Mit ihrer aggressiven Wortwahl schadet die Glasfaser-Gruppe nicht nur sich selbst, sondern allen, die in Bescheidenheit ihr Ehrenamt ausüben.

Leonberg: Thomas Slotwinski (slo)

Leonberg - Fangen wir mit dem Positiven an: Ein großer Teil von Leonberg – die Innenstadt, Eltingen, Ramtel und Warmbronn – werden in absehbarer Zeit an das Glasfasernetz angeschlossen. Das ist keine Neuigkeit, sondern steht schon seit Anfang Dezember fest. Die Vorvermarktung für Ramtel und Warmbronn wurde sogar bereits im vergangenen Mai erfolgreich abgeschlossen.

 

Umso mehr überrascht es, dass die Glasfaser-Initiative erst jetzt – vier Monate nach einem offenbar ausschlaggebenden „Vorfall“ – ihren Austritt aus der Lokalen Agenda erklärt, um so ihren Unmut über die, wie sie sagt, Missachtung durch die Stadt im Allgemeinen und den Oberbürgermeisters im Besonderen zum Ausdruck zu bringen. Noch überraschender aber ist die heftige Wortwahl, mit der Daniel Pötzsch, Oliver Kikillus und vier weitere Mitstreiter ihren Protest erläutern. Von „fehlender und absoluter Respektlosigkeit“ ist gleich mehrfach die Rede, die Verfasser des offenen Briefes sprechen von einem „Schlag ins Gesicht“ und vermissen ein „Mindestmaß an Anstand“.

Anerkennung ist der einzige Lohn

Keine Frage: Menschen, die sich ehrenamtlich einbringen haben Anerkennung verdient. Es ist in der Regel ihr einziger Lohn, den sie für ein oft Jahrzehnte währendes Engagement erhalten. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass jeder Verein, jede Arbeitsgemeinschaft das eigene Anliegen ganz besonders im Auge hat. Eine Kommune wiederum hat es mit vielen Klubs und Initiativen zu tun. Da in Leonberg das Engagement besonders bunt ist, gibt es unter anderem die lokale Agenda, unter deren Dach sich elf Initiativen mit ganz unterschiedlichen Zielsetzungen wiederfinden. Jetzt sind es nur noch zehn, weil die Glasfaser-Leute der Agenda den Rücken gekehrt haben.

Unzufrieden dürften fast alle Vereine und Gruppen sein, wenn die Zuschüsse knapper werden oder die öffentliche Unterstützung für ein Herzensprojekt nicht im erhofften Umfang ausfällt. Doch würden alle Vereine, die von einer Kommune nicht das bekommen, was sie sich wünschen, derart beleidigt und – man muss es so nennen – aggressiv reagieren wie jetzt die Mehrheit der Glasfaser-Leute, wäre es schlecht um unser Ehrenamt bestellt. Würden wir doch dann nur noch eine Kakophonie aus den Mündern der vermeintlich Benachteiligten und Herabgewürdigten zu hören bekommen – ein schrilles Wehklagen, das das positive, zumeist bescheidene und uneigennützige Engagement der vielen anderen übertönt.

Unterschiedliche Ansichten

Übrigens: In der Glasfaser-Gruppe selbst gibt es offenbar unterschiedliche Ansichten darüber, ob das Verhalten Martin Georg Cohns wirklich so verwerflich ist, wie es die Wortwahl des Briefes nahelegt. Die Studentin Annabell Schütte etwa, deren Bachelor-Arbeit unter dem Titel „Die effiziente Förderung des Breitbandnetzausbaus“ steht, hat auf Facebook öffentlich erklärt, dass sie den Brief „in dieser Form“ nicht unterschreiben wollte.