Schon nach den ersten Abenden von Leonpalooza wird der Ruf laut, das Festival soll jedes Jahr steigen.

Leonberg - Müde, aber glücklich: So stellt sich Nils Strassburg dem Publikum am Sonntagabend vor. Der Cheforganisator des Festivals Leonpalooza hat ein anstrengendes wie aufregendes Wochenende hinter sich. Quasi aus dem Nichts heraus hat der Leonberger Veranstaltungsmanager ein hochwertiges Programm auf die Beine gestellt. Seine guten Kontakte in die Musikszene haben ihm geholfen, aber auch der Einsatz seiner Kollegen. Die Leute vom Kulturamt, Citymanagerin, Wirtschaftsförderer und natürlich das Team von der Stadthalle haben schwer angepackt, um in sechs Wochen unter Corona-Bedingungen den Bürgerplatz in einen Kulturtreff zu verwandeln.

 

Lesen Sie hier: der Bürgerplatz hat eine neue Bedeutung

Der Bürgerplatz? Das ist die Fläche vor der Stadthalle, deren Untergrund teilweise als Kunst gilt, andere sprechen von einer Stolperpiste oder von „Zuständen wie in Albanien“. Fakt ist, dass der Platz auch durch die Statue eines Leonberger Hundes nicht wirklich an Flair gewonnen hat und zuletzt mit Vorliebe von Eltern der nahen Kita und Stadthallen-Besuchern als Parkplatz missbraucht wurde.

Umso erstaunter sind die Gäste schon am Freitagabend, als die Musikkomödianten „Füenf“ eine herzerfrischende Show abziehen. Wobei nicht nur die Darbietungen auf der Bühne Freude bereiten. Dass der bis dahin unscheinbare Platz auf einmal eine kleine Oase inmitten der Stadt ist, das hatte keiner erwartet.

Corona-Regeln gilt es auch bei Leonpalooza einzuhalten. Foto: factum

Doch es kommt auf die Gestaltung an – sowohl die inhaltliche wie die optische. Coronabedingt war eine Massenveranstaltung ohnehin tabu. Also setzten die Leonberger Kulturmacher auf Qualität und Intimität. Hochkarätige Künstler aus der ersten und zweiten Reihe, aus nah und fern. Maximal 200 Gäste. Die können auf Palettensofas Platz nehmen, die in ausreichendem Abstand zueinander stehen. Daneben Weinkisten als Ablage mit Flaschenöffner, Programmheft und einer Topfpflanze auf einem kleinen Tablett. Das hat Stil.

Auf den Couches haben maximal zwei Menschen Platz, in der Regel sind es Paare, die zumeist ohnehin zusammenwohnen. Daneben gibt es am Rand, räumlich großzügig verteilt, Liegestühle unter Bäumen. Die werden in der Dunkelheit angestrahlt. Die Atmosphäre stimmt.

Eine entspannte Atmosphäre

Zur Atmosphäre gehört auch die Verpflegung. Das Team vom Stadthallen-Restaurant Corfu-Place hat zwei Theken aufgebaut. Hier gibt es kulinarische Besonderheiten wie etwa Currywurst auf griechische Art, deren Soße mit Feta und Paprika verfeinert ist. Neben mediterranen gibt es heimatliche Angebote. Albert Kaspari, der rührige Vorsitzende des Obst-, Garten und Weinbauvereins, hat nicht nur die hölzernen Weinkisten besorgt, sondern auch deren einstige Inhalte: Ausgeschenkt wird etwa ein schmackhafter Weißer von Christian Bock. Erst vor zwei Jahren hatte der Winzer die Rebflächen von Gerhard Dittrich auf der Feinau übernommen, verbunden mit der forschen Ankündigung, dass die Eltinger Lage locker mit dem Remstal mithalten könne.

Schon beim Wengerterfest vor einem Jahr stellten die Gäste fest, dass Bock den Mund nicht zu voll genommen hat. Und dieses Mal, just an jenem Wochenende, an dem es eigentlich in der Feinau hoch her gegangen wäre, gibt es den Eltinger Wein dann eben vor der Stadthalle. Neben Bocks sind auch die guten Tropfen von Martin Hartmann zu verkosten.

Das Festival soll eine Dauereinrichtung werden

Schon nach dem ersten Wochenende steht für die meisten Besucher fest: Das aus der Corona-Not geborene Festival Leonpalooza muss zur Dauereinrichtung werden. Und zwar genau hier, auf dem Bürgerplatz. Denn diese Art von Kulturgenuss hat es bisher in Leonberg noch nicht gegeben. Der in diesen Tagen gelegentlich bemühte Vergleich mit dem Strohlände ist schief, hat doch das Spektakel auf dem Engelberg einen ganz anderen Charakter.

Für Leonpalooza-Chef Nils Strassburg ist sein Festival ein Zusatzangebot. „Im kommenden Jahr ergänzen wir uns“, sagt er mit Blick auf beide Events am Engelberg und vor der Stadthalle. Nicht von ungefähr hat der Strohländle-Macher Johannes Leichtle am Sonntag beim Kollegen auf dem Bürgerplatz vorbeigeschaut und sich lange mit Strassburg unterhalten.

Von Anfang an keine Kompromisse

Die älteren Musikfans kennen es: das Wah-Wah-Pedal, das der E-Gitarre diesen typisch-verzerrten Klang gibt, und von Rockgöttern wie Eric Clapton mit Vorliebe bedient wird.

Auch Christoph Neuhaus tritt gerne auf das Effektgerät. Zum Beispiel, um das sensationelle Konzert von den Hot Damn Horns und der Soulmachine bei Leonpalooza einzuleiten. Die sieben Funk- und Jazzspezialisten aus der Region Stuttgart machen von Anfang an keine Kompromisse: Messerscharfe Bläsersätze, Bass-Einlagen, die Stanley Clarke zur Ehre gereichen und Drum-Soli nach alter Jazzschule.

Es ist fast unglaublich, welch dichten Sound die jungen Männer erzeugen. Nicht nur der Bläsersatz mit Christoph Beck, Christian Mück und Florian Seeger braucht sich vor den ganz Großen nicht zu verstecken. Auch Eckhard Stromer (Schlagzeug), Lukas Großmann (Tasten), Benni Jud (Bass) und eben Gitarrist Neuhaus sind wahre Meister ihres Fachs. Mitreißend, wenn Posaune und Gitarre bei „Shake Vour Leg“, dem Titelstück der neuen LP – es ist tatsächlich eine – in ein intensives musikalisches Duell gehen.

Die Zuschauer gehen begeistert mit und feiern die Band – völlig zu Recht!