Die Stadt will das Projekt von Experten prüfen lassen. Die Entscheidung fällt erst dann.

Leonberg - Die Diskussion um eine Seilbahn in Leonberg gewinnt an Fahrt. Am Donnerstag sollen die Mitglieder des städtischen Planungsausschusses eine Machbarkeitsstudie beschließen. Mit der soll detailliert überprüft werden, ob eine Seilbahn tatsächlich zur Entlastung der Verkehrsprobleme beitragen kann und ob ein solches Projekt überhaupt finanziell darstellbar ist. Nachfolgend haben wir die wichtigsten Fragen zusammengestellt.

 

Wie kam es zur Seilbahn-Debatte?

Mit seinem Vorschlag, die Chancen für eine Seilbahn auszuloten, provozierte Oberbürgermeister Martin Kaufmann (SPD) im Juli einen echten Aufreger kurz vor den Sommerferien: Warum sollten Konzepte, die in Metropolen wie Ankara, La Paz, London oder Portland funktionieren, nicht auch in Leonberg aufgehen?

Bevor er mit diesem unverhofften Beitrag zur Verkehrsdebatte an die Öffentlichkeit ging, hatte Kaufmann mit seiner Mobilitätsbeauftragten Bärbel Sauer die österreichische Spezialfirma Doppelmayr kontaktet, die sich nicht nur um den Transport von Skifahrern kümmert, sondern auch urbane Seilbahn-Lösungen entwickelt. In Deutschland haben die Österreicher eine Seilbahn über den Rhein bei Koblenz realisiert. „Wir sollten auf jeden Fall die Realisierungschancen überprüfen“, sagte der OB unserer Zeitung.

Wie sieht die Streckenführung aus?

Martin Kaufmann hatte schon beim vergangenen Altjahrabend von einem „innerstädtischen Leonberger Dreieck“ gesprochen. Damit meint er die Eckpunkte zwischen Altstadt, Leo-Center und Bahnhof. Dieses Dreieck gibt es in seinen Vorstellungen nicht nur ebenerdig, sondern auch in der Luft: Die Gondeln sollen mindestens diese drei Stationen anfahren. Mittlerweile hat sich das mögliche Streckennetz erweitert. Mit einer Seilbahn kann Höfingen über das Glemstal hinweg mit der Innenstadt verbunden werden. Ganz aktuell ist die Überlegung, eine Linie an die Autobahnabfahrt Leo-West zu führen. Pendler könnten dort ihre Autos auf einem Park & Ride-Platz abstellen und mit der Gondel bequem ins Zentrum schweben.

Wo gibt es Bedenken?

Die Reaktionen sind bisher eher skeptisch. Ob ausgerechnet eine Seilbahn zur nötigen Verkehrsentlastung beitragen kann, fragen sich Bürger und Kommunalpolitiker. Zumal offen ist, wo die Trägermasten hinkämen und wie die Passagiere zusteigen könnten. Auch gibt es Bedenken, dass sich Anwohner, über deren Häuser die Gondeln pendeln, gestört fühlen könnten.

Was spricht dafür?

Die Topografie Leonbergs ist nach Ansicht von Experten ein starkes Argument für eine Seilbahn. Allein schon zwischen dem Marktplatz und der neuen Stadtmitte gibt es einen starken Höhenunterschied. Auch der Bahnhof liegt in einem regelrechten Loch. Wer zum Leo-Center, großen Arbeitgebern wie Bosch und Geze oder in die Altstadt will, muss steil nach oben, obwohl die eigentlichen Entfernungen gering sind. Die Kernstadt und Höfingen werden durch das Glemstal förmlich auseinandergerissen.

Eine Seilbahn ist im Gegensatz zum Bus unabhängig vom Verkehr auf der Straße. Sie hat immer freie Fahrt. Bei der Neugestaltung des Postareals und der Neukonzeption des bisherigen Möbel-Hofmeister-Geländes könnten Seilbahn-Planungen gleich mitberücksichtigt werden.

Was soll die Studie bringen?

Die Machbarkeitsstudie soll überprüfen, ob eine Seilbahn überhaupt in das öffentliche Verkehrsnetz zu integrieren ist. Denn, darauf legen die städtischen Mobilitätsplaner großen Wert: Ein Gondelsystem wäre nur ein Teil des Ganzen.

Das sind die entscheidenden Fragen: An welchen Stellen sind Stützpfeiler möglich? Wie groß sind die und welche Abstände sind nötig? Welche Auswirkungen haben sie auf die Stadtlandschaft? Werfen sie zu viel Schatten? Wie sehen die Dimensionen der Stationen aus? Können diese eventuell in bestehende Gebäude integriert werden, zum Beispiel im Leo-Center oder am Bahnhof? Wie laut ist eine Seilbahn überhaupt?

Was kostet das alles?

Allein die Kosten der Machbarkeitsstudie von fast 100 000 Euro zeigen, dass ein Seilbahn-Projekt auch finanziell eine Herausforderung ist. Das Land hat signalisiert, die Studie zur Hälfte zu bezahlen und dürfte zudem das ganze Projekt stark fördern. Experten gehen von Gesamtkosten im höheren zweistelligen Millionenbereich aus. Damit wäre eine Gondellösung aber immer noch sehr viel günstiger als beispielsweise ein Tunnel oder eine ebenerdige Bahn.

Wer soll die Studie machen?

Beauftragt werden soll eine Bietergemeinschaft. Mit dabei sind die Projektentwickler Drees & Sommer, die schon beim Rathaus-Neubau beteiligt waren, die Ingenieurgesellschaft IGV, beide aus Stuttgart, und die Zatran GmbH aus Dornbirn. Die Österreicher haben sich auf Seilbahnen im öffentlichen Nahverkehr spezialisiert.