In Gerlingen reagiert ein Bündnis für Zusammenhalt gegen Corona auf die „Montagsspaziergänge“. In Leonberg gibt es Überlegungen für eine ähnliche Initiative.

Gerlingen/Leonberg. - Es ist kurz vor 17.30 Uhr, als die ersten Teilnehmer aus allen Himmelsrichtungen auf den Rathausplatz in Gerlingen strömen. Dennis Uhl und seine Mitstreiter vom losen Bündnis „Zusammenhalt gegen Corona“ sind noch dabei, Stühle aufzustellen, ein Stoffbanner aufzuhängen und das Lautsprechersystem aufzubauen.

 

Ein kalter Wind bläst über den Platz. Nach 15 Minuten haben sich schon mehr als 50 Leute zu der genehmigten Demonstration versammelt. Und der Widerstand gegen die „Spaziergänger“ wächst in Gerlingen weiter.

Für Solidarität einstehen

Schon zum zweiten Mal hat die Initiative zu der Zusammenkunft auf dem Rathausplatz aufgerufen. Stadtrat Lukas Kuntz hatte die Idee, den „Montagsspaziergängen“ etwas entgegenzusetzen. Trotz des ungemütlichen Wetters sind noch mehr Menschen als zu der Auftaktaktion gekommen. Viele haben unter ihren Schirmen Schutz vor dem Regen gesucht und verteilen sich nun über den Platz. Die Gruppe der Teilnehmer ist bunt gemischt: Familien mit Kindern, Paare mit Hund, Senioren, Teenager, Vertreter der städtischen Politik und andere Gerlinger Einwohner haben sich eingefunden.

Mit der Initiative „Zusammenhalt gegen Corona“ wollen die Menschen Präsenz im öffentlichen Raum zeigen und für Solidarität einstehen – als Gegenbewegung gegen die „Spaziergänge“. Aber, das betont Mitorganisator Dennis Uhl, es soll dabei nicht um Konfrontation oder ein Gegeneinander gehen.

Keine Diskussion über Schwurbelei

„Uns ist an einem Austausch gelegen. Man muss nach der Pandemie in der Gesellschaft schließlich wieder zusammenkommen“, sagt er. Auch Karin Hauff und Ulrike Stegmaier, Vertreterinnen der Gerlinger Grünen, stehen hinter dieser Idee. Hauff wirbt dafür, wissenschaftliche Erkenntnisse anzuerkennen. „Es ergibt keinen Sinn, über Schwurbelei zu diskutieren“, sagt sie. Über alternative Lösungen zu den aktuell geltenden Coronamaßnahmen könne man aber reden. „Wir werden zuhören“, verspricht sie. Stegmaier spricht sich ebenfalls für einen konstruktiven Austausch aus.

Ausdrücklich erwünscht sind an diesem Abend daher auch kritische Wortmeldungen. Und so traut sich eine Frau ans Mikrofon, die zuvor auch schon bei den „Spaziergängern“ mitgelaufen ist. Sie finde es nicht richtig, dass in vielen Kliniken nur geimpfte und genesene Besucher erlaubt sind und die Coronamaßnahmen dafür sorgen, dass nicht alle Familienmitglieder ihre sterbenden Angehörigen im Hospiz verabschieden können, sagt sie. Eine Siebtklässlerin bemängelt fehlende Luftfilter in ihrer Schule und wünscht sich, dass die Präsenzpflicht ausgesetzt wird.

Immer montags um 17.30 Uhr

Noch wirkt vieles an diesem Abend ein wenig improvisiert. Das soll sich aber schon bald ändern. „Wir werden immer mehr“, sagt Mitorganisator Dennis Uhl. Ihn und Lukas Kuntz haben etliche Rückmeldungen erreicht, dass die Initiative weitermachen soll.

„Deshalb wollen wir uns noch besser organisieren“, erklärt Uhl. Für jeden Montag, immer ab 17.30 Uhr, lädt die Initiative zu der Versammlung auf dem Rathausplatz ein. Gastredner sind dabei willkommen. So werden beim nächsten Termin am 7. Februar vielleicht Ärzte zu Wort kommen. Außerdem hat eine Abordnung aus Leonberg ihr Kommen in Aussicht gestellt.

Signal aus der Bürgerschaft

In Leonberg selbst gehört der Marktplatz montagabends bisher vor allem den „Spaziergängern“, die sich hier treffen, um schweigend durch die Innenstadt und vors Rathaus zu ziehen. Eine Art Gegenbewegung gibt es noch nicht.

Allerdings diskutieren die Gemeinderatsfraktionen über Möglichkeiten einer Entgegnung. Und auch einige engagierte Bürger aus der Stadtgesellschaft denken darüber nach, inwieweit ein starkes Signal für einen regelkonformen gesellschaftlichen Diskurs gesetzt werden kann.