Das regnerische Wetter ist nicht gerade fördernd für die Stimmung auf der Musiknacht in der Altstadt gewesen. Doch echte Musikliebhaber hat es nicht abschrecken können.

Aprilwetter im Mai, Regenschauer und vom Winde gejagte Wolkenfetzen am nächtlichen Himmel – was besser zu einer Gruselnacht gepasst hätte kann dennoch nicht die echten Musikliebhaber aus der Umgebung abhalten. Denn für die Leonberger Musiknacht haben in der Altstadt viele Lokale wieder ihre Pforten geöffnet und sogar Gäste aus dem weiteren Umland angelockt.

 

Timo Dabic aus Kornwestheim und seine Freundin Lilijana, die in Zuffenhausen wohnt, wollen die letzte S-Bahn nehmen. „Man möchte etwas trinken und bei diesem Wetter am besten Glühwein“, lachen die beiden vor dem irischen Pub Murphy’s Law, während sie sich an ihrem Guinness und ihren Zigaretten festhalten. Das hochprozentige Bier wärmt ganz sicher auch.

Musik liegt nicht in der Luft, sondern powert unter den Pflastersteinen der Altstadt. Wo früher Wein oder Sauerkraut in Fässern gelagert wurde, soll heute Nacht der Bär steppen. Den Nachtschwärmern wird von den neun Locations ein abwechslungsreiches Programm für jedes Alter und jeden Geschmack geboten, von Ü 18 bis Ü 40. Feiern, Tanzen, oder einfach gepflegt einen Wein in musikalischer Umrahmung trinken. Die teilnehmenden Gastwirte achten darauf, dass eine gewisse Bandbreite der Stilrichtungen eingehalten wird, damit keine Langeweile aufkommt.

Nicht sehr viele Menschen sind anfangs in der Altstadt unterwegs, auch später flanieren kaum mehr als an einem normalen Samstagabend. Trotzdem ist zu beobachten, dass in jedem Lokal eher das Stammpublikum eintrifft. Selten bleibt ein neuer Gast, der ganz andere Musik bevorzugt, in einer Kneipe hängen, die eine völlig andere Richtung spielt. Joe Hasenmüller, Ende Fünfzig aus Heimsheim, der auf bodenständigen Rock der 70er steht, erzählt vor dem Kleinfelder Keller: „Den Keller finde ich toll. Es heißt, man kann ihn mieten und ich denke, ich mache das zu meinem 60. im nächsten Jahr. Aber die Musik ist einfach nicht meine, obwohl ich sie von der Qualität her schon gut finde.“

Dies ist letztlich der Grund, warum das große Partygefühl zu diesem Event ausbleibt. Das Wetter spielt eine entscheidende Rolle, aber auch das „Heimatgefühl“ der Gäste, die es zu ihren Stammlokalen zieht mit der Gewissheit, dort die Musik zu hören, die sie auch sonst hören möchten. Kein Indoor-Woodstock in Leonberg.

Nebenan in der Weinbar hat sich gediegenes Publikum eingefunden, die Fünfzigeuroscheine fliegen über den Tresen, um mal schnell eine Flasche für die Viererrunde zu erstehen. „Die Tropfen hier sind alle köstlich“, flüstert ein Fan des Sommeliers Arda mit schelmischem Lächeln und freut sich auf sein Glas. Der Chef nimmt sich Zeit und erklärt gerne und ausführlich, was er da eigentlich ausschenkt. Unten, im Gewölbe, bewegt ein Gitarrenduo mit einfühlsamen Akustiktönen aus den 70er bis 90er Jahren die Herzen der mitwippenden Nachtschwärmer.

Ganz anders im gläsernen Ärztehaus, aus dem Irish Folk und viel Gelächter dringen, satter Partyrock und die wummernden Bässe klassischer handgemachter Rockmusik. Entsprechend jünger ist hier das Publikum, das sich nur lauthals verständigen kann

Gemischte Disco-Musik, die nicht nur Donna Summer beinhaltet, sondern auch schon mal Joe Jackson, bietet Tim Nonnast den Besuchern seiner „Alten Amtei“. Hier sitzen unterschiedliche Altersklassen in entspannter Atmosphäre zusammen.

Wer Ärger macht, fliegt raus, hat sich Nonnast auf die Fahnen geschrieben und das gilt besonders für das „starke“ Geschlecht. „Das ist insgesamt ein Problem in der Altstadt“, weiß der Pächter des großen Gewölbes mit 70er Jahre Flair aus Erfahrung. „Nach 2 Uhr morgens nimmt der Vandalismus zu und die Stadt unternimmt leider nichts“. Dennoch begrüßen er und die übrigen acht Wirte solche Aktionen und stehen uneingeschränkt dahinter. Für die Leonberger Nachtaktiven ein Grund zur Freude auf das nächste Jahr.