Beim Mittagstisch für alle werden die frisch gekochten Essen den Besuchern verpackt ausgehändigt.

Leonberg - Mit der Maske habe ich Sie fast nicht erkannt!“ In den Stimmen der beiden Seniorinnen klingt die Freude mit, dass sie sich über den Weg gelaufen sind. Ihr Lächeln verdeckt die Maske, und wenn sie es auch liebend gern getan hätten, zum Plausch halten sie sich nicht auf – es ist Corona-Zeit.

 

Und so ist die Begegnung vor der evangelisch-methodistischen Paulus-Kirche in der Leonberger Robert-Koch-Straße zumindest ein kleiner Augenblick der Freude gewesen. Die beiden Seniorinnen haben zu den rund zwei Dutzend Besuchern gehört, die beim ersten Mittagstisch für alle in diesem Jahr vorbeigeschaut haben.

Keine angeregten Gespräche

Der ist nur ein Schatten seiner selbst. Das Summen der angeregten Gespräche, die heitere Stimmung an den Tischen, das Lachen auf den Gesichtern der Helferinnen und Helfer, die guten Worte der Pastoren – all das fehlt. „Es ist auch so in Ordnung, und allen ist es hoch anzurechnen, dass sie sich nicht haben unterkriegen lassen“, sagt ein Mittvierziger, der schon seit Jahren hier gelegentlich vorbeischaut.

Die evangelisch-methodistische Pastorin Anna Marinova und der katholische Pastoralreferent Jürgen Oettel, die die Vorbeischauenden begrüßen, hören das gern. Wenn auch die Grundidee dieses Mittagstisches ist, unterschiedlichste Menschen an einen Tisch zu bringen, dieses Jahr auf der Strecke bleibt, wollten die Ehrenamtlichen aber nicht nichts tun. Immer noch gibt es viele Menschen, die jeden Cent dreimal umdrehen müssen und die das Angebot dankend annehmen.

„Wir wohnen im betreuten Wohnen in der Nähe und kochen uns eigentlich immer selbst, doch es ist auch mal schön unter die Menschen zu kommen. Doch meine Nachbarin wollte heute nicht mit, wenn wir nicht beisammen sitzen und schwätzen“, erzählt eine Seniorin.

Die Essen gibt es kostenlos

Etwa 40 Essen, die kostenlos abgegeben werden, haben Annette Hellmann-Liebert und Sören Widmaier in der Küche des Gemeindesaals zubereitet. Springerin Tanja Essig hat sie frisch verpackt und stellt sie für Fritz Reichenäcker und Eberhard Schaefer bereit, die sie den Besuchern aushändigen.

Auch Rudolf Wagner macht sich zügig auf den Heimweg. Er hat als erster das Päckchen mit den leckeren Maultaschen mit Kartoffelsalat, dem gespendeten Kuchen, den Clementinen und den Zutaten für einen Kaffee ausgehändigt bekommen. Er ist beim Mittagstisch bekannt wie ein bunter Hund, denn er hat die Damen jedes Mal mit seinen Schmuckkreationen überrascht – die fertigt er aus recycelten Resten von Modeschmuck an. „Wir haben über Gott und die Welt geredet, die Verwandtschaft, über das Altwerden und das Kranksein, den Verlust der Partner – über das Leben eben“, sagt er im Rückblick.

Da schaut ein 22-Jähriger aus der Nachbarschaft vorbei. „Ein frisch gekochtes Mittagessen, es sei denn man bereitet es selbst zu, ist ja fast ein Luxus“, sagt er. Und er weiß, wovon er spricht, denn er macht die Ausbildung in einem Beruf, der gerade nicht die günstigste Konjunktur erwischt hat – er will Koch werden. Doch der junge Mann ist voller Optimismus wie auch das Team des Mittagstisches für alle. Am heutigen Mittwoch von 12 bis 12.45 Uhr lädt es wieder zur Pauluskirche ein.