Dieter Ortlieb wird am Donnerstag 80 Jahre alt. Insgesamt 24 Jahre lang hat der promovierte Jurist als Oberbürgermeister die Entwicklung der Stadt zu einem prosperierenden Mittelzentrum mitgestaltet.

Leonberg - Ich bin unserem Herrgott dankbar, dass er mich vor Hochmut bewahrt hat“, zieht Dieter Ortlieb ein Resümee an seinem 80. Geburtstag. „Denn wenn einem vieles gelingt – ich bin in all den Jahren nie richtig auf die Schnauze gefallen – wird man leicht übermütig“, schickt er hinterher. „Ich war nie mürrisch und habe mich immer gefreut, dass ich etwas tun kann für die Bürger und ihre Stadt“, sagt der ehemalige Oberbürgermeister von Leonberg.

 

Geboren am 13. Oktober 1936 in Heidenheim an der Brenz, ist Dieter Ortlieb in sehr behüteten Verhältnissen aufgewachsen, obwohl der Vater lange in Kriegsgefangenschaft war. „Viel Sport und die christliche Erziehung über das evangelische Jugendwerk haben mich geprägt“, sagt der Jubilar. In der Heimatstadt besuchte er das Jungen-Gymnasium. In der Tanzstunde mit den Schülerinnen des Mädchengymnasiums lernte er auch seine spätere Ehefrau Inge kennen, mit der er im Jahr 1962 vor den Traualtar schritt.

Zwischen Theologie und Juristerei

„Beim Studium ist die Wahl dann schnell zwischen Theologie und Juristerei auf Letztere gefallen“, erinnert sich Dieter Ortlieb. Und das führte ihn über Tübingen, München und Berlin nach Freiburg, wo er auch das Staatsexamen abgelegt hat. „Hier habe ich mit meinem Doktorvater, dem Verfassungsrechtler Konrad Hesse – er war auch Richter am Bundesverfassungsgericht – einen Menschen kennengelernt, zu dem ich immer hochsehen werde“, bekennt Dieter Ortlieb.

Promoviert hat er mit dem Thema „Anspruch auf rechtliches Gehör“. Es sei vom Bundesverfassungsgericht viel getan worden, dass dieses „grundrechtsgleiche Recht“, für ihn wichtiger Bestandteil des Rechtsstaates, heute zu einer gesellschaftlichen Grundregel geworden ist, freut sich der 80-Jährige. „Aber die wird leider immer noch zu wenig beachtet“, schiebt er hinterher.

Praxiserfahrung im Landratsamt Säckingen

Nach dem Referendariat sammelte der Regierungsassessor Ortlieb Praxiserfahrung im Landratsamt Säckingen. „An dieser damals kleinen Behörde, die das Schicksal des Landratsamtes Leonberg ereilte, weil es später zu Waldshut zugeschlagen wurde, habe ich viele Sparten kennengelernt, dazu ganz besondere Menschen in einer urigen Landschaft“, sagt Ortlieb im Rückblick auf diese Zeit. In Säckingen wurde der zweite Sohn geboren, der erste hatte in Heidenheim das Licht der Welt erblickt.

„Mein nächster Schritt war nicht wie üblich das Regierungspräsidium, sondern das Ministerium für Landwirtschaft und Forsten“, erzählt Dieter Ortlieb. Und von dort hat er sich 1969 als Erster Bürgermeister in Leonberg beworben. „Ich hatte lauter gute Mitbewerber, die alle später Karriere gemacht haben“, erzählt Ortlieb.

Weil der damalige Leonberger Oberbürgermeister Otto Rexer sowohl im Gemeinderat als auch bei den Bürgen an Rückhalt verloren hatte, war der am 1. Mai, als Ortlieb sein Amt antrat, schon nicht mehr im Rathaus. „Ich war vom ersten Tag an Chef im Laden“, sagt er halb im Scherz. „Es war alles recht durcheinander, aber mit ehrenwerten Amtsleitern und motivierten Mitarbeiten habe ich mich als Jungspund auf den Weg gemacht, die Stadt voranzubringen.“ So hat sich Ortlieb auch schnell entschieden, für das vakante Amt des Oberbürgermeisters zu kandidieren. Gleich im ersten Wahlgang wurde er Ende 1969 gewählt und scheinbar waren die Leonberger so zufrieden mit ihrem OB, dass sie es auch zwei weitere Male so hielten. Er bekleidete das Amt, bis er sich 1993 zur Ruhe setzte und die Oberbürgermeister-Kette an Bernhard Schuler übergab.

„Die Zahl der Bürgerversammlungen geht auf keine Kuhhaut“

Es sei darum gegangen, die Menschen mitzunehmen und transparente Entscheidungen zu treffen. „Die Zahl der Bürgerversammlungen geht auf keine Kuhhaut“, sagt Dieter Ortlieb. Wichtig war, die Infrastruktur der Stadt aufzubauen. Froh sei er, dass es ihm trotz Gegenwinds gelungen ist, dass Leonberg gleichberechtigt „in die Perlenkette der Mittelzentren rund um Stuttgart“ aufgenommen wurde. „Darauf haben wir dann die Entwicklung der systematisch wachsenden Stadt aufgebaut“, sagt Ortlieb. Entschieden habe man sich gemeinsam mit dem Gemeinderat für eine Stadt der kurzen Wege, in deren Kernpunkt das Zusammenwachsen von Leonberg und Eltingen in der neuen Stadtmitte angestrebt wurde. „Aber auch die Teilorte wurden nicht vergessen“, sagt Ortlieb.

„Die öffentlichen Strukturen kann die Stadt schaffen, doch Leben hineinbringen muss die Gesellschaft. Und da hat Leonberg Gutes geleistet“, sagt der Alt-OB überzeugt. Er ist nach eigenem Bekunden dankbar, dass in seiner Amtszeit vieles gelungen ist, „doch es ist ein Werk vieler, das als ein Werk einzelner hinzustellen, ist grottenfalsch“, meint Dieter Ortlieb. „Als Oberbürgermeister wollte ich lediglich der eine Bürger sein, der diese Aufgabe bekommen hatte.“