Skandinavier machen Zugeständnisse
Finnland und Schweden hatten unter dem Eindruck des russischen Kriegs gegen die Ukraine am 18. Mai die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Die Türkei blockierte jedoch wochenlang den Beitrittsprozess und begründete dies unter anderem mit der angeblichen Unterstützung Schwedens und Finnlands von "Terrororganisationen" wie der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, der syrischen Kurdenmiliz YPG und der Gülen-Bewegung - in Stockholm und Helsinki werden diese Vorwürfe zurückgewiesen. Auch forderte die Türkei die Auslieferung mehrerer Menschen, die in der Türkei unter Terrorverdacht stehen.
Den Durchbruch brachte am Dienstag kurz vor Gipfelbeginn ein Treffen Stoltenbergs mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Schwedens Ministerpräsidentin Magdalena Andersson und dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö. In einer gemeinsamen Erklärung sicherten die beiden nordischen Länder zu, auf mehrere Forderungen der Türkei einzugehen.
Unter anderem sagten Schweden und Finnland zu, dass es keine Waffenembargos gegen die Türkei geben werde. Zudem versprachen sie ein entschiedenes Vorgehen gegen Terrorismus sowie die PKK. Auch sollten türkische Auslieferungsanträge von Terrorverdächtigen zügig geprüft werden.
Türkei fordert weiter Auslieferungen
Nach der Einigung im Nato-Streit mit Schweden und Finnland hat die Türkei erneut die Auslieferung von Terrorverdächtigen gefordert. Im Rahmen des neuen Abkommens mit den beiden Ländern erinnere das Justizministerium daran, dass die Türkei die Auslieferung von insgesamt 33 Personen beantragt habe, sagte Justizminister Bekir Bozdag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch.
Von Finnland verlange man die Aushändigung von zwölf mutmaßlichen Terroristen, von Schweden die Überstellung von 21 Verdächtigen. Dabei gehe es um Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der sogenannten Gülen-Bewegung. Ankara macht die Bewegung um den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch von 2016 verantwortlich. Die PKK gilt in der Türkei, Europa und den USA als Terrororganisation.
Scholz: "Sehr, sehr wichtig"
Bundeskanzler Olaf Scholz und andere Staats- und Regierungschefs begrüßten die geplante Nato-Erweiterung. Das sei "etwas, das uns sehr, sehr wichtig ist", sagte der Kanzler am Mittwoch. "Beide Länder passen sehr gut zu unserem Bündnis." US-Präsident Joe Biden sagte über den russischen Präsidenten Wladimir Putin: "Putin wollte die Finnlandisierung Europas. Er wird die Natoisierung Europas bekommen." Finnland war während des Kalten Krieges offiziell neutral.
Stoltenberg betonte: "Präsident Putin ist es nicht gelungen, die Tür der Nato zu schließen. Er bekommt das Gegenteil von dem, was er wollte."