Die Oberärztin Regine Bölter erklärt im Leonberger Rathaus ihre „3-D-Diagnose“ – nämlich Demenz-Delir-Depression.

Leonberg - Der Sitzungssaal im Erdgeschoss des Leonberger Rathauses ist bis auf den letzten Platz besetzt. Zu Gast beim Seniorentag ist Regine Bölter, die Oberärztin beim Leonberger Krankenhaus – und das Interesse ist groß. Denn, was Vergessen mit Demenz oder Depression zu tun hat, das interessiert viele. Was oft wie Demenz wirkt, muss schließlich nicht zwingend gleich eine sein.

 

„Nicht selten wird von einer Demenz ausgegangen, obwohl der Patient eigentlich an einer Depression oder an einem Delir leidet“, erklärt Bölter, die in der Geriatrie-Abteilung des Krankenhauses arbeitet, sich also um Menschen kümmert, die älter als 80 Jahre sind und an typischen Alterserkrankungen leiden.

Diesen Zusammenhang nennt die Oberärztin „3-D-Diagnose“: Demenz-Delir-Depression. Grund dafür sind die Symptome, die nur schwer voneinander zu unterscheiden sind. Delir, was übrigens nichts mit Alkohol zu tun hat, beschreibt die akute Verwirrtheit einer Person. Gestern war noch alles gut, heute geht gar nichts mehr.

Depressive habe ein schlechtes Gedächtnis

Das Problem: Oft wird diese Verwirrtheit für Demenz gehalten, obwohl es keine ist. Im Vergleich dazu klagen Menschen mit Depressionen zwar über ein schlechtes Gedächtnis, sind aber nicht desorientiert. Meist gibt es ein Auslöser für die Krankheit, beispielsweise den Tod eines geliebten Menschen. Die Betroffenen sind in sich gekehrt, stellen sich die Frage, was sie falsch gemacht haben. Patienten mit fortgeschrittener Demenz dagegen klagen nicht, sie beschuldigen andere.

Ein Hausarzt kann testen, ob ein Patient wirklich an Demenz erkrankt ist. „Diese Demenztests sind aber immer nur Momentaufnahmen“, sagt Regine Bölter. Auch das CT gibt keine endgültige Diagnose – es liefert nur Anhaltspunkte, welche Form der Demenz vorliegen könnte. Erkennen kann man Demenz aber trotzdem. Ein typisches Frühzeichen ist beispielsweise die Gedächtnisstörung, erklärt die promovierte Ärztin.

Demenzkranke gehen nicht auf Inhalte ein

Und wird die Demenz dann schlimmer, leiden vor allem die Angehörigen, weiß die Expertin aus Erfahrung. Denn der Betroffene selbst weiß nicht, dass er krank ist. „Dann gilt gelassen bleiben“, sagt sie und rät: „Am besten den Betroffenen nicht korrigieren, denn es hat keinen Sinn.“ Demenzkranke verstehen nicht, warum sie etwas tun sollen. Auch dann nicht, wenn versucht wird, es ihnen zu erklären.

„Sie gehen auf Emotionen, nicht auf Inhalte ein“, sagt Regine Bölter. Deshalb verstehen sie sich auch so gut mit Kindern. Für die ist es nicht schlimm, wenn nicht jedes Wort stimmt, sie verbessern nicht. Und Angehörige sollten das auch nicht. „Sie sollten sich aber auf jeden Fall Hilfe holen“, rät die Altersheilkundlerin. „Und nur wer selbst entspannt ist, kann auch helfen“, sagt sie beim Seniorentag, mit dem die Veranstalter indes voll zufrieden sind. „Es sind mehr Leute gekommen, als in den vergangenen drei Jahren“, freut sich Margot Nittner, die Vorsitzende des Stadtseniorenrats.