Die vom OB bevorzugte Schranke findet in der Kommunalpolitik keine Mehrheit.

Leonberg - Bei der Diskussion um die Zukunft des Altstadt-Parkhauses werden die Uhren auf Null gestellt. Der Plan des Oberbürgermeisters, den Gemeinderat eine Rückkehr zum Schrankensystem beschließen zu lassen, geht vorerst nicht auf. Stattdessen sollen die Fraktionen über die Sommerferien ihre Vorschläge für eine kundenfreundliche Tiefgarage einreichen.

 

Das ist das Ergebnis einer heftigen Debatte im städtischen Finanzausschuss, der sich erneut mit dem umstrittenen Thema beschäftigt hatte. Ist doch die Hoffnung, dass das seit anderthalb Jahren praktizierte System des Zahlens im Voraus das Parkhaus nach vorne bringt, nicht eingetreten.

Schock wegen 80-Euro-Knolle

Wir erinnern uns: Im Oktober 2016 übernehmen die Stadtwerke den Betrieb des Parkhauses vom Privatunternehmen Südpark. Damit tritt ein neues System in Kraft: Die störanfälligen Schranken fallen weg, stattdessen können die Kunden ungehindert ein- und ausfahren. Bezahlt werden muss vorab am Automaten. Und zwar die Summe, die man glaubt, zu parken.

Doch gleich zum Start kommt der erste Schock: Wer die bezahlte Zeit überzieht, muss 60 Euro bezahlen. Dazu kommt eine „Bearbeitungsgebühr“ von 25 Euro, zusammen also satte 85 Euro. Nicht nur der Einzelhandel und viele Kunden reagieren entsetzt. Auch die Lokalpolitiker zeigen sich stark irritiert: Dass zusätzlich zur 60 Euro-Strafe eine „Bearbeitungsgebühr“ fällig sei, habe die Stadt nicht transparent gemacht.

Die Stadträte fackeln nicht lange und kippen die extrem hohen Strafgebühren, über die noch nicht einmal der damalige Oberbürgermeister Bernhard Schuler informiert war. Seither gelten folgende Sätze: Wer die erste halbe Stunde kostenfreies Parken überzieht, muss 20 Euro zahlen. Wer überhaupt kein Ticket gelöst hat, ist mit 30 Euro dran. Wird das Geld nicht binnen einer Woche bezahlt, sind weitere 25 Euro fällig. Die Gemüter beruhigen sich, doch viele Probleme bleiben.

Die Probleme bleiben

Denn die Tiefgarage ist in keinem guten Zustand. Die Zufahrten sind schwer zu finden, die Ausgänge wirken schmuddelig und dunkel. Die Stadtwerke als Betreiber geloben Besserung, doch es geschieht nichts. Immerhin: Attraktive Dauertarife für den ganzen Tag oder die Nacht sollen die Autofahrer in die Tiefgarage locken.

Neue Dynamik bekommt die Debatte bei einer Diskussion der Industrie- und Handelskammer vor sechs Wochen. Oliver Reuter, der stellvertretende Vorsitzende der Werbegemeinschaft „Faszination Altstadt“, beklagt sich im Beisein des Oberbürgermeisters über das Vorab-Bezahlsystem, das die Kunden verwirre und zu starken Umsatzrückgängen geführt habe. Insgesamt habe das Image der Altstadt gelitten.

Martin Kaufmann zeigt sich von der Kritik beeindruckt, erklärt das System des schrankenlosen Parkens für gescheitert und verspricht schnelle Abhilfe. Tatsächlich bekommen die Stadträte die Beschlussempfehlung, eine Schrankenanlage einzusetzen. Außerdem sollen die Stadtwerke ein zukunftsweisendes Betriebskonzept fürs Parkhaus erstellen.

Eine Ansage an die Bürger

Doch ob die Schranke wirklich eine Zukunftslösung ist, das wird von etlichen Ratsmitgliedern angezweifelt. Schließlich sei die frühere Anlage sehr störungsanfällig gewesen. Oft hätte nachts für teures Geld der Notdienst alarmiert werden müssen.

Der OB hält dagegen: Solche Einsätze würden lediglich 50 Euro kosten. Nicht zuletzt das reibungslos funktionierende Parkhaus im Leo-Center beweise, dass die Schranken das „kundenfreundlichere System“ sind. Die Strafgebühren hingegen, die im vergangenen Jahr der Stadt fast 24 000 Euro eingebracht hätten, seien eine „Ansage an die Bürgerschaft“, die er nicht wolle.

Hunderte verärgerter Bürger

Eine Haltung, die Georg Pfeiffer (Freie Wähler) unterstützt: „Hinter den Strafen stehen hunderte verärgerter Bürger, die nie wiederkommen.“ Elke Staubach (CDU) schlägt vor, die „Brötchentaste“, also das kostenfreie Parken von einer halben auf drei Stunden auszuweiten. Ihr Fraktionskollege Oliver Zander wirbt für das Bezahlen per Handy mit minutengenauer Abrechnung. Ein Konsens bleibt aber aus. Nun soll über die Ferien neu nachgedacht werden, um eine Lösung zu finden, die dann wirklich dauerhaft trägt.

Manchmal verstehen die Händler in der Altstadt die Welt nicht mehr: „Wir haben ein zentrales großräumiges Parkaus, um das uns viele Städte unserer Größe beneiden“, sagt Joachim Heller. „Dennoch lässt die Akzeptanz zu wünschen übrig.“ Für den Vorsitzenden der Werbegemeinschaft „Faszination Altstadt“ steht daher fest: „Es ist höchste Zeit zu handeln!“ Das bedeute nicht, dass das frühere Schrankensystem wieder eingeführt werden muss, schon gar nicht mit der 30 Jahre alten Schranke. Heller und sein Stellvertreter Oliver Reuter setzen vielmehr auf eine innovative Lösung: „Wir müssen aus dem Parkhaus ein Leuchtturmprojekt machen, das von einem speziellen Team mit einem Profi für Parkhäuser konzipiert wird.“ Anregungen haben sich die Altstadt-Geschäftsleute schon geholt. Es gibt mehrere Gesellschaften, die auf Parken der Zukunft spezialisiert sind: „Mit denen sollten wir zusammenarbeiten.“

Bis eine echte Lösung gefunden ist, fordert die Werbegemeinschaft freies Parken in der Altstadt. „Wir können nicht bis Oktober warten“, sagt Heller. Der Imageschaden sei viel höher als die ausbleibenden Einnahmen.