Der OB steht für schnelles Handeln. Dafür braucht er sein Rathausteam.

Leonberg - Den „Mut zur Entscheidung“ postuliert der Leonberger Oberbürgermeister zum Motto der zweiten Hälfte seiner Amtsperiode. Und wer Martin Georg Cohn kennt, der weiß, dass es ihm ernst damit ist. Er will machen. Die von seinem Vorgänger bevorzugten langen Abwägungsprozesse sind ihm fremd.

 

Im Grunde ist das eine erfrischende und zielführende Vorgehensweise, hat doch Leonberg unter zahllosen Hängepartien gelitten, die die Stadtentwicklung wenn nicht blockiert, so doch zumindest erheblich verlangsamt haben. Neben dem vielerorts bekannten Investitionsstau war rund um den Engelberg in der Vergangenheit bisweilen ein Entwicklungsstau zu beobachten.

Politik muss nachvollziehbar sein

Tempo allein ist freilich nicht alles. Entscheidungen müssen fundiert und zukunftsorientiert sein. Und sie brauchen eine breite Basis. Gegen den Willen des Gemeinderats, geschweige denn gegen eine Mehrheit der Bevölkerung kann keine gute Kommunalpolitik gemacht werden. Im Gegensatz zur großen Politik in Berlin, die für viele Menschen abstrakt und fern der Alltagsrealität wirkt, sind die Auswirkungen lokaler Entscheidungen unmittelbar zu erleben. Das fängt bei der Stadtsauberkeit an und hört bei Großprojekten wie dem Postareal auf. Deshalb ist es elementar, dass die Arbeit eines Rats und eines OB nachvollziehbar sind.

Cohn nimmt das für sich in Anspruch. Wenn er einen Gedanken kundtut, der noch nicht bis zum Letzten durchdacht ist, so ist dies für ihn Transparenz. Nicht alle können mit dieser Art von Offenheit umgehen. Cohns Vision einer Seilbahn etwa war durchaus keine oberbürgermeisterliche Schnapsidee, sondern eine ernsthafte Option, die von Politikern in vielen Städten erwogen wurde.

Unorthodoxer OB hat auch Vorteile

Hätte Cohn seinen Vorschlag vorab näher untersuchen lassen, wäre klar geworden, dass die Leonberger Topografie für eine Seilbahn ungeeignet ist. So aber war das Thema bestenfalls ein Schenkelklopfer in fröhlichen Runden, schlimmstenfalls ein Hinweis auf eine zu große Leichtigkeit des Verwaltungschefs. Hat sie doch viel Arbeitskraft und noch mehr Geld gekostet.

Die Episode ist zwei Jahre alt, aber bis heute typisch für das Vorgehen des Oberbürgermeisters. Cohn sprudelt vor Ideen, doch wenn es schwierig wird, fehlt ihm bisweilen die Beharrlichkeit. Weshalb ihm Teile des Gemeinderats wie auch der Verwaltung nicht immer folgen, obwohl sie die Grundidee womöglich sogar gut finden. All das trägt mit dazu bei, dass die Lage im Rathaus wie im Gemeinderat festgefahren scheint. Um den dringend nötigen Ausweg zu finden, muss der OB die Transparenz, von der er spricht, im Rathaus selbst stärker etablieren. Die Stadträte wiederum sollten zugestehen, dass ein unorthodox denkender Oberbürgermeister durchaus seine Vorteile hat.