Der Mediziner und Kreisrat Günther Wöhler geht davon aus, dass der Fortbestand der Gynäkologie und der 24-Stunden-Betrieb in der Unfallchirurgie bis auf Weiteres gesichert sind. Das Campus-Projekt betrachtet er mit Skepsis.

Leonberg - Kein Lokalpolitiker kommt bei einem öffentlichen Auftritt in Leonberg um das Thema Krankenhaus umhin. So ist es jetzt auch Günther Wöhler auf der Mitgliederversammlung der SPD Leonberg ergangen. Zumal er für die Sozialdemokraten im Kreistag sitzt, jener Ort also, in dem die kommunale Krankenhauspolitik gemacht wird.

 

Der Mediziner hatte für seine Parteifreunde eine beruhigende Nachricht: „Es ist uns glaubhaft versichert worden, dass weder eine Schließung der Gynäkologie, noch über eine Reduzierung der Unfallchirurgie am Leonberger Krankenhaus auf den Tagesbetrieb nachgedacht wird.“

Unruhe beim Personal

Nachdem unsere Zeitung über interne Sparüberlegungen im Aufsichtsrat berichtet hatte, machte sich das Personal große Sorgen um den Fortbestand der Gynäkologie. Wöhler und sein Kreistagskollege Peter Pfitzenmaier drängten daraufhin beim Landrat schriftlich auf Aufklärung.

Roland Bernhard reagierte, indem er in der jüngsten Kreistagssitzung ein Großaufgebot an Führungspersonal auftreten ließ – vom Geschäftsführer der Klinikholding bis zu den Ärztlichen Direktoren der Krankenhäuser im Kreis (wir berichteten).

Die versicherten, dass weder eine Schließung der Gynäkologie, noch eine Reduzierung der Unfallchirurgie aktuell wären. Wenn aber von den Kassen vorgegebene Mindestmengen bei Operationen oder Belegungszahlen länger nicht erreicht würden, müsse die Holding als Betreiber die vorgeschriebenen Konsequenzen ziehen.

Leonberger gehen nach Stuttgart

„Auslöser der Diskussionen war eine wirtschaftliche Prognose für die nächsten fünf Jahre, auf der Basis der inzwischen noch schlechteren politischen Rahmenbedingungen“, erläuterte Wöhler. Ursprünglich waren für die geplante Flugfeldklinik schwarze Zahlen prognostiziert worden, die so hoch waren, dass die geplanten Defizite in Herrenberg und Leonberg dadurch hätten ausgeglichen werden können.

„Insider hielten das damals schon für Unsinn, da man der Flugfeldklinik eins zu eins Leonberger Patienten zugerechnet hatte, obwohl aus Leonberg viel eher in Stuttgarter Kliniken als nach Böblingen gegangen wird“, sagt Wöhler. Wie zu erwarten, werde das Defizit der kleinen Häuser von der Flugfeldklinik nicht ausgeglichen. Im Gegenteil, die Defizite aller Häuser werden aufgrund der immer schlechteren Rahmenbedingungen deutlich ansteigen.

Den Aufsichtsräten wurden verschiedene Szenarien und ihre Auswirkungen auf die Höhe des Defizits vorgelegt. Dazu gehört ein jährliches 28 Millionen-Loch bei Erhalt des Ist-Zustandes, bis zu möglichen Einsparungen durch die Flugfeldklinik, einem Abbau von Doppelstrukturen oder von Nachtbereitschaftsdiensten.

„Im Kreistag wurde deutlich gemacht, dass hinter diesen Berechnungen keine politischen Pläne stehen, der Vorstand der Klinikholding aber den politischen Entscheidern realistische Zahlen an die Hand geben müsse“, sagte Wöhler.

Zweifel am Gesundheitscampus

Daraufhin hätten die beiden SPD-Kreisräte klargestellt, dass jede Veränderung am Medizinkonzept nicht im Aufsichtsrat, sondern politisch im Kreistag diskutiert und entschieden werden müsse. Möglicherweise Betroffene würden durch solche Planspiele unnötig verunsichert.

„Aus gutem Grund hat das andere akute Thema Gesundheitscampus den Kreistag noch nicht erreicht“, meinte Wöhler. Für Leonberg gebe es dazu derzeit Grundsatzüberlegungen, also keine Grundsatzentscheidung, ob oder ob nicht. „Deswegen ist die positive Reaktion der CDU Leonberg auf einen Gesundheitscampus falsch, solange Chancen und Risiken nicht klar auf dem Tisch liegen“, ist Wöhler überzeugt.

Statt einfach drauf los zu sparen, sei es sinnvoller, die Einnahmen zu verbessern. Wenn neben dem Krankenhaus ambulante Angebote entstünden, die zum Teil stationäre Behandlung erfordern, würde das die Belegungszahlen verbessern. Positiv fürs Krankenhaus sei zudem, wenn Anbieter gegen Kostenbeteiligung Einrichtungen der Klinik mit nutzen.

100 Schwüre des Landrats helfen nicht

Zwei Punkte sprechen nach Wöhlers Auffassung gegen den Campus. In der Stadt gebe es bereits ein umfangreiches Angebot an Praxen mit Allgemeinmedizinern oder Spezialisten. Ihnen dürfe durch den Campus keine Konkurrenz entstehen.

„Eine weitere Befürchtung liegt in der Luft: Man baut ambulante Parallelstrukturen zur stationären Fachkompetenz auf und reduziert dann die stationären Angebote“, sagt Wöhler. Und er weiß: „So wie die Stimmungslage in Leonberg ist, würden selbst 100 Schwüre des Landrats Roland Bernhard die Zweifel nicht beseitigen.“