Ein Feuerwerk an getanzten Gedichten: Den Ballett-Klassiker „Nussknacker“ bringt die Ballettschule Ritter gleich drei Mal auf die Stadthallenbühne. Dabei zeigen 350 junge Tänzerinnen und Tänzer, was sie drauf haben.

Leonberg - Die Vorbereitungen für das Weihnachtsfest laufen auf der Bühne der Stadthalle, ganz wie im wahren Leben draußen, auf Hochtouren. Der große, prächtig geschmückte Tannenbaum strahlt verlockend zwischen Standuhr, Schaukelpferd und dem Tisch mit dem Kerzenhalter. Sechs hilfreiche Perlen in blitzsauberen Schürzen und Häubchen fegen den letzten Staub von Böden und Möbeln.

 

Geschenke werden hin- und hergetragen und Marie, Fritz und ihre Eltern freuen sich auf die Gäste. Von Patenonkel Drosselmeyer bekommt Marie einen Nussknacker geschenkt, den sie sofort ins Herz schließt. Der Nussknacker wird sich, wie jeder weiß, in Maries Traum in einen Prinzen verwandeln und mit Marie auf seiner Reise durch den Winterwald und im Schloss der Zuckerfee noch so manches erleben.

Hoher Besuch kündigt sich an

Und mit ihnen die Gäste der 16. Auflage des Tanzfestes der Ballettschule Evi Ritter. Das Bühnenbild wurde von Svenja Schenk gestaltet. Bei der Premiere am Samstagnachmittag ist die Stadthalle bis auf eine Handvoll Plätze ausverkauft. Nicht entgehen lassen sich die Premiere auch der Oberbürgermeister Bernhard Schuler sowie die Kulturamtsleiterin Christina Ossowski.

Begeistert, gerührt, erstaunt verfolgen mit ihnen Eltern, Großeltern, Geschwister und Freunde der rund 350 Tänzer das Feuerwerk an getanzten Geschichten, die der Ballettklassiker „Der Nussknacker“ zur Musik von Pjotr Tschaikowsky bereithält. Da huschen die „Tirolerpuppen“ in ihren Lederhosen und Dirndln über die Bühne, dort werden die süßen Lebkuchen von kleinen Weihnachtsgästen angeknabbert. Knuffig anzuschauen sind die flinken Mäuschen und die aufrecht marschierenden rot-schwarzen Soldaten in ihren Hütchen mit den Holzgewehren, die sich einen Kampf mit Mäusen und dem Mäusekönig (Sophie Roth) liefern.

Auch dank einer zauberhaften Lichtregie sind allein die Kostüme der fast 30 Tanzgruppen in dieser Nussknacker-Inszenierung eine echte Augenweide. Dafür, dass die roten Mützen der Zwerge, die Puschel der Hasen oder die flatternden Bänder der Tarantella-Mädchen nicht nur gut aussehen, sondern auch beim Tanzen bleiben, wo sie sind, haben im Vorfeld viele helfenden Eltern-Hände gesorgt. „Ohne sie und jene Menschen, die auch im Hintergrund für Ruhe sorgen, sind drei Aufführungen dieser Dimension nicht zu bewältigen“, bedankte sich Anita Düster in ihrer kurzen Ansprache.

Die Hausaufgaben fallen diesmal aus

Zur Entspannung von sechs ganz jungen Tänzerinnen hat im Übrigen auch eine verständnisvolle Lehrerin beigetragen: Sibylle Scholze von der Rutesheimer Theodor-Heuss-Schule hat den Auftritt ihrer Erstklässlerinnen begeistert beklatscht – und ihnen und der ganzen Klasse vor den Tanzabenden die Hausaufgaben erlassen.

Was berichten, was weglassen bei einem Tanzabend mit fast 350 Tänzerinnen und einer Handvoll männlicher Tänzer? Schwerelos ätherisch gelingt Paula Düster als Marie im Nachtkleid nicht nur ihr Tanz mit dem Nussknacker, sondern auch der poetische Pas de deux mit dem Prinzen Sharoj Rajaguru S.V.

Ihre Schwester Hanna Düster legt in ihrem Part als Onkel Drosselmeyer auch schauspielerisches Können an den Tag und Natasa Tsatsa als schöne Zuckerfee überstrahlt mit ihrem Lächeln glatt ihr pinkfarben-glitzerndes Outfit.

Kräftig beklatscht werden alle, besonders auch der Spitzentanz der drei Feen (Kyra Mietusch, Jule Wildt und Smilla Bochman), die poetischen Tänze der weißen Schneeflocken und Schneekristalle. Nicht minder gut kommen die im zweiten Akt folgende Tarantella, der Tanz der stolzen Spanierinnen und der orientalischen Tänzerinnen an, die hübschen Rohrflöten und die lustigen Clowns. Nicht zu vergessen den dicken Nikolaus, hinter dem der Grünen-Gemeinderat Sebastian Werbke ebenso steckt wie hinter dem Großvater.

Eine vollkommen andere Tanzsprache wird im letzten Viertel des Tanzabends gesprochen – nicht umsonst sind hier einige Jungs zu sehen. Fetzig, cool und expressiv sind die Hip-Hop-Choreografien zu rhythmisch kraftvollen Songs wie „Cool Back“ von Kid Ink oder „Work it“ von Missy Elliot. Viel Sex-Appeal, aber auch die Schönheit fließender Bewegungen zeigen die Jazz-Tänzerinnen, die lässig die Dynamik der Musik in Körpersprache verwandeln. Etwa beim bekannten „Chandelier“ von Sia.

Verdienter Applaus

„Steam Forest“ von Andreas Vollenweider ist das Musikstück, zu dem eine Gruppe mit Elementen des vielgestaltigen und von vielen Tanzstilen beeinflussten Contemporary begeistert. Mit „Jazz 1/2“ wird die letzte Gruppe des Tanzabends im Programm angekündigt. Sie überrascht mit einem besonderen Schmankerl: einem fröhlichen erkennbar und vom irischen Stepptanz inspirierten Stück.

Der Applaus für die 350 Tänzer, die alle noch einmal auf die Bühne strömen, für die Choreografien von Anita Düster, Helen Probst Vera Bulling-Brußke sowie Alexander Schönig, für ein Gesamtkunstwerk aus Tanz, Musik, Stoff, Weihnachtsstimmung und Licht will kein Ende nehmen.