Hubertus Schwinge zieht sich nach zwei Jahrzehnten an der Spitze der Ditzinger Jugendmusikschule zurück - dabei bleiben wird er dennoch.

Selbstverständlich wird es an diesem Mittwochabend auch emotional werden, wenn er sein Amt abgibt. Hubertus Schwinge redet nicht drumherum, das hat er in all den Jahren nicht gemacht. 20 Jahre hat er sich für die Ditzinger Jugendmusikschule stark gemacht, mehr noch für die Kinder und Jugendlichen, die durch sie vielleicht zum ersten Mal mit Musik in Kontakt kamen. Schwinge war zwei Jahrzehnte Vorsitzender des Trägervereins. Die Ditzinger Jugendmusikschule ist eine der wenigen, die sich theoretisch eine größtmögliche inhaltliche Unabhängigkeit von Verwaltung und Kommunalpolitik bewahrte– wenngleich sie für den jährlichen Zuschuss doch auf sie angewiesen ist. Doch der Gemeinderat genehmigte den Jahreszuschuss in nicht unerheblicher Höhe stets ohne Diskussion, verband seine Zustimmung vielmehr mit Lob und Wertschätzung für das Wirken im abgelaufenen Jahr.

 

Ein Komponist erfreut sich an der Musik

Schwinge hatte maßgeblich Anteil daran – auch, oder gerade weil er nicht die öffentliche Diskussion suchte. Er verschaffte sich auf andere Weise Gehör. Er wusste mit den Menschen zu kommunizieren, sie zu überzeugen und für neue Ideen zu gewinnen. Dass er seinen Lebensunterhalt in der Führungskräfteschulung und Organisationsverwaltung einer Versicherung verdient hatte, half ihm dabei. Genauso, wie er später bei den Bürgermentoren dabei war und die Bürgerstiftung initiierte. Auch da war wieder das Netzwerk von Menschen, die er kannte und innerhalb dessen er agierte und er seine Mitstreiter hatte, so wie das über zwei Jahrzehnte an der Spitze der Jugendmusikschule der Fall gewesen war.

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Schulleiter Manfred Frank hatte den Wettbewerb Jugend musiziert von seiner früheren Wirkungsstätte Markgröningen nach Ditzingen mitgebracht – das gefiel Schwinge, der viele Jahre selbst komponierte. Der 81-Jährige Freund hochwertiger Konzerte schätzt musikalische Leistung – ohne zu vernachlässigen, dass Musik fester Bestandteil abendländischer Kultur ist, die über Generationen weitergetragen wird. Musik in der Breite der Gesellschaft zu verankern, das wurde zu einer der Hauptaufgaben unter Schwinges Vereinsvorsitz. Die Anforderungen wandelten sich, die Einrichtung sollte nicht länger eine Schule nur für jene sein, die sich den Musikunterricht leisten konnten. „Breitenarbeit ohne gleichzeitig die Tiefenarbeit aufzugeben“, das sei das Ziel gewesen, sagt Schwinge.

Das erste Klassenstufenstreichorchester im Land

Dafür bedurfte es der Kooperation mit den Schulen, lautlos wurden die Gespräche geführt, am Ende war in Ditzingen das landesweit erste Klassenstufenstreichorchester entstanden. Natürlich brauche man dafür die Menschen, die ein Projekt mittragen, sagt Schwinge. Er sagt nicht, dass diese zunächst von der neuen Idee überzeugt werden müssen und er es war, der eins ums andere Mal überzeugte. So entstand auch die Bigband Double B an der Gemeinschaftsschule, die etliche öffentliche Auftritte hatte – und jene Lügen strafte, die Leistung nur mit Gymnasiasten in Verbindung gebracht hatten. Auch die Streicherklassen blieben durchgängig an der Heimerdinger Grundschule, wo das Projekt begonnen worden war. Mit Corona kam das Ende für das Klassenmusizieren. Ob und wie die Schulprojekte aufleben können, wird sich weisen. Zumal die Schulen angesichts der knapp bemessenen Zuweisungen keine Lehrer mehr dafür zur Verfügung stellen können, wie Schwinge beobachtet. Er bewertet das nicht, er konstatiert es und verbindet es mit einer Aufgabe an seinen Nachfolger, dem früheren Ditzinger Kulturamtschef Thomas Wolf. Lesen Sie aus unserem Angebot: Pandemie macht neue Angebote notwendig

Am Ende zurück an den Anfang

Die Jugendmusikschule werde andere Wege finden müssen, weiterhin in der Schule präsent zu sein, möglicherweise noch mehr auf Popmusik setzen, als bisher. Genauso werde sie neue Wege finden müssen für einen Trägerverein, der – wie jeder Verein – Ämter besetzen muss. Auch dann, wenn sich die Amtsträger immer kürzer daran binden wollen. Schwinge selbst wird wohl künftig den Schriftführerposten inne haben, Neu ist die Tätigkeit für ihn nicht: ehe er den Vorsitz übernahm, hatte er zwei Jahre lang just diesen Vorstandsposten innegehabt.