Für jede der acht Kassen in seinen sechs Filialen hat Zachert rund 6500 Euro investieren müssen. Mit einem Tastendruck am Zentralrechner im Firmensitz in der Breslauer Straße könne der Bon-Ausdruck freigegeben werden. Diese neuen Kassen seien so ausgestattet, dass sie einen eigenen Speicher haben, von dem die Finanzbeamten die Daten auf einen USB-Stick oder das Laptop herunterladen können. „Das macht die Kassen so teuer“, sagt der Bäckermeister. Ist eine solche Kasse kaputt, kann der Bäckermeister sie nicht einfach entsorgen, sondern er muss sie zehn Jahre lang wegen der gespeicherten Daten aufbewahren.
Problem: Beschichtetes Papier
Zachert sieht noch ein anderes Problemin der Bon-Flut: „Überall wird über Umweltschutz diskutiert und über die Verringerung der Coffee-to-go-Becher. Auf der anderen Seite werden jetzt Müllberge aus beschichtetem Papier geschaffen.“ Dieses Papier darf nicht ins verwertbare Papier, sondern muss als Restmüll entsorgt werden. Das Papier enthält nämlich Bisphenol, das als eine Art hormoneller Schadstoff gilt, da er eine östrogen-ähnliche Wirkung hat und den Hormonhaushalt verändert.
Theoretisch könnten die Finanzbehörden eine Ausnahme machen, wenn ihrem Ermessen nach bei dem Verkauf von Waren an viele verschiedene, unbekannte Menschen die Zumutbarkeit überstiegen wird. Was die Bäcker erbost, ist, dass das Gesetz zwar Ausnahmemöglichkeiten vorsehe, diese würden allerdings vom Bundesministerium der Finanzen zu streng ausgelegt, sodass bislang kein Handwerksbäcker eine Befreiung erhalten hat. „Man lässt die Bäcker alleine und im Regen stehen“, so der Vorwurf in Richtung Berlin.
Die Kassenbon-Pflicht ist Teil der Kassensicherungsverordnung, die Steuerbetrug an der Ladenkasse verhindern soll. Demnach sollen Kassen durch eine technische Sicherheitseinrichtung fälschungssicher werden. Ursprünglich sollten alle Kassen bis zum Jahresbeginn 2020 die neuen Vorschriften erfüllen, das Bundesfinanzministerium hat die Frist bis Ende September verlängert.
„Es wäre vieles einfacher, wenn vieles einfacher wäre“
„Es wäre vieles einfacher, wenn vieles einfacher wäre“, bringt es der Höfinger Gärtnermeister Klaus Stammel auf den Punkt. Er führt an seinen Ständen auf den Wochenmärkten eine sogenannte offene Ladenkasse. Die kommt ohne große technische Elemente aus, trotzdem muss die Buchhaltung stimmen und für das Finanzamt nachvollziehbar sein, denn in einem Kassenbericht ermitteln die Händler die Summe der Tageseinnahmen. Trotzdem bekomme schon heute jeder Kunde, der es wünscht, einen Kassenbon, sagt der Gärtnermeister. „Ältere Semester haben ihn gern als Beleg in der Haushaltskasse“, weiß er aus Erfahrung.
Das kontrolliert wird, findet Stammel in Ordnung. „An der Kasse vorbei zu wirtschaften oder Schwarzarbeit, ist nicht gut für den Betrieb“, lautet sein Credo. Dieses Risiko gehe man gar nicht erst ein. Letztendlich produziere man nicht nur gläsern für die Kundschaft, sondern sei auch „gläsern“ für das Finanzamt. Als Produzent müsse er melden, auf welcher Fläche was und wie viel angepflanzt werde. „Da kann ich nicht auf 1000 Quadratmeter zig Tonnen Tomaten ernten und verkaufen“, sagt Klaus Stammel. Aber auch er werde nicht umhinkommen, nach und nach seine sechs Kassen entsprechend umzurüsten.