Seit 50 Jahren gibt es in Leonberg die Johanneskantorei und das Bezirkskantorat. Das wird am Sonntag in der Stadtkirche mit einem großen Festgottesdienst und der musikalischen Uraufführung eines Stücks von Attila Kalman gefeiert.

Leonberg - Erschallet, ihr Lieder, erklinget, ihr Saiten“, heißt es am Sonntag beim Festgottesdienst zum 50-jährigen Bestehen von Johanneskantorei und Bezirkskantorat in der Stadtkirche, wenn diese Bach-Kantate erklingt. Bach hat sie am 20. Mai 1714 komponiert, in einer Zeit, als er Konzertmeister des Weimarer Herzogs Wilhelm Ernst war.

 

Wenn man die fehlenden zwei Tage unter den Tisch fallen lässt, erklingt die Kantate nun in der Stadtkirche 300 Jahre später. Damit nicht genug: Bezirkskantor Attila Kalman hat zum Jubiläum die Motette „Das Wort vom Kreuz“ zu einem Vers aus dem 1. Korintherbrief komponiert. Auch dieses Stück ist beim Festgottesdienst zu hören, eine Uraufführung.

Geschichte der Kantorei in einer Festschrift festgehalten

In einer Festschrift, deren Texte von Attila Kalman, Dietrich Becker, Konrad Fröschle, Ingrid Bischoff, Ursula Schlüter und Gabriele Bolay sowie Gudrun Clausnizer stammen, wird die Geschichte von Johanneskantorei und Bezirkskantorat in Wort und Bild nacherzählt. Natürlich wird in der Stadtkirche nicht erst seit 50 Jahren gesungen. Die Geschichte der Chormusik an sich ist viel älter. So ist etwa von Daniel Speer, der 1670 bis 1673 an der Lateinschule gearbeitet hat, zu lesen, er habe drei oder vier musikalische Stücke komponiert, mit denen er „den Gottesdienst geziert und die gebräuchlichen Choräle vierstimmig gesetzt“ habe. 1713 heißt es, „die Musik wird von Schulknaben gemacht“ und 1828 bestand der „Sengerchor“ offenbar aus zwei Vorsängern (den Schulmeistern), dem Organisten, dem Musikdirektor und einem Zinkisten. 100 Liter Wein und 65 Gulden bekommen die Musiker jeweils im Jahr für ihre Bemühungen.

Aber auch Streit, Unmut und Kritik ist aus den alten Kirchenbüchern und Dokumenten herauszulesen. So wird 1850 Klage über den offenbar unmusikalischen „Knabenschulmeister Bott“ geführt, der zu einem Stillstand in Sachen Chorsingen geführt habe. Viele Chorleiter kommen und gehen danach und 1960 kommt vom Chor die Bitte nach einer hauptamtlichen Kirchenmusikerstelle. 1963 wird der Antrag vom Oberkirchenrat genehmigt, am 7. Februar 1964 fällt die Wahl auf Gotthold Krämer aus Weilimdorf als Kirchenmusiker und Bezirkskantor und vom 1. September an übt Krämer sein Amt aus. 21 Jahre sollte er im Amt bleiben. Er hat den Kammermusikkreis gegründet, gemeinsam mit dem Chor viele anspruchsvollen Chorwerke aufgeführt und 1977 die „Stunde der Kirchenmusik“ eingeführt, die es noch heute gibt.

19 Jahre lang stand Christoph Martin an der Spitze

Von 1986 bis 2005 war Christoph Martin Bezirkskantor und Chorleiter. In seiner Zeit wurde etwa „Ein Deutsches Requiem“ von Johannes Brahms oder Paul Hindemiths „Apparebit repentina dies“ aufgeführt, aber auch Motetten von Bach mit Jazz-Begleitung. Nicht nur der Kammermusikkreis spielte bei den meisten Aufführungen. Martin arbeitete auch mit dem Orchester der Graun-Gesellschaft Warmbronn, dem Sinfonieorchester Leonberg und den Musikern der katholischen Kirche St. Johannes zusammen.

Bestand zu Martins Zeiten die Kantorei aus 70 aktiven Mitgliedern, so kann sein Nachfolger, der derzeitige Bezirkskantor Attila Kalman, sich auf die Fahnen schreiben, dass die Zahl der Chormitglieder schon im Jahr 2008 die Hundertergrenze überstiegen hat. Auch zu seinen Aufgaben gehört die Leitung des Kammermusikkreises, der Aufbau von Kinder- und Jugendchören, die Aufführung von Oratorien und Konzerten und natürlich die Mitgestaltung der Gottesdienste in Zusammenarbeit mit seinen Sängern und Musikern.

Noch vieles gehört zur lebendigen Kirchenmusik im Kirchenbezirk Leonberg. Das wichtigste Ziel nennt Dekan Wolfgang Vögele in seinem Grußwort. „S – D – G“ habe Johann Sebastian Bach unter viele seiner Kompositionen geschrieben. Soli Deo Gloria heißt das, allein zur Ehre Gottes.