, sagt auch Bürgermeister Thilo Schreiber. „Er war immer ruhig, überlegt, überlegend und ausgleichend“, erinnert er sich. „Vor allem mit seiner Portion Humor war er menschlich sehr wertvoll.“

Er brachte es auf den Punkt

Zwei Jahre später, im September 2019, verwarf die Stadt die Neubaupläne der Flüchtlingsunterkunft und entschied sich, vom Landkreis Container aufzukaufen. Die Debatte im Gemeinderat war kontrovers, den einen schien eine Million Euro für Container viel, den anderen ein Leben in Containern nicht lebenswert. Dann, wenn es schwierig wurde, schlug die Stunde von Josef Weber. Wenn er sich meldete, hieß es: Genau zuhören, denn es ist nur ein Satz. Ein Satz aber, der auch hier beide Positionen miteinander verband. Zu den Containern sagte Weber: „Die Leute, die hierher kommen, tun dies aus Not. Die Anlage ist nur eine Notunterkunft.“

Seit 1994 war Josef Weber Gemeinderat seiner Heimatstadt, im vergangenen Jahr bekam er die Auszeichnung für ein Vierteljahrhundert Kommunalpolitik. Hans-Josef Straub hat lange mit ihm zusammengearbeitet, als Bürgermeister, als Parteifreund und als Freund, wie er sagt: „Er war ein unheimlich sozial denkender Mensch“, erinnert er sich. Zum Beispiel wenn es um Gebührenerhöhungen ging – im finanziell klammen Weil der Stadt keine Seltenheit – sei er immer kritisch gewesen. Wenn es um Themen wie Kinderbetreuung gegangen sei, habe Weber immer Druck gemacht. Und dennoch: „Er war nie schlecht gelaunt“, sagt Straub mit einem Lächeln auf dem Lippen. Und dann fällt ihm noch eine Debatte ein. Um Geld zu sparen, schlug Straub vor, nachts die Straßenlaternen abzuschalten. Ein Kompromiss könnte sein, an der Fasnet die Lampen brennen zu lassen. „Also gerade an der Fasnet, wenn ich am Schmotzigen heimkomme, will ich nicht gesehen werden“, entgegnete ihm Josef Weber.

Ein echter Narr

Die Fasnet war, neben der Politik, seine zweite große Leidenschaft. In frühen Jahren war Weber Mitglied der Narrenkapelle, später eine Hexe, zwischendurch zehn Jahre lang Mitglied des Ausschusses. „Er hat es geliebt, die individuelle Fasnet zu leben“, sagt Michael Borger, der Vorsitzende der Narrenzunft AHA. Der Wortwitz, die Büttenreden, das Engagement – unvergessen bei den Weiler Fasnetern.

„Nach der jüngsten Gemeinderatssitzung ist er spontan zu mir gekommen und hat angekündigt, er will doch noch einen Wagen machen“, berichtet Borger. Der Wagenbau war zuletzt Josef Webers eigentliche Leidenschaft, vor allem mit seinen kreativen Ideen bereicherte er die Mädels und Jungs im Spital. Dieses Mal sollte es um Trump und Greta gehen, verrät Narrenchef Borger: „Einen Tag vor seinem Tod haben wir die Details festgezurrt.“ Für Borger heißt das im Umkehrschluss: „Bis zu seinem Tod hat er die Fasnet gelebt.“ Den Wagen zu Trump und Greta wird es nun nicht geben.

Szenenwechsel. Im Mai war Gemeinderatswahl, Weber führte seine SPD natürlich wieder in den Wahlkampf. Der Autor dieser Zeilen stand mit Josef Weber in Kontakt, um über die anstehende Podiumsdiskussion unserer Zeitung zu sprechen. In Weil der Stadt ist damals auch die AfD angetreten. Weber rang mit sich: Darf man sich mit Vertretern dieser Partei gemeinsam auf ein Podium stellen?

Hellwach war er, nahm an den gesellschaftlichen Debatten teil, litt darunter, dass rechte Kräfte – gerade in Weil der Stadt – an Aufwind gewinnen. Wie geht man damit um, wie bekämpft man sie? Das sind auch die Fragen, die jetzt seine Nachfolger beantworten müssen.

Ruhig, gelassen, humorvoll

Und dann litt Josef Weber, auch im Gespräch mit dem Autor dieser Zeilen, ganz persönlich darunter, dass er nach Schlaganfällen nicht mehr rhetorisch so versiert war. Würde er das Podium packen? Klar würde er, bekam er als Antwort – und er hat es auch. „Seit 30 Jahren gibt es keinen sozialen Wohnungsbau mehr in Weil der Stadt“, wetterte er laut auf dem Podium im Klösterle und kündigte an, genau dafür einzutreten. Im Häugern, dem großen Neubaugebiet, müssten den Investoren Quoten vorgegeben werden.

Cornelia Schmalz weiß all das, muss das Erbe nun fortführen. „Er war immer so ruhig und voller Gelassenheit“, sagt sie. Und erinnert sich dann an einen seiner Standardsätze, wenn es schwierig wurde: „Jetzt trinken wir erst mal ein Ächtele.“

Szenenwechsel. Seit fast vier Jahren ist der Autor dieser Zeilen nun der Chronist der allmonatlichen Weiler Gemeinderatssitzungen. Nach dem öffentlichen Teil muss er das Rathaus verlassen, mit ihm eilte immer Josef Weber nach unten, um die Pause für eine Zigarette zu nutzen. Ein kurzer Plausch folgte, „Machen Sie es gut“, rief Weber dem Chronisten hinterher. Das wird er jetzt nicht mehr tun. Deshalb: Machen Sie es jetzt gut, Sose Weber!