Ditzingen will den Raum für Auto-, E-Scooter- und Fahrradfahrer in der Innenstadt neu ordnen. Die Verwaltung hat ein Maßnahmenpaket vorgelegt, mit dem sie unter anderem Initiativen und Forderungen aus dem Gemeinderat aufgreift.

Der Autoverkehr ist nicht nur in Ditzingen immer wieder ein Thema, die Kommunen ächzen unter dem zunehmenden Individualverkehr in den oftmals kleinen, engen Straßen. Zumal die Gemeinderäte vielfach bestrebt sind, zugleich die Lebensqualität in den Innenstädten zu erhöhen: Fußgänger sollen mehr Platz bekommen, die Flächen begrünt werden.

 

In Ditzingen wird vor diesem Hintergrund seit vielen Jahren zudem über die Verkehrsführung in der Innenstadt diskutiert. Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat sich am Dienstag mit einem großen Maßnahmenpaket befasst. Die Stadträte begrüßten die von der Verwaltung vorgestellten Ideen, mit denen teils auch frühere Überlegungen der Kommunalpolitiker aufgegriffen werden. Eine Zustimmung im Gemeinderat nächste Woche gilt daher als sicher.

   

Umfassende Untersuchung geplant Die Stadt Ditzingen will mittelfristige und langfristige Ziele für die Kernstadt definieren. Die mittelfristigen Ziele sollen binnen zwei bis fünf Jahren umgesetzt werden, die langfristigen in mehr als fünf Jahren. Folgt der Gemeinderat den Empfehlungen seines Fachausschusses, wird eine Voruntersuchung beauftragt. Langfristiges Ziel: Der Verkehr im Knotenpunkt Auten-/Höfinger/Markt-/Hirschlander Straße soll verringert werden, um die Sicherheit zu erhöhen. Um den Durchgangsverkehr in der Marktstraße zu mindern, sollen die Möglichkeiten gegenübergestellt werden. Um den Radverkehr zu stärken, lautet ein weiteres langfristiges Ziel: Der Radverkehr auf den Hauptrouten der Ost-West-Achse bekommt Vorfahrt. Zudem soll die Linie des Stadtbusses 624 optimiert werden.

Mittelfristig soll der Parksuchverkehr verringert werden, dafür soll es aktuelle Anzeigen geben. Und der nördliche Gehweg in der Höfinger Straße soll ausgebaut werden. „Durch die Maßnahmen können wir dem Ziel näher kommen“, sagte der Fraktionschef der Freien Wähler im Gemeinderat, Manfred Grossmann. Dass über allem die Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stünde, verstehe sich von selbst, sagte er an Ulrich Steller gewandt.

Kritik am Landkreis

Der Grünen-Rat hatte von einem „großen Wurf“ gesprochen, gleichwohl kritisiert, dass die Entlastung vom motorisierten Individualverkehr, damit einhergehend die Förderung des ÖPNV, nicht ausdrücklich in der Verwaltungsvorlage als Ziel thematisiert worden sei. Überspitzt formuliert, so Steller, seien die dargestellten Ziele „Symptomkuriererei“. Wichtiger, als die Symptome zu kurieren, sei es aber, die Ursache anzugehen. Dem widersprachen weder Grossmann noch Bürgermeister Ulrich Bahmer (CDU).

Was den Öffentlichen Personennahverkehr betrifft, so wurde der Landkreis kritisiert, welcher den überörtlichen Busverkehr verantwortet. Dieser sei nur zögerlich auf die Anregungen der Kommune eingegangen. Heimerdingens Ortsvorsteher Bernhard Arzt (Freie Wähler) berichtete von einem Problem, das weiterhin bestehe: Der morgendliche WEG-Bus fahre später, so dass die Arbeiter die S-Bahn in Ditzingen um 5.24 Uhr nicht mehr erreichen. Mit dem nächsten Zug kommen sie aber zu spät zum Schichtbeginn. Die Folge: „Alle fahren wieder mit dem Auto.“

     

Anschluss an Tempo-30-Initiative Die Fraktion der Grünen hatte im April angeregt, die Stadt solle der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeit“ beitreten. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt laut der Straßenverkehrsordnung 50 Stundenkilometer. Ausnahmen sind möglich, wenn es etwa das Regierungspräsidium bei der Lärmaktionsplanung für geboten hält. Das jedoch hat zur Folge, dass innerhalb eines vergleichsweise kleinen Gebiets ein Flickenteppich von unterschiedlichen Geschwindigkeitsvorgaben gilt. Doris Renninger (Grüne) begründete im Namen ihrer Fraktion unter anderem damit den Antrag. Die Initiative will erreichen, dass Tempo 30 dort angeordnet werden kann, wo es die Kommunen für sinnvoll erachten. Beispiele gibt es etliche, wie am Abend deutlich wurde. Ditzingen will so den Flickenteppich beseitigen. 

     

Jugendgemeinderat achtet auf faire Bezahlung der Mitarbeiter

Fahrrad und E-Scooter Neben einem einseitigen Geh- und Radweg mit einer Mindestbreite von zweieinhalb Metern zwischen Weilimdorfer und Siemensstraße stehen Querungshilfen und die Verbesserung von Radwegen auf der Agenda. Neu in der Stadt hinzu kommen zudem E-Scooter. Sie seien „Teil der neuen Mobilität. Wir wollen es so regeln, dass wir es kontrollieren können bei aller kritischen Betrachtung“, sagte Bürgermeister Ulrich Bahmer. Der Jugendgemeinderat hatte angeregt, bei der Beauftragung eines Anbieters auf faire und rechtlich korrekte Beschäftigung der Mitarbeiter zu achten.

Eine Idee findet immer mehr Unterstützer

Die Initiative
 Die Städteinitiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten – eine neue kommunale Initiative für stadtverträglicheren Verkehr“ wurde von der Agora Verkehrswende mit Beteiligung des Deutschen Städtetages vergangenes Jahr initiiert. Die Agora Verkehrswende ist eine Initiative der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation. Der Thinktank hat sich zum Ziel gesetzt, mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft die Basis für die Verkehrswende in Deutschland zu schaffen. Das bedeutet, dass der Verkehr in Deutschland bis 2045 CO2-neutral sein soll.

Vorreiter in der Region
 Leonberg hatte sich als eine der ersten in der Umgebung Städten wie Frankfurt, Hannover, Stuttgart angeschlossen. Inzwischen gehören dem Bündnis mehr als hundert Kommunen an.