Großveranstaltungen sind bis auf Weiteres untersagt. Die Schausteller-Familie Roschmann möchte als Ersatz einen Pop-up-Rummel veranstalten.

Leonberg - Der Leonberger Pferdemarkt 2021 ist abgesagt. Die 330. Auflage fällt aus und wird auf 2022 vertagt. So hat es der Gemeinderat Leonberg jetzt beschlossen. Nachdem die Corona-Zahlen anhaltend hoch sind und Großveranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern auf absehbare Zeit untersagt bleiben, war dies aber eher eine Formsache. „Das überrascht mich jetzt nicht. Wir haben uns schon drauf eingestellt. Aber wenn dann der Stempel drauf ist, macht es einen trotzdem traurig“, sagt Mark Roschmann.

 

Der Betrieb der Schaustellerfamilie, die ihre Wurzeln in Eltingen und Gerlingen hat, feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Von Beginn an war man beim Leonberger Pferdemarkt dabei, seit etwa 60 Jahren organisieren die Roschmanns den Vergnügungspark in der Steinstraße. Noch bevor die Corona-Pandemie zuschlug, feierte Leonberg seinen 329. Pferdemarkt. Auch Anfang März beschickte Familie Roschmann ein weiteres Fest.

Wirtschaftliche und private Rückschläge

Dann kam der erste Shutdown. Rummel, Wasen, Stadtfeste – alles wurde nach und nach abgesagt. Jüngst erst die Weihnachtsmärkte und nun auch die ersten Feste im neuen Jahr. Dazu traf die Familie auch privat ein Schicksalsschlag. Vater Hans Roschmann starb Ende Juni im Alter von 77 Jahren. „Er war schon krank gewesen. Aber er ist mit dieser Situation nicht klar gekommen. Das hat ihm den Rest gegeben“, sagt Sohn Mark, der nun mit seinen Geschwistern den Betrieb führt.

Sein Vater habe immer nach der Überzeugung gelebt, dass es eine Lösung gibt. „Irgendetwas konnte man immer hinstellen, ein Fahrgeschäft, einen Süßigkeitenstand, irgendwas. Plötzlich nicht mehr“, meint Mark Roschmann.

Ein Pop-up-Rummel in Leonberg?

Doch genau diese Überzeugung hat die Schaustellerfamilie angetrieben weiterzumachen. Und es fand sich eine Lösung: Pop-up-Rummel, nennt es Mark Roschmann. „Das ist ein eingezäuntes Areal mit Personenzahlbeschränkung und Registrierung am Eingang. Auf dem Gelände gilt Maskenpflicht, es gibt ein Alkoholverkaufsverbot, und es gibt überall Desinfektionsspender“, skizziert er das Konzept, das im September in Göppingen und im Oktober in Kirchheim/Teck umgesetzt wurde. In beiden Fällen hat der Pop-up-Rummel ein traditionelles Fest ersetzt. Nun will man dies auch der Stadt Leonberg anbieten. „Wir sind gerade dabei, der Stadt ein Angebot zu unterbreiten“, sagt Mark Roschmann.

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Organisieren könnte er das in wenigen Tagen, zum Aufbauen würden drei Tage benötigt. Der Vergnügungspark in der Steinstraße ist ohnehin umzäunt gewesen. Es wäre also auch recht kurzfristig umzusetzen, je nachdem, wie sich die Corona-Lage im neuen Jahr entwickelt.

Fünf Prozent des üblichen Umsatzes

Das habe in Göppingen und Kirchheim sehr gut funktioniert. „Die Menschen waren sehr diszipliniert“, lobt Roschmann. Als es in Göppingen dann gut lief, habe Kirchheim/Teck sofort zugesagt. Dort hat sich der Pop-up-Markt auch unter verschärften Corona-Bedingungen bewährt. „Damals gab es dort gerade diesen großen Ausbruch in einem Paketzentrum, und der Kreis Esslingen wurde zum Hotspot mit einer Inzidenz von über 80“, berichtet Mark Roschmann, der Schausteller in der vierten Generation ist. Man habe aber nach Rücksprache weitermachen dürfen.

Die Absagen dieses Jahres haben die zwei Veranstaltungen aber nicht wett machen können. „Wir haben dieses Jahr etwa fünf Prozent unseres üblichen Umsatzes gemacht“, sagt Roschmann, der auch Vorsitzender des Schaustellerverbandes Südwest Stuttgart ist. Er schätzt, dass es im nächsten Jahr ein Drittel der Betriebe in seinem Gewerbe nicht mehr geben wird. Das betreffe weniger die kleinen Buden und Imbissstände, sondern mehr die großen, teuren und pflegeintensiven Fahrgeschäfte. „Die werden dann ins Ausland verkauft“, sagt er.

Mit der Situation umgehen lernen

Ein normales Festgeschehen wird es auf absehbare Zeit nicht geben, darüber ist er sich im Klaren. Solange nicht, bis große Teile der Bevölkerung gegen Sars-CoV2 geimpft sind. „Aber irgendwie müssen wir mit dieser Situation umgehen lernen“, findet er. Das Herz seiner gesamten Familie hängt am Schaustellertum. „Es tut weh, die leeren Plätze zu sehen“, sagt Mark Roschmann.