Mit dem Geld einer Bürger-Genossenschaft wäre der Betrieb eines Dorfladens in Gebersheim möglich.

Leonberg - Es geht nicht um 250 Euro, sondern darum, solidarisch mit denen zu sein, die kein Auto haben.“ Eberhard Heckeler, der letzte Gebersheimer Bürgermeister und anschließender Ortsvorsteher, hat es auf den Punkt gebracht und von den weit mehr als 150 Bürgern im Foyer der Gäublickhalle Beifall bekommen.

 

Das große Interesse hervorgerufen hat die Informationsveranstaltung über die Zukunft der Nahversorgung in Gebersheim. Zu der hatten der Ortsvorsteher Wolfgang Kühnel und Martin Epple, der Betreiber des Gebers Landmarktes, eingeladen. Epple will den Laden am Jahresende abgeben und ist auf der Suche nach einem Pächter. Doch das ist bei 400 Quadratmetern Verkaufsfläche nicht einfach.

„Kein Discounter oder Bio-Markt hat Interesse an dieser für sie zu kleinen Verkaufsfläche“, erläuterte Benjamin Schweizer. Der Wirtschaftsförderer der Stadt ist auch in die zweigleisige Suche nach einem Nachfolger eingeschaltet.

Gründung einer örtlichen Genossenschaft?

Die andere Schiene, die Epple und Kühnel angestoßen haben, ist die mögliche Gründung einer örtlichen Genossenschaft, die den Laden betreibt. Wie viel Interesse dafür im Ort besteht, sollte mit der Informationsveranstaltung ausgelotet werden. Welche rechtlichen Voraussetzungen dabei beachtet werden müssen, erläuterte der Gebersheimer Steuerberater Adolf Girrbach. Wie ein Dorfladen funktionieren kann, schilderte Wilfried Breit. Der ehemalige Bankkaufmann in Rente und Gemeinderat in Vaihingen an der Enz ist seit drei Jahren der ehrenamtliche Geschäftsführer des Dorfladens in Enzweihingen.

Auslöser war hier die Schlecker-Insolvenz 2012. Die Bürger wollten es nicht hinnehmen, dass es keinen Laden mehr im Ort gibt. Rund 270 haben darauf Beträge zwischen 150 und 5000 Euro in eine Unternehmergesellschaft eingezahlt, sodass 65 000 Euro zusammenkamen. 25 000 Euro steuerte die Stadt Vaihingen zu. Mit diesem Kapital und viel ehrenamtlichem Engagement wurden alle Hürden genommen.

„Unser Dorfladen ist seit der Eröffnung eine Erfolgsgeschichte“, sagte Breit. Ein Viertel des jährlichen Umsatzes von 420 000 Euro erziele der Laden, in dem sechs Frauen in Teilzeit und auf Minijobbasis beschäftigt sind, über örtliche Landwirte, Imker, die Ölmühle und den Metzger. Dabei werde mit den 3000 angebotenen Artikeln den bestehenden Geschäften keine Konkurrenz gemacht. „Unsere Preise sind konkurrenzfähig, weil wir es vermeiden wollten, dass es im Ort heißt – der Dorfladen ist gut, aber teuer“, erklärte Breit.

Umsatz von 820 000 Euro?

„Die Verkaufsflächen werden immer größer, die Verkaufsstätten liegen immer weiter auseinander“, sagte Martin Epple zu der Entwicklung im Einzelhandel. Wenn jeder der 850 Gebersheimer Haushalte – der Leonberger Teilort zählt etwa 2500 Einwohner – wöchentlich 20 Euro im Ort ausgeben würde, lasse sich ein Umsatz von rund 820 000 Euro generieren, rechnete Epple vor, als aus dem Publikum die Frage nach den möglichen Umsatzzahlen kam.

Sowohl Epple als auch Girrbach sprachen sich gegen eine Unternehmergesellschaft nach dem Enzweihinger Modell aus. Selbst Breit riet davon ab, wenn es die Möglichkeit gebe, eine eingetragene Genossenschaft zu gründen. Das sei zwar mehr Aufwand, erfordere aber kaum ehrenamtlichen Einsatz im Laden. „Wenn sie arbeiten, dann sollen die Mitarbeiter auch einen angemessenen Lohn bekommen“, formulierte es Martin Epple, der auch Gemeinderat und Ortschaftsrat für die Freien Wähler ist.

An der Genossenschaft können sich die Bürger mit gezeichneten Anteilen – pro Anteil mindestens 250 Euro – beteiligen. Im schlimmsten Fall haften sie nur mit der Summe ihrer Anteile. „Waren bei 200 Quadratmeter Verkaufsfläche in Enzweihingen 90 000 Euro Kapital, so ist bei 400 Quadratmeter etwa das Doppelte notwendig“, rechnete Epple auf Anfragen vor. Doch wie sieht es Heckeler: „Was sind schon 250 Euro? Wenn ich zwei Jahre lang mit dem Auto nach Leonberg einkaufen fahre, sind sie für Benzin weg.“ Deshalb gelte es, ein Signal bürgerschaftlichen Miteinanders sowie der Solidarität mit denen, die kein Auto haben, zu setzen.