Nach der Gemeinde Mönsheim reicht jetzt auch Annette Schade-Michl eine Klage gegen den Ausbau der Kreisstraße zur Porsche-Südanbindung ein.

Mönsheim - Ortstermin im Grünen an einem Werktag um 10 Uhr. Es ist ruhig inmitten der Wiesen, Felder und Hecken zwischen Weissach und Mönsheim. Das Naturschutzgebiet Kalkofen liegt in Sichtweite. Nur ab und zu fährt ein Auto vorbei. Annette Schade-Michl und Joseph Michl sind zu einem ihrer Grundstücke an der Kreisstraße K 4569 gekommen. Sie wollen an Ort und Stelle erklären, warum sie gegen den geplanten Ausbau der Straße sind und die vom Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe im Frühjahr beschlossene Planfeststellung anfechten. Dazu haben sie jetzt Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingereicht.

 

„Hier soll eine Straße groß ausgebaut werden, deren Hauptzweck es ist, den Porsche-Werksverkehr aufzunehmen“, sagt Annette Schade-Michl. Dafür möchte sie ihre Grundstücke im Gewann Steinsberg, die direkt an diese Straße angrenzen, nicht hergeben.

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Die Straße zwischen Mönsheim und Flacht – im Enzkreis die K 4569, im Kreis Böblingen die K 1017 – ist in einem schlechten Zustand und soll auf einer Länge von zwei Kilometern bis zur Anbindung an das Porsche-Entwicklungszentrum auf Weissacher Gemarkung erneuert und verbreitert werden. Geschätzte Kosten bislang: 4,5 Millionen Euro. Geplant sind zusätzlich der Ausbau des Knotenpunktes mit der Landesstraße L 1134 sowie ein Radweg.

Behörde: Private Ziele müssen zurückstehen

Das RP Karlsruhe und der Enzkreis haben das Projekt nach dem üblichen Verfahren mit Beteiligung von Bürgern und Trägern öffentlicher Belange abgeschlossen. Sie haben die Umweltverträglichkeit geprüft und Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff in die Natur erarbeitet. Am Schluss lautete das Ergebnis, „dass durch das Vorhaben weder öffentliche noch private Belange in einer Weise beeinträchtigt werden“, wie es in der Zusammenfassung der Behörde heißt. Und weiter: „Bei der Gesamtbetrachtung kommt den mit dem Bauvorhaben verfolgten Zielen gegenüber den entgegenstehenden übrigen öffentlichen und privaten Belangen das größere Gewicht zu.“

Für die Entwicklung von Porsche, dem Gelände in südlicher Richtung samt dem Bau eines Parkhauses und der Anbindung an das Straßennetz, hat die Gemeinde Weissach mit einem Bebauungsplan Fakten geschaffen, die Bauarbeiten laufen längst. Bis jetzt nimmt die vor Jahren ausgebaute Landesstraße L 1177 den Porsche-Werksverkehr weitgehend auf.

Diese Straße mündet ebenfalls kurz vor Mönsheim in die viel befahrene Landesstraße L 1138. Auf das Argument, die L 1177 sei ausreichend, um den Porsche-Werksverkehr aufzunehmen, sagte das RP im Planfeststellungsbeschluss mit Blick auf den Weissacher Bebauungsplan: „Zur Zeit des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses ist der Bebauungsplan bereits teilweise umgesetzt. Allein faktisch wird der Mehrverkehr bereits gezielt auf die K 4569 gelenkt. Die Abwicklung allein über die L 1177 ist deshalb allein schon nicht möglich.“

Annette Schade-Michl, der zahlreiche kleinere Grundstücke auf der Gemarkung Mönsheim gehören, hat zusammen mit ihrem Mann eine umfangreiche Klagebegründung mit vielen Punkten und Argumenten erarbeitet, mit denen sie darlegen wollen, dass der Straßenausbau in seiner Dimension unangemessen ist sowie ein starker Eingriff in Natur und Umwelt und in ihr Eigentum darstellt. „Für den Ausbau der Kreisstraße soll in Naturschutzgebiete eingegriffen werden, nur damit man 100 Stundenkilometer fahren darf anstatt 70“, empört sie sich.

