Mit Lapid von der moderaten Zukunftspartei ist nun seit mehr als 20 Jahren erstmals wieder ein Ministerpräsident im Amt, der nicht aus dem rechten Lager stammt. Das dürfte den Druck auf die rechtsorientierten Parteien erhöhen, eine Koalition einzugehen. Es ist aber unklar, ob sie mit "Bibi" - wie er in Israel auch genannt wird - tatsächlich zustande kommen könnte. Der 72-Jährige hatte mit Abstimmungsboykotts gezielt die Regierung geschwächt.
Opposition taktiert
Auch bei der Parlamentsauflösung sparte die Opposition unter seiner Führung nicht mit taktischen Manövern. Sie entzog populären Gesetzesvorhaben wie dem Bau eines neuen U-Bahn-Netzes die Unterstützung, weil sie ihren Wunsch-Wahltermin am 25. Oktober nicht durchsetzen konnte. Der Tag hätte womöglich mehr potenziell rechtsorientierte Wähler an die Urne gelockt, da Schüler jüdischer Religionsschulen zu diesem Zeitpunkt Ferien haben.
Netanjahu nannte die Koalition ein "gescheitertes Experiment". Seine Partei wolle Israel nun seinen Nationalstolz zurückgeben, sagte er vor der Abstimmung im Parlament. Die Auflösung war eigentlich bereits für Montag geplant gewesen. Langwierige Debatten zwischen Regierung und Opposition verzögerten die Abstimmung jedoch.
Bei einer Zeremonie zur Machtübergabe lobte Lapid den scheidenden Regierungschef Bennett und dessen Arbeit. Er sei ein ausgezeichneter Ministerpräsident, guter Mensch und Freund. "Wir werden unser Bestes geben für einen jüdischen, demokratischen Staat", versprach Lapid.
Nach einem Bericht des Israelischen Demokratie-Instituts ist Israel weltweit Spitzenreiter bei der Wahlhäufigkeit. Im Schnitt fand seit 1996 alle zweieinhalb Jahre eine Wahl statt. Auf Platz zwei und drei folgen Griechenland und Spanien.