Seit neun Jahren kümmert sich der ambulante Hospizdienst auch um Kinder. Manche sind selbst krank, bei anderen ist ein Familienmitglied gestorben. Auf das Thema will der Verein bei einer Veranstaltung am 3. Februar aufmerksam machen.

Leonberg - Tim bekommt Besuch. Die unbekannte Frau reicht ihm die Hand, fragt ihn, wie es ihm geht. Das ist ungewohnt für den Jungen. Die meisten fragen nämlich, wie es seinem Bruder geht. Tims Bruder ist krank, schwer krank. Seine Eltern fahren mit ihm regelmäßig zu Untersuchungen in die Klinik nach Tübingen, dann sind sie lang fort. Tim ist dann meist allein.

 

Doch diese Frau, die kommt wieder. Und fragt wieder, wie er sich fühlt. „Der Junge hat erst beim dritten Mal gemerkt, dass unsere ehrenamtliche Begleiterin nur wegen ihm kommt und sich um ihn kümmert, nicht um seinen Bruder“, sagt Monika Friedrich. Es sind solche Geschichten, die die Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes für Kinder und Jugendliche glücklich machen. Auf eine stille Weise. Denn immerhin blickt dort ein Mensch dem Tod ins Auge. Der Kinderhospizdienst, der zum Leonberger Hospiz gehört, kümmert sich derzeit um 25 Kinder.

Tag des Kinderhospizes am 3. Februar

Viele der Kinder sind Waisen

Ganz wenige sind selbst schwer krank, und die Ehrenamtlichen sind hier für die psycho-soziale Betreuung, nicht die medizinische zuständig. Doch der größte Teil sind Kinder, die einen schwerkranken engen Angehörigen haben oder solche, deren Vater, Mutter oder Geschwister bereits gestorben ist. Aber auch die Öffentlichkeitsarbeit gehört dazu. Und so beteiligt sich der Leonberger Verein am bundesweiten Tag der Kinderhospizarbeit. Diesmal mit Veranstaltungen in Ditzingen (siehe Infobox). „Wir betreuen auch Kinder dort, die Stadt ist eine der wenigen Kommunen, die unsere Arbeit regelmäßig unterstützt, auch finanziell“, erklärt Monika Friedrich. Der Altkreis und das Dekanat Leonberg seien ihr „Zuständigkeitsbereich“, auch wenn er nicht in Stein gemeißelt ist. „Genauso, wie sich jeder seinen Arzt frei aussuchen kann, kann sich auch jeder an jedes Hospiz wenden, wenn er Hilfe sucht.“

Der Kinderhospizdienst erfüllt dabei gleich zwei Aufgaben. Er kümmert sich um die Kinder und entlastet dadurch auch ein Stück weit die Eltern. „Die Eltern haben ständig ein schlechtes Gewissen. Sie wollen beim kranken Kind, Partner oder Elternteil sein und sich gleichzeitig zuhause um den Rest der Familie kümmern. Wenn Tims Eltern jetzt mit seinem Bruder in die Klinik fahren, bleibt seine