Gerd Winkler versteigert beim Höfinger Kreativ-Werk die Kunst von Menschen mit Handicap.

Leonberg - Zum Glück sind die Zeiten vorbei, in denen die Malerei behinderter Menschen als „Bildwerke“ herunterqualifiziert wurden wie einst in der legendären Prinzhorn-Sammlung in Heidelberg. Kunst wird auch nicht mehr als „entartet“ politisiert, zweckentfremdet und weggesperrt, sondern darf die Einzigartigkeit von Menschen zeigen, die aufgrund ihres Andersseins die Möglichkeit haben, sich künstlerisch völlig frei von jedweden Strömungen auszutoben.

 

Warm und hell glänzte das Kreativ-Werk Höfingen in die dunkle Nacht und lockte zahlreiche Besucher zu einer Veranstaltung, die seit vier Jahren zu einem der Highlights der Einrichtung zählt, die zu Atrio Leonberg gehört. „Das Kreativwerk leuchtet“, nennt sie sich sinnreich.

Die Herzen der Aussteller glühen vor Aufregung

Und tatsächlich glühten die Herzen der Aussteller vor Aufregung. In diesem freundlichen und hellen Haus entstehen jeden Tag neue Bilder, geschnitzte Skulpturen, genähte Kunstobjekte oder bunte Begrüßungsstäbe. Mittelpunkt ist dabei die Versteigerung, die der Aufsichtsratvorsitzende Gerd Winkler mit viel Verve und Humor über mehrere Stunden hinweg leitete. Charmant durch den Abend begleiteten Elisabeth Berta und Zarah-Zoe Luft, die die einzelnen Arbeiten einleitend erläuterten. Ein gut gelaunter Martin Kaufmann begrüßte die Gäste. „Hier wird vielfältige Kunst hergestellt. Die ansässigen Firmen haben hohes Vertrauen in die hier arbeitenden Menschen und die hohe Qualität ihrer Arbeit“, lobte der Oberbürgermeister. Auch Oliver Zander von der benachbarten Firma Perma Trade, die in vielen Projekten mit dem Kreativwerk zusammenarbeitet, adelte nicht nur die Veranstaltung, sondern bot auch fleißig mit.

Die Aufregung war allen Beteiligten anzumerken, schließlich sollten ihre Bilder unter den Hammer. Während der „Kampf ums Bild“ (Winkler) tobte, konnten sich Interessierte mit den Künstlern Mappen anschauen oder die Ausstellung bewundern. Maren Benedix zum Beispiel, äußerlich eine Reminiszenz an Frida Kahlo mit Blumen im dunklen Haar und buntem Rock, erzählte sehr kommunikativ von ihren Bildern, wie sie entstanden, welches sie selbst am liebsten mag, und von ihrem Lieblingsmotiv, Drachen und Fabelwesen.

„Wichtig ist uns die Qualität der Kunst“

„Wichtig ist uns die Qualität der Kunst“, unterstrich der Werkstattleiter Ricky Feuchter, „und es muss einfach passen. Die Einrichtung zu den Menschen und die Menschen zur Einrichtung.“ Die Frauen und Männer mit Handicap haben hier ihren Arbeitsplatz, ein breites Angebot sichert allen ein glückliches Arbeitsleben. Die Bedingungen sind optimal, daher wurde Atrio immer wieder von der „Aktion Mensch“ unterstützt. Weitere Kooperationen sind erwünscht.

Wie gut die Versteigerung von der Bevölkerung angenommen wurde, zeigte nicht nur die hohe Besucherzahl und das lebhafte Interesse an den auch in der Ausstellung gezeigten Bildern und Objekten. Versteigert wurde alles, wie in jedem Jahr. Aber es wurde darüber hinaus auch gekauft. Geschenkpapier, Sammlertassen, Kunstkarten, Unikate wie der kunstvoll geschnitzte Haselstab von Andreas Stejskal, der von diesem Wochenende an die Wohnung einer kunstbegeisterten Höfingerin verschönert. Ein gelungener Jahresrückblick, der mit Spannung auf die LaKuNa blicken lässt, an der sich auch wieder das Kreativ-Werk beteiligen wird.