Den wichtigsten Zuwachs hätte aber der Oberbürgermeister selbst: Er wäre entsprechend dieses Konzeptes dann Kämmerer, behielte interessanterweise aber zudem das Rechnungsprüfungsamt, also die interne Finanzaufsicht. Verlierer dieses Szenarios wäre Ulrich Vonderheid, müsste er doch das wichtige Finanzdezernat an den OB abgeben. Dass das Kulturressort und die verlustreiche Stadthalle ein ausreichendes Trostpflaster wären, wird von Insidern bezweifelt.
Cohns’ Begehrlichkeiten nach den Finanzen
Martin Georg Cohn hat aus seinen Begehrlichkeiten nach dem Finanzdezernat nie einen Hehl gemacht. Regelmäßig verweist der Oberbürgermeister auf seine früheren Tätigkeiten, in denen er Finanzverantwortung getragen hat. Geht es im Gemeinderat ums Geld, ergreift der Chef zumeist das Wort. Der zuständige Fachdezernent darf oft nur bei Details oder kritischen Nachfragen Stellung beziehen.
Dennoch muss sich der Oberbürgermeister mit seinen Umstrukturierungsabsichten vorerst gedulden. Der Gemeinderat hat ihm mit großer Mehrheit die Gefolgschaft verweigert. Die aber braucht Cohn, um seine Pläne in die Tat umzusetzen. Noch nicht einmal diskutieren wollte die Mehrheit der Stadträte über die Cohn’schen Vorstellungen. Eine Aussprache wurde sowohl im zuständigen Finanz- und Verwaltungsausschuss wie auch im Gemeinderat abgelehnt.
Im Ausschuss gelang es dem OB gerade noch, dass der von ihm eingeladene Imaka-Chef Hans-Dieter Boss seine Dezernatsempfehlungen kurz erläutern durfte. Die von ihm angebotenen Nachfragen nahmen die Stadträte nicht in Anspruch. Sichtlich irritiert musste der Berater nach wenigen Minuten den Saal verlassen.
Christa Weiß: Das ist nun der Tiefpunkt
Dass sich mehrere Fraktionen im Vorfeld darauf verständigt haben, die Diskussion über eine Neustrukturierung schlicht abzublocken, wird hinter vorgehaltener Hand nicht bestritten. Der OB habe wissen müssen, dass er keine Mehrheit findet. Deshalb hätte er das heikle Thema erst gar nicht aufbringen sollen.
Cohn wiederum sagt klar, dass er mit den jetzigen Struktur nicht zufrieden ist: „Um das zu dokumentieren, nehme ich zwei Abstimmungsniederlagen in Kauf.“ Ihm zur Seite springt Christa Weiß: „Ich habe in 30 Jahren schon viel erlebt, was ärgerlich, betrüblich und total befremdlich war“, sagt die SPD-Fraktionsvize. „Dies ist nun der Tiefpunkt: Selbstentmachtung und ein Armutszeugnis für die Loyalität im Umgang miteinander.“