Meditativ und kreativ: Rund 30 Frauen halten in Höfingen die Tradition des alten Spinnrads hoch.
Leonberg - Jeden zweiten Samstag im Monat treffen sie sich, die Frauen der Wollspinn-Gruppe des Höfinger Heimat- und Kulturvereins. Sich auszutauschen, voneinander zu lernen und gemeinsam etwas zu erschaffen, das ist es, was die Frauen antreibt. „Was wir hier versuchen, ist ein Miteinander. Im normalen Leben ist oft diese Konkurrenz“, sagt Ina Flothmann. „Hier geht es nicht darum, wer das Tollste hat. Hier geht es um den Austausch von Information und um die gegenseitige Hilfestellung.“
Vom Schal bis zur Tasche
Wie die verschiedenen Produkte – Schals, Pullover, Socken oder Taschen – entstehen, das haben die Besucher am Wochenende beim Tag der offenen Tür erlebt. Gearbeitet wird dabei ganz individuell oder auch in der Gruppe. „Vergangenes Jahr beispielsweise, haben wir gemeinsam einen Schal gemacht“, erzählt Ina Flothmann. „Doch all das ist kein Muss.“.
Der Kreativität jedenfalls sind keine Grenzen gesetzt. Die Arbeit rund um die Wolle wecke etwas im Menschen, ist sich Elke Rommel ganz sicher. Sie hat die Wollspinn-Gruppe vor fünf Jahren gegründet. „Wir haben selber Milchschafe. Meine Schwiegermutter hat schon gesponnen, so hat sich das auch für mich entwickelt“, erzählt sie über die Anfänge.
Schnell hat Elke Rommel weitere Frauen für das alte Handwerk begeistern können. Heute sind 30 Aktive mit von der Partie. Weitere 30 Mitglieder sind ebenfalls mit der Gruppe verknüpft. Sie sind so bunt wie die Arbeit mit der Wolle an sich. Vom Anfänger bis hin zum Profi – hier leben Frauen eine Leidenschaft.
Zu lernen gibt es einiges. Das fängt schon bei der Wahl des richtigen Spinnrades an. „Es gibt verschiedene Spinnräder, da muss man das passende für sich finden. Nicht jeder kommt mit jedem zurecht“, unterstreicht Elke Rommel.
Auch Kinder sind begeistert
Nicht nur Erwachsene haben Interesse an dem alten Handwerk. Kinder kurbeln und drehen mit großer Begeisterung. So manch ein Kind ist schwer wieder von dem Spinnrad loszueisen. Deshalb ist es schade, wenn das Handwerk mehr und mehr verloren zu gehen scheint. Fördert es nicht zuletzt auch die Feinmotorik.
Ein interessanter kreativer Prozess ist das Einsetzen von Farbelementen. „Heute geht alles nur übers Auge“, sagt Ina Flothmann. „Es ist wichtig, die anderen Sinne zu füttern und zu fördern.“ So ist die Wollspinn-Gruppe schon in der Grundschule Höfingen zu Gast gewesen.
„Spinnen ist Meditation“, ist sich Elke Rommel sicher. Und auch Ina Flothmann spürt: „Spinnen hat viele Aspekte. Einmal die Kreativität, etwas Erschaffen aber auch diese Monotonie, die einen in eine Meditation gehen lässt“. So ist es die Koordination von Hand- und Fußarbeit, die Gleichmäßigkeit der Bewegung die Menschen zur Ruhe kommen lässt.
Einmal im Jahr wird ein gemeinsamer Ausflug unternommen. „Wir wollen auch über den Tellerrand schauen“, sagt Ina Flothmann. Die Themen sind dabei immer andere. So hat die Gruppe schon die Weidegemeinschaft in Mönsheim besucht. In Stuttgart-Stammheim waren sie bei Lamas und Alpakas zu Gast. Wie man Schafe schert, gab es bei Elke Rommel zu sehen. „Ich habe gezeigt, wie Wolle sortiert wird“, erläutert sie. Denn am Schaf ist nicht alle Wolle überall gleich.
Große Resonanz
Drei Mal hat der Tag der offenen Tür schon stattgefunden. Und jedes Mal war das Interesse sehr groß, den Prozess von der Spinnerei bis hin zum fertigen Produkt zu erleben. Auch an diesem Wochenende können sich die Spinn-Frauen über mangelnde Resonanz nicht beklagen
Elke Rommel glaubt zu wissen, was die Menschen an dem alten Handwerk so fasziniert: „Das Werkzeug Wolle hat eine ganz eigene Ausstrahlung. Wolle ist anders. Sie verändert einen Menschen.“