Ein Wasserrohrbruch im Mauerwerk wirft ein Schlaglicht auf den Zustand des historischen Gebäudes.

Leonberg - Das Alte Rathaus ist aus dem Fachwerk-Ensemble am Leonberger Marktplatz nicht wegzudenken. Nach dem Schwarzen Adler ist es wohl auch das imposanteste Fachwerk in der Altstadt. Gerade in der Weihnachtszeit, versehen mit Lichtern entlang der Dachkante und flankiert vom Weihnachtsbaum, wird Adventsstimmung verbreitet.

 

Weniger angenehm sind die winterlichen Temperaturen derzeit für die Mitarbeiter des Ausländeramtes im Inneren des historischen Gebäudes. In der Decke zwischen Erdgeschoss und Kellergewölbe gab es im November einen Wasserrohrbruch, der die Heizung für zwei Büros außer Gefecht gesetzt hat. Gegen kalte Füße kämpfen nun Heizlüfter an. Falls zur Sanierung der Boden geöffnet werden muss, zieht das Ausländeramt für kurze Zeit in Container um.

Acht Millionen Euro nötig

Es ist zwar nur ein kleiner Schaden. Aber er wirft ein Schlaglicht auf den Zustand des historischen Hauses. „Da gibt es einen großen Sanierungsstau“ sagt Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD). Als 2013 der Rathaus-Neubau am Belforter Platz geplant wurde, habe man für eine Modernisierung des Alten Rathauses rund acht Millionen Euro veranschlagt.

„Es war aber alles drin. Von der Gebäudeertüchtigung und -dämmung über modern eingerichtete und großzügigere Büros bin hin zu einem angebauten Fahrstuhl“, erklärt Baubürgermeister Klaus Brenner. Denn aktuell sitzen die Mitarbeiter vom Bürger- übers Ordnungs- bis zum Standesamt auf engstem Raum zusammen, nach oben und unten führt nur eine Wendeltreppe. „Den Sanierungsstau gab es schon, bevor ich hier angefangen habe“, sagt Brenner. Doch die Devise lautete stets: Auf Sicht fahren, nur das Nötigste tun. Denn so ein altes Gemäuer sei auch immer wieder ein Wundertüte.

Gemeinderat lehnte 2013 einen Anbau ab

Als vor genau sieben Jahren über Größe und Umfang des Rathaus-Neubaus diskutiert wurde, also wie viele Ämter und Abteilungen dort untergebracht werden sollen, hatte die Stadt Leonberg vier mögliche Varianten erarbeiten lassen, die jeweils auch den Standort am Marktplatz betrafen. Etwa dass das Alte Rathaus nur noch vom Kultur- und Sportamt genutzt, dafür dort aber eine Tourist-Information eingerichtet wird. Alternativ ergänzt durch das Standesamt.

Bürgermeister Klaus Brenner begutachtet mit zwei Experten den Gewölbekeller des Alten Rathauses. Foto: factum/Granville
Die Verwaltung unter dem damaligen Oberbürgermeister Bernhard Schuler sprach sich für einen Anbau im Hinterhof aus. Dadurch hätte das gesamte Ordnungs- und Bürgeramt bleiben können, aber es wäre zusätzlicher Platz geschaffen worden für Kultur- und Sportamt sowie den i-Punkt und Fahrstuhl. Der Gemeinderat entschied sich für die günstigste Neubau-Variante und die bedeutete, dass am Alten Rathaus alles so blieb wie bisher.

Eine Entscheidung, die der aktuelle OB heute kritisch sieht. „Ob sich damals alle bewusst waren, dass eine Sanierung heute viel teurer ist?“, sagt Martin Georg Cohn. Zudem sei das neue Rathaus voll. Die Aufteilung sei nicht mehr ideal, da die Aufgaben vielfältiger geworden seien und es mehr Mitarbeiter gebe. „Wir haben schon Besprechungsräume zu Büros umfunktioniert“, berichtet Cohn.

OB denkt über moderne Arbeitsmodelle nach

Die Corona-Pandemie habe Erleichterung gebracht, Stichwort Homeoffice. Und den Rathaus-Chef auf neue Ideen. Etwa mobile Arbeitsplätze für Mitarbeiter ohne Publikumsverkehr. „Oder ein Servicemobil fürs Bürgeramt, dass zu den Bürgern kommt statt umgekehrt“, sagt der OB.

„Das neue Rathaus ist quasi mit null Reserve gebaut worden“, sagt auch der Baubürgermeister. Und stellt ebenso die Entscheidung des Gemeinderates in Frage. „Man muss sich fragen, ob das Kultur- und Sportamt mit i-Punkt hier am richtigen Platz ist“, meint Brenner, der aber zu bedenken gibt, dass die Entscheidungen 2013 sehr schnell getroffen werden mussten wegen der Brandschutzprobleme im vorherigen Rathaus am Belforter Platz.

Erst muss ein Konzept her

Auch diesmal könne man beide Standorte nur gemeinsam betrachten. „Die Frage ist: Lassen wir es so oder nehmen wir jetzt Geld in die Hand, um das Alte Rathaus zukunftsfähig zu machen“, sagt Cohn. Langfristig komme man wohl besser weg, wenn man früher als später die Initiative ergreift. Jetzt heißt aber nicht von jetzt auf gleich. Denn zum einen müsse erst ein Konzept her. Zum anderen: „Wir haben mit der Stadthalleund der alten Schuhfabrikerst einmal zwei sehr kostenintensive Projekte vor uns“, sagt der OB. Doch das Alte Rathaus komme in der Prioritätenliste gleich dahinter.

Die Diskussion über dessen Zukunft müsse dann in zwei oder drei Jahren im Gemeinderat geführt werden. „Das ist dann eine Diskussion, was in zehn bis 15 Jahren umsetzbar ist“, verdeutlicht Martin Georg Cohn den Zeitrahmen. Ob das historische Rathaus bis dahin noch durchhält? Ein Statiker, der nach dem Wasserrohrbruch beauftragt wurde, hat zumindest am Kellergewölbe deswegen keine Schäden feststellen können.