Während auf anderen Weihnachtsmärkten Pfandbecher aus Keramik und Glas längst üblich sind, werden in Leonberg die Getränke aus Kunststoff ausgeschenkt.

Leonberg - In Weil der Stadt ist die Sache klar geregelt: Für den Weihnachtsmarkt besitzt die Stadt rund 4500 Glühweinbecher, die die einzelnen Stände ausleihen können. Die Reinigung erfolgt an zwei Spülmobilen, die der Bauhof angeschafft hat . Flüchtlinge und ehrenamtliche Betreuer vom örtlichen Arbeitskreis Asyl sammeln die schmutzigen Becher ein, spülen sie und verteilen sie wieder an die Stände. Auch in Bietigheim, Esslingen oder Göppingen wird der Glühwein in Glas- oder Keramikgefäßen ausgeschenkt. Papp- oder Plastikbecher sind dort nicht statthaft.

 

Nicht so in Leonberg. Beim Nikolausmarkt am ersten Adventswochenende wurden die Getränke einmal mehr in Papp- oder Plastikbechern gereicht. Entsprechend groß war der Unrat. Die Stehtische an vielen Ständen waren übersät mit leeren Bechern. Die Mülleiner quollen über.

Für mehrere Leser, die sich in unserer Redaktion gemeldet haben, ein untragbarer Zustand. Gerade in einer Zeit, in der die Vermüllung der Meere durch Plastik ein großes Thema ist.

Wäre ein Pfandbechersystem die Lösung?

Doch ein Pfandbechersystem wie im nahen Weil der Stadt gibt es in der Großen Kreisstadt nicht. Das war nicht immer so. 15 Jahre, von 1994 bis 2009, stand während des Nikolausmarktes auf dem Marktplatz ein Spülmobil, in dem die Becher vor Ort gereinigt und direkt wieder eingesetzt werden konnten. Die Pfandgläser hatten sogar Leonberg-Motive.

Doch das Prinzip erschien damals zu aufwendig. Vor neun Jahren endete die Pfand-Ära auf dem Marktplatz. Seither managt jeder Standbetreiber die Gefäßfrage in Eigenregie. Und da läuft es meistens auf Pappbecher hinaus. Die CDU hatte vor zwei Jahren an ihrem Stand zwar Keramikbecher bereitgehalten. Aber ohne ein einheitliches Pfandsystem, so lautete die Erkenntnis der Christdemokraten damals, fehlt einfach die Akzeptanz. Die Partei hat jetzt einen neuen Anlauf gestartet. Der stellvertretende Leonberger CDU-Chef Marcel Stürz fordert, dass die Stadt ein Konzept für die Einführung eines Mehrwegsystems erstellt. Sein Parteifreund, der Stadtrat Willi Wendel, regt an, die alten Leonberg-Tassen wieder aufleben zu lassen.

Oberbürgermeister Martin Kaufmann (SPD) äußert sich auf Anfrage unserer Zeitung eher zurückhaltend: „Wir werden prüfen, ob und inwieweit eine Umsetzung möglich ist und diese im Gemeinderat zur Diskussion stellen.“

Kommentar: Der Leo-Becher

„In der heutigen Zeit ist es kaum vorstellbar: Landauf, landab wird dem Plastikmüll der Kampf angesagt. Und ausgerechnet auf einem sehr belebten Weihnachtsmarkt wird der Glühwein in Pappbechern ausgeschenkt. Warum das so ist, kann im Rathaus keiner so genau sagen.

Das Pfandsystem, das es einmal gab, ist aus grauer Vorzeit, genau wie die werbewirksamen Leonberg-Tassen. Individuelle Motivbecher sind sonst das Aushängeschild eines jeden Weihnachtsmarktes und bei den Gästen ein beliebtes Souvenir, das durch den Pfand gleich mitbezahlt ist.

Um aber ein Pfandmodell einzuführen, das an allen Ständen gleichermaßen gilt, braucht es drei Dinge: Erstens einen gemeinsamen Becher, zweitens eine mobile Spülmaschine. Drittens müssen die Standbetreiber mitmachen. Dafür muss man mit ihnen reden. Am besten jetzt und nicht erst Mitte November des kommenden Jahres.“ (von Thomas K. Slotwinski)