Nach einer Pause schmückt eine kleine Gruppe der Landfrauen Merklingen-Hausen wieder den Brunnen im Weil der Städter Teilort.

Weil der Stadt - Noch einmal zupft Henriette Schenk die bunte Eier-Kette, die um grünes Reisig gewickelt ist, zurecht. Im weiten Bogen überspannen die zu Strängen gebündelten Zweige den Brunnen in der Ortsmitte von Merklingen. Nach einer zu langen Kältephase, die schon ein wenig aufs Gemüt zu schlagen begann, leuchten an diesem sonnigen Frühlingstag die Farben besonders intensiv. Touristen schlendern vorbei, um den historischen Ortskern von Merklingen mit der Kirchenburg und dem Rathaus anzuschauen. Sie bleiben kurz stehen und erfreuen sich an dem Osterschmuck. „Zu dieser Zeit hat gerade Corona angefangen. Nachdem wir uns im vergangenen Jahr wegen Corona nicht getraut haben, den Brunnen zu schmücken, wollten wir das dieses Mal unbedingt wieder tun“, sagt die Vorsitzende der Landfrauen Merklingen-Hausen, Henriette Schenk. Das passierte diesmal im kleinen familiären Kreis. Die traditionelle und offizielle Einweihung – wegen Corona – musste gestrichen werden.

 

In diesem Moment kommt Jürgen Katz, Erster Beigeordneter von Weil der Stadt, aus dem Rathaus. „Schreiben Sie, dass wir den Landfrauen unendlich dankbar sind, dass sie in dieser Zeit Farbe in den Stadtteil bringen, das hat uns im vergangenen Jahr gefehlt“, ruft er Henriette Schenk und der Presse-Frau freudig winkend zu und ist auch schon wieder weg.

„Die Landfrauen haben einen Bildungsauftrag“

Die 65-Jährige, die mit ihrer Familie in Schafhausen wohnt, ist froh, dass die Landfrauen mal wieder etwas von sich hören lassen dürfen. „Wir mussten ja, wie alle anderen Vereine auch, seit einem Jahr alle Veranstaltungen absagen“, sagt Schenk. Im gleichen Atemzug betont sie, dass es bei den Landfrauen längst nicht mehr nur um Themen rund um den landwirtschaftlichen Hof geht. „Die Landfrauen haben einen Bildungsauftrag“, sagt die Vorsitzende. Das gemeinnützige Bildungs- und Sozialwerk des Landfrauenverbandes Württemberg-Baden wurde 1984 gegründet. Es ist als Träger der Ländlichen Erwachsenenbildung anerkannt und wird vom Land Baden-Württemberg gefördert.

Seit nunmehr 67 Jahren sind die Landfrauen in Weil der Stadt, Merklingen, Schafhausen und Hausen organisiert. Der Name der im Landkreis Böblingen mit etwas mehr als 30 Mitgliedern kleinsten Ortsgruppe Merklingen-Hausen ist daher ein wenig irreführend. „Wir haben ihn aber nie geändert, weil das zu aufwendig gewesen wäre“, sagt Schenk, die sich dem Ortsverband vor 23 Jahren angeschlossen hatte und gleich ein Jahr später zur Vorsitzenden gewählt wurde. „Ich suchte Kontakt, fand aber auch schon damals die Vorträge so spannend und wollte etwas lernen.“

Landfrauen suchen jungen Nachwuchs

Aktuell wäre unter anderem die Digitalisierung ein Leitthema. Regelmäßige Schwerpunkte sind Gesundheit oder auch die Vorsorge. „Wir haben ein Gremium, das sich berät, welche Fachvorträge im Jahr stattfinden, Tipps bekommen wir vom Landesverband“, sagt sie. Das Klischee von strickenden, häkelnden und Kuchen backenden Bäuerinnen entspreche nicht mehr der Realität. „Auch wenn wir das gerne machen“, gibt Schenk mit einem Augenzwinkern zu.

Denn immerhin sind die Landfrauen bei Festen und Märkten im Umkreis dabei, verkaufen Selbstgemachtes. Das Durchschnittsalter liegt bei 65 Jahren. „Wir hätten nichts gegen eine Verjüngung, ein paar Frauen mehr zwischen 40 und 50 Jahren wären genau richtig“, sagt die Vorsitzende, die immerhin schon auf ihre beiden Töchter (33, 43) bauen kann.

Den Brauch aus der fränkischen Schweiz mitgebracht

Eine bäuerliche Tradition gibt es noch: Die Landfrauen treffen sich in der Regel von Mitte September bis in den Mai hineine – alle 14 Tage – immer dienstags im evangelischen Remigiushaus in Merklingen. „Momentan dürften wir uns dort nur zu siebt aufhalten, das macht keinen Sinn“, sagt Schenk. Es gilt also, sich weiterhin in Geduld zu üben.

Das Osterbrunnen-Schmücken hat Schenk vor fast 20 Jahren nach Merklingen gebracht. Der Vater stammt aus der fränkischen Schweiz, wo dieser Brauch eine lange Tradition hat. Demnach wurden die Dorfquellen geschmückt, um sie als wasserspendende und lebenswichtige Bestandteile einer Gemeinde zu ehren. In früheren Zeiten sicherte ein gefüllter Brunnen das Überleben vieler Menschen und Tiere.