Weil Kinder später eingeschult werden, bleiben sie länger im Kindergarten. In Warmbronn ist die Situation schon jetzt akut.

Leonberg - Es sind nur drei Monate, doch sie machen einen riesigen Unterschied aus. Nachdem eine Petition mehr als 20 000 Unterstützer fand, hatte das baden-württembergische Bildungsministerium im vergangenen Sommer beschlossen, dass der Stichtag für die Einschulung vom 30. September auf den 30. Juni vorverlegt wird. Kinder, die erst nach dem Stichtag sechs Jahre alt werden, müssen erst im Jahr darauf in die Schule. Drei Monate – das ist ein Viertel eines Jahrgangs.

 

120 zusätzliche Plätze durch neuen Stichtag

Das stellt alle Kommunen vor eine gewaltige Herausforderung. Anders als etwa bei einer Spitze in der Bevölkerungsentwicklung, die nur vorübergehend ist und wieder abflachen kann, ist dieser Zuwachs lang anhaltend. Allein in Leonberg beläuft sich die Zahl an Plätzen, die deshalb zusätzlich geschaffen werden müssen, auf 120. „Ein Leonberger Jahrgang umfasst etwa 500 Kinder“, erklärt Gabriele Schmauder, die Leiterin des städtischen Familienamtes. In diesem Jahr würden also 40 zusätzliche Plätze benötigt, im Jahr darauf 80 und zum Kindergartenjahr 2022/23 dann insgesamt 120.

Dabei fehlen schon jetzt genügend Betreuungsplätze. Trotz zahlreicher Neubau- und Erweiterungsvorhaben in verschiedenen Umsetzungsstadien sowie Interimslösungen steigt die Zahl fehlender Plätze bis August 2021 wohl um weitere knapp 100 an. Das geht aus der Bedarfsplanung hervor, die die Stadtverwaltung im vergangenen Frühjahr vorgelegt hat. Die neuesten Zahlen soll es voraussichtlich in der nächsten Sitzungsrunde des Gemeinderates im März geben. Denn mit weiteren 103 Kindern ist in den kommenden drei Jahren zu rechnen, weil neu gebaute Wohnungen bezogen werden.

Warmbronn bekommt zweites Kinderhaus

Besonders akut ist die Situation schon jetzt in Warmbronn. Dort fehlen derzeit 35 Betreuungsplätze für Kinder zwischen drei und sechs Jahren. Derzeit sucht die Stadt nach einem Grundstück für einen zweiten Kindergarten, der sechs Gruppen umfassen soll „Das gestaltet sich gerade ganz schwierig“, sagte der Erste Bürgermeister Ulrich Vonderheid am  Mittwochabend im Sozialausschuss des Gemeinderates. Man hoffe, noch vor der Sommerpause etwas zu finden. Bis dahin will sich die Stadt erst einmal anders behelfen.

So hatte der Ortschaftsrat Warmbronn beantragt, wie zuvor in Höfingen eine Naturkindergartengruppe für 20 Kinder einzurichten, die an das bestehende Kinderhaus Warmbronn angegliedert ist. Auch wenn dafür fast 100 000 Euro in diesem Jahr anfallen für Personal, einen Bauwagen sowie Planungsleistungen, ist das immer noch günstiger als ein Anbau ans Kinderhaus. Die integrierte Naturkindergruppe soll noch in diesem Jahr starten. Ebenfalls noch 2020 soll ein viergruppiger Interimskindergarten realisiert werden. Und zwar auf dem Gelände des früheren Christian-Wagner-Kindergartens. Dieser sowie der Stöckhof-Kindergarten waren abgerissen worden, nachdem das Kinderhaus 2014 eröffnet hatte.

Doppeltes Interim nötig

„Die entsprechenden Bedarfszahlen für Warmbronn liegen vor und können mit einer Interimskita noch nicht erfüllt werden“, berichtete Gabriele Schmauder. Deshalb hatte der Warmbronner Ortschaftsrat vor zwei Wochen eine zweite Interimskita beantragt, die dann 2021 in Betrieb gehen soll. Alle drei Vorhaben hat der Sozialausschuss am Mittwoch einstimmig auf den Weg gebracht.

Auch wenn dies nicht ohne Diskussion ablief. „Ich sehe da einen Konflikt, wenn beide Grundstücke, die der Stadt gehören, mit Interimslösungen blockiert werden“, merkte Fabian Strecker (Grüne) an, der auch im Warmbronner Ortschaftsrat sitzt. Oberste Priorität sollte es haben, eine dauerhafte Lösung zu finden. „Wir brauchen mindestens sechs Gruppen. Die früheren Kindergärten hatten je drei Gruppen“, entgegnete Vonderheid. „Ich warne davor, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Es macht keinen Sinn, das auf zwei Standorte aufzuteilen.“

Sebastian Werbke (Grüne) machten die Kosten von 720 000 Euro je Containerkita Sorgen. „Das ist jeweils für den Aufbau, Erschließung, Miete für zwei Jahre sowie den Abbau“, erklärte Birgit Albrecht vom Gebäudemanagement. Eine Interimskita erhalte in der Regel eine Betriebserlaubnis für zwei Jahre, die bei Bedarf um ein Jahr verlängert werden kann.

Schon jetzt gibt es zwei solcher vorübergehenden Container-Lösungen in der Stadt: am alten Golfplatz und gegenüber des südlichen Leo-Center-Parkhauses. Beide sollen in den nächsten zwei bis drei Jahren in Neubauten umziehen: die Kita Nord unterhalb des Engelbergturms sowie die Kita West am Kreisel Schweizermühle. In der Distelfeldstraße wurde das Interim Stadtmitte gerade geöffnet. Zudem gibt es mehrere provisorische Erweiterungen an bestehenden Kindergärten. In Höfingen erhält die „Villa Kunterbunt“ gerade einen Anbau. Trotzdem klafft weiter eine Lücke zwischen Bedarf und Kapazitäten. Wie diese geschlossen werden soll, wird dann im März besprochen.