Das versteht die Ruheständlerin nicht, die drei Jahrzehnte beim Landesnaturschutzverband gearbeitet hat. Bei einem kleineren Ausbau mit geringerer Geschwindigkeit müsste kein zusätzlicher Landwirtschaftsweg gebaut werden, der den Haupteingriff in ihre Flächen darstelle. Auch im Planfeststellungsbeschluss des RP wird der Eingriff in die Heckengäu-Landschaft thematisiert. So heißt es etwa an einer Stelle, dass teilweise naturschutzfachlich hochwertige Flächen beansprucht würden, die zudem einem zusätzlichen Schutz unterliegen. „Hiervon betroffen sind besonders geschützte Biotope, zum Beispiel Feldhecken sowie magere Flachland-Mähwiese. Dauerhaft werden auch Habitatflächen für Vögel, Fledermäuse und Falter durch die Straßenbaumaßnahme beansprucht.“

Sie wollen eine schmalere Straße

Was wollen sie mit ihrer Klage konkret erreichen? Laut Planfeststellungsbeschluss soll die K 4569 von derzeit fünf Meter Fahrbahnbreite über weite Strecken auf sieben Meter, plus Bankett und Böschung auf insgesamt elf Meter ausgebaut werden. An einigen Stellen weicht die Behörde davon wegen Eingriffen in die Natur nach unten ab. Mit der Klage will das Ehepaar erreichen, dass die ganze Straße eine Kategorie kleiner auf höchstens neun Meter ausgebaut wird.

„Denn dann hätten wir kein Klagerecht mehr“, sagt Annette Schade-Michl, weil nicht mehr in ihre beiden betroffenen Grundstücke eingegriffen werden müsste. Dies aber lehnt das RP ab. Es argumentiert mit der prognostizierten Verkehrsmenge, wenn die Porsche-Südausfahrt an die Straße angeschlossen ist sowie mit der Verkehrssicherheit, die auf der kurvigen und unübersichtlichen Strecke gewährleistet werden müsste.

„Mir ist es wichtig, deutlich zu machen, dass wir nicht die Händelsucher sind,“, betont die 63-jährige Agraringenieurin. So habe sie beispielsweise gerne für den Radweg zur Mönsheimer Appenberg-Sporthalle ihre dortigen Grundstücke getauscht. Joseph Michl, ebenfalls Agraringenieur, zeigt mit einer weiten Bewegung in die Landschaft: „Wir sind hier in der Kernzone des Heckengäus, das eine hohe Schutzwertigkeit hat“, sagt der 64-Jährige. Dem Stuttgarter Ehepaar ist die Umwelt sehr wichtig. Sie betreiben eine Nebenerwerbslandwirtschaft und pflegen ehrenamtlich Biotope. Joseph Michl ist seit Jahren in einer Bürgerinitiative aktiv, die sich gegen den Bau der Nord-Ost-Umfahrung von Stuttgart wendet.

Die Michls sind nicht die einzigen, die sich per Gericht gegen den Planfeststellungsbeschluss wenden. Die Gemeinde Mönsheim hat ebenfalls eine Anfechtungsklage eingereicht. An der Begründung wird gerade gearbeitet.

Porsche baut aktuell die Südpforte mit einem Parkhaus und 1500 Stellplätzen. Die Fertigstellung ist für Sommer 2021 geplant. Ein Drittel der Beschäftigten soll dann dort zum Porsche-Werk kommen und muss sich nicht mehr durch Flacht und Weissach quälen. Dementsprechend irritiert sind die Weissacher Politiker über die Klage-Pläne. Porsche selbst will sich zu den Auseinandersetzungen nicht öffentlich äußern. „Wir befinden uns aber mit allen Beteiligten im ständigen und engen Austausch“, sagt eine Sprecherin.