Der Rappenhof setzt dank Fördergeldern von Land und EU ein neues Betreuungskonzept für 30 Pferde um.

Leonberg - Wenn Hape ans Heu herantritt, dann machen die anderen Platz. Der dunkelbraune, fast schwarze Wallach ist nämlich hier der Chef unter den 30 Pferden und darf immer als Erster seinen Kopf durch das Gitter stecken, um an das Futter zu kommen. „Die Rangordnung haben die Pferde unter sich ausgemacht. Und Hape ist ein guter Anführer“, sagt Timo Knauer. Gemeinsam mit seiner Frau Andrea führt er den Rappenhof am Rande von Leonberg, einen Pensionsstall hauptsächlich für Freizeitreiter und ihre Pferde.

 

Ohne Förderung nicht möglich

Dass die 30 Tiere aber überhaupt eine Herde bilden, ist möglich dank des im vergangenen September fertiggestellten, ein Hektar großen Bewegungsstalls. Im großen Holzgebäude gibt es keine Boxen. Stattdessen sind die Pferde rund um die Uhr draußen im Offenstall und können über Wiese, Sand oder Reitplatzgitter laufen. „Die ursprüngliche Idee war, wieder auf eine Herde zurückzukommen“, sagt Timo Knauer. Rund eine Million Euro hat der Bewegungsstall mit allen Anlagen gekostet. Ohne 200 000 Euro an Fördermitteln hätte man das Projekt aber nicht realisieren können.

Das Geld stammt aus einem Förderprogramm von Land und EU zur Diversifizierung in der Landwirtschaft. Der Rappenhof ist dabei eines von 61 Vorhaben, die mit insgesamt 4,8 Millionen Euro gefördert wurden. „Wir unterstützen damit die Schaffung von zusätzlichen Einkommensquellen für unsere Familienbetriebe im ländlichen Raum“, erklärt Friedlinde Gurr-Hirsch, Staatssekretärin für ländlichen Raum und Verbraucherschutz, bei ihrem Besuch auf dem Rappenhof am Freitag. Dort könne artgerechte Tierhaltung nun als Dienstleistung angeboten werden.

Die Pferdehaltung hat auf dem Rappenhof eine lange Tradition, schon 1935 wurde eine Reithalle gebaut. „Wir waren der erste landwirtschaftliche Betrieb hier, der Pferde zur Freizeitbeschäftigung gehalten hat“, erzählt Andrea Knauer, geborene Schäfer, die den Reitstall in vierter Generation leitet. Es sei eine schwierige Branche, in der viele ihre Arbeit unter Wert verkaufen, um konkurrenzfähig bleiben zu können. „Uns hilft die Lage so nah an Stuttgart“, sagt die Pferdewirtschaftsmeisterin.

Vier Jahre Planung hat das Ehepaar Knauer in den Bewegungsstall gesteckt, sich verschiedene Konzepte vor allem in Bayern angesehen. In Baden-Württemberg gebe es kein vergleichbares Konzept, der Schwerpunkt und die Umsetzung seien immer etwas anders. „Aber unter Bewegungsstall versteht auch jeder etwas anderes“, sagt sie.

Pferde sind gesünder und zufriedener

Auf dem Rappenhof läuft beispielsweise vieles computergesteuert. So haben die 30 Pferde im Offenstall alle einen Transponder am Fuß. Betritt etwa Stute Bounty einen der drei Futterautomaten, wird dieser ausgelesen. Je nachdem, wie viel sie schon gefressen und noch Rationen übrig hat, wird eine Portion ausgegeben. „Das kann ich sogar auf dem Handy abrufen. Es ist viel unkomplizierter, jetzt auch mal unterwegs zu sein“, berichtet Timo Knauer. Auch gibt es ein Warnsystem, falls ein Tier mal zu wenig frisst, ein Hinweis auf eine Erkrankung oder Verletzung.

Ein Kratzer kann schon mal vorkommen, wenn die Tiere ihre Rangordnung ausfechten. „Die meisten Halter von Turnierpferden schreckt das Konzept deshalb ab. Aber Verletzungen können auch im Stall vorkommen“, sagt Timo Knauer. Für ihn hat das Konzept nur Vorteile: ein stärkeres Immunsystem und mehr Muskeln, weniger Heu und Mist, aber auch bis zu 50 Prozent weniger Aufwand als im Boxenstall, den der Rappenhof weiterhin hat. „Die Tiere sind viel ausgeglichener. Sie wollen sich bewegen und in der Gruppe sein.“