Ausgehend vom neu geplanten Wohnquartier auf dem ehemaligen Bosch-Areal ist eine Nahwärmeversorgung geplant – möglichst mit grünen Energiequellen.

Die mehr als 11 000 Einwohner zählende Stadt Rutesheim macht sich energetisch fit für die Zukunft. Dazu gehört nicht nur eine freiwillige Wärmeplanung – eigentlich sind dazu Kommunen erst ab 20 000 Einwohnern gesetzlich verpflichtet. Vor allem der jetzt im Herbst gegründete Eigenbetrieb Stadtwerke Rutesheim ist ein großer Meilenstein in den Augen der Bürgermeisterin.

 

Klar war Susanne Widmaier, dass ausgehend vom neu geplanten Wohnquartier auf dem ehemaligen Bosch-Areal und dem Schulzentrum eine Nahwärmeversorgung aufgebaut werden soll, die vor allem nachhaltig und klimafreundlich ist. Zug um Zug soll sie dann auch auf Bestandsgebiete ausgebaut und das Netz entsprechend erweitert werden.

Vorgespräche mit potenziellen Netzbetreibern

Der endgültige Schritt, eigene Stadtwerke zu gründen, ist jedoch erst langsam gereift. Mit sechs potenziellen Netzbetreibern hatte Susanne Widmaier Vorgespräche geführt. Und hierbei wurde der Bürgermeisterin schnell klar: „Private Anbieter wollen Geld verdienen, wir als Kommune hätten keinen Einfluss mehr auf mögliche Energiequellen gehabt.“

Die Stadt ließ sich von der Energieagentur des Landkreises beraten, nahm auch den Gemeinderat mit ins Boot, der sich in mehreren Sitzungen mit diesem Thema befasste. „Wir haben uns intensiv informiert, viele Diskussionen geführt. Letztendlich habe ich die Gemeinderäte bei der Kehrtwende um 180 Grad von einer geplanten Fremdvergabe hin zum Eigenbetrieb mitnehmen können“, sagt Widmaier. Denn die wichtige Erkenntnis nach dieser Entscheidungsphase mit einem finalen einstimmigen Beschluss des Gemeinderates war, dass die Stadt Rutesheim für dieses Energieprojekt die Beteiligung Dritter für nicht notwendig erachtet. Klar war: Die Nahwärmeversorgung muss, wie auch die Wasserversorgung, in kommunaler Hand bleiben.

Fritz Schlicher, der Fraktionsvorsitzende der Grün-Alternativen Bürgerliste, betitelte die Gründung der eigenen Stadtwerke einen „geschichtsträchtigen Tag für Rutesheim. Die Energieversorgung ist keineswegs nur eine private, sondern vor allem eine politische Angelegenheit.“ Es könne nicht sein, dass in guten Zeiten die Gewinne in private Taschen fließen und in schlechten Zeiten der Bund mit dem Geld des Steuerzahlers Rettungsschirme aufspannen müsse. Einen „Meilenstein für den Klimaschutz“ nannte Harald Schaber, der Fraktionsvorsitzende der Unabhängigen Bürger Rutesheim (UBR) diesen Schritt. Auch Wolfgang Diem (BWV), Alexander Vetter (CDU) und Tommy Scheef (SPD) begrüßten im Namen ihrer Parteien die Gründung des städtischen Eigenbetriebs.

Vorgesehen ist eine eigene Betriebsleitung

In ihrer Verwaltung leistete die Bürgermeisterin ebenfalls eine erfolgreiche Überzeugungsarbeit. Die Sorge, diese Aufgabe zusätzlich vielleicht gar nicht stemmen zu können, war schnell verflogen. Damit war der Weg zur Gründung des Eigenbetriebes geebnet. Dessen Organe sind der Gemeinderat, der technische Ausschuss des Gemeinderates als Betriebsausschuss und die Bürgermeisterin als gesetzliche Vertreterin der Stadt Rutesheim. Vorgesehen ist eine eigenständige Betriebsleitung.

Auf die Stadt kommen nun viele Arbeitsschritte zu. „Jetzt geht es darum, die Wärmeerzeugung und –verteilung zu planen und die notwendigen Zuschussanträge im Namen des Eigenbetriebes zu stellen“, sagt Susanne Widmaier. Rutesheim möchte künftig unterschiedliche Energiequellen nutzen – und die sollen so grün wie möglich sein. Mögliche Optionen sind hier Biogas, Holz in Form von Hackschnitzeln, Photovoltaik – mit entsprechenden Flächen auf städtischen Gebäuden - oder Wärmepumpen. Abwärme von Industriebetrieben wie beispielsweise Bäckereien soll genauso in Betracht gezogen werden wie das Wärmepotenzial der Kläranlage. Eine Heizzentrale soll südlich des Schulzentrums entstehen. „Wir haben ein Ingenieurbüro beauftragt, das uns bei der Umsetzung hilft und ein Gutachten erstellt, welche Energieformen möglich sind. Anhand dieses Gutachtens kann dann mit der Planung einer Heizzentrale begonnen werden“, sagt Susanne Widmaier.

Die Ministerin hat Unterstützung zugesagt

Auch das Thema Solarthermie hat die Bürgermeisterin noch fest im Blick, obwohl sie nach ihrer Anfrage, die Fläche südlich der A 8 nutzen zu dürfen, jetzt im Herbst von der Bundesautobahngesellschaft eine Absage bekommen hatte. Unterstützung erhofft sie sich von Nicole Razavi, der baden-württembergischen Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, die sich kürzlich das Wohnprojekt auf dem ehemaligen Bosch-Areal persönlich angeschaut und versprochen hatte, ihre entsprechenden Kontakte auch auf Bundesebene nutzen zu wollen. „Solarthermie wäre dann der nächste Schritt“, sagt Widmaier und wartet auf eine positive Nachricht der Ministerin.