Stadtrat Johannes Frey ist befangen, sagt der OB und will das Bauprojekt neu beraten lassen.

Leonberg - Ist das Thema Sparkassen-Neubau doch noch nicht vom Tisch? Am Montag versicherten alle Beteiligten, dass sie weiterhin gesprächsbereit sind. Aus formaljuristischen Gründen könnte es sogar sein, dass die Planungsausschuss-Sitzung, in der das Projekt hauchdünn abgelehnt wurde, wiederholt werden muss.

 

Aber der Reihe nach: Wie berichtet, will die Kreissparkasse auf ihrem Areal in der Grabenstraße/Stuttgarter Straße ein neues Direktionsgebäude und vier Häuser mit 70 Wohnungen bauen. Knackpunkt ist das fünfte Geschoss eines Wohnhauses an der Grabenstraße, das die Grünen ablehnen. Die Freien Wähler wiederum bestehen darauf, dass pro Wohnung anderthalb Stellplätze vorhanden sind. Um Fläche zu sparen, hatte sich die Stadt dafür ausgesprochen, dass bei 17 sozialgeförderten Wohnungen je ein Parkplatz genügt.

Beide Fraktionen lehnten im Planungsausschuss die Baupläne ab. Daraufhin stoppte der KSK-Vorstand das Projekt.

Kommt jetzt Bewegung in die Sache?

Vorerst. Es könnte Bewegung in die Sache kommen. Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) erklärte am Montag, dass der Stadtrat Johannes Frey von den Freien Wählern womöglich befangen ist: Der Architekt wohnt in der Unteren Burghalde, direkt hinter der Sparkasse. Dieser Bereich, sagt Cohn, gehört zu einem der beiden Bebauungspläne für das KSK-Projekt: „Damit wäre Herr Frey befangen und das Votum des Planungsausschusses rechtswidrig.“ Dem müsse er als Verwaltungschef widersprechen und über den Punkt neu beraten lassen. Das müsste der Gemeinderat am Dienstagabend bestätigen.

Befangen ist schon jetzt der SPD-Fraktionsvorsitzende Ottmar Pfitzenmaier, da er dem Verwaltungsrat der Sparkasse angehört. Dadurch durfte Pfitzenmaier am Donnerstag nicht mitstimmen. Wäre ein anderer Sozialdemokrat im Ausschuss gewesen, hätte es wohl keine Mehrheit gegen die Baupläne gegeben. Für die mögliche Neuauflage der Sitzung erwartet der OB nun eine andere Ausgangslage.

Der Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse begrüßt die mögliche Neuentwicklung: „Wir haben unverändert Interesse und sind jederzeit gesprächsbereit“, sagt Detlev Schmidt auf Anfrage unserer Zeitung. Der KSK-Chef verhehlt nicht, „dass eine Sozialquote bei den Wohnungen und der Stellplatzschlüssel die Rentabilität tangieren. Aber wir sehen das Projekt als ein Gesamtpaket und verschließen uns keinen konstruktiven Lösungen.“

„Entsetzt über Blockadehaltung“

Der politische Streit zwischen den Ratsfraktionen ist freilich nicht verstummt. Die CDU ist „entsetzt über die Blockadehaltung“ von Grünen und Freien Wählern. „Gerade die Freien Wähler haben im Kommunalwahlkampf darauf hingewiesen, dass mehr Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten benötigt wird, ebenso das Bereitstellen von Flächen für den frei finanzierten Mietwohnungsbau sowie die Nachverdichtung im Innenbereich“, erklärt die CDU-Fraktionschefin Elke Staubach. „Die Grünen plädieren für Innenverdichtung vor Außenbebauung.“

Doch „ausgerechnet diese beiden Fraktionen verhindern nun eine Innenbebauung mit dringend benötigten preisgünstigen Wohnungen“, kritisiert Staubach. Dabei habe sich die Sparkasse bewegt: „Die Wohnungsanzahl wurde drastisch reduziert, nach dem Luftschadstoffgutachten wurde die Planung abermals optimiert.“

Fazit der CDU-Fraktionsvorsitzenden: „Auch der Stadtentwicklung hat diese Verhinderungspolitik einen Bärendienst erwiesen!“ Wollten die beiden stärksten Fraktionen doch noch zum Wohle der Wohnungssuchenden agieren, „müssen sie über ihren Schatten springen und ein positives Signal aussenden.“

Der Streitpunkt: das fünfte Geschoss

Das kommt in indirekter Form: „Der Dissens liegt lediglich in Umfang und Art der Bebauung. Wir haben den Antrag eingebracht, die von der KSK vorgesehenen fünf Etagen auf vier zu reduzieren“, erklärt der Fraktionschef der Grünen, Bernd Murschel. „Von einer Ablehnung der Bebauung kann also keine Rede sein.“

Aber: „Das Luftschadstoffgutachten hat für das Zieljahr 2025 keine Verbesserung der Stickoxidbelastung prognostiziert. Durch den entstehenden Straßenschluchtcharakter wird trotz geringerer Fahrzeugemissionen der Luftaustausch verhindert.“ Seine Fraktion setze sich sehr wohl für mehr Wohnraum ein. „Der Gesundheitsschutz muss gewährleistet sein.“

Axel Röckle listet gleich mehrere Punkte auf, die in seinen Augen gegen das Vorhaben in der jetzigen Form sprechen: Von den 7100 Quadratmetern Gesamtfläche, so rechnet der Fraktionschef der Freien Wähler vor, seien 4100 Quadratmeter für Wohnungen vorgesehen: „Bezogen auf die Wohnungen wäre die Bebauung massiver als auf dem Layher-Gelände.“

Fünf Geschosse hätten zudem zur Folge, dass die Untere Burghalde nachmittags im Schatten liege. Das wäre mit Blick auf die Nachbarinteressen „nicht angemessen.“ Schon im Vorfeld habe seine Fraktion signalisiert, dass fünf Etagen „unerwünscht“ sind.

„Anderthalb Stellplätze fordern wir bei allen Wohnvorhaben“, sagt Röckle. „Es gibt zudem keinen Erfahrungsschatz, dass Bewohner finanziell geförderter Wohnungen maximal ein Auto haben.“ Zudem sei es eine „Tatsache, dass der Trend zum eigenen Fahrzeug ungebrochen ist.“ Der von seiner Fraktion vorgeschlagenen Reduzierung der Wohnungen hätte bei den sozial geförderten 16 statt 17 bedeutet.

Kritisch sieht Röckle überdies, dass im „neuralgischen Engpass“ Grabenstraße zwei neue Zufahrten geplanten sind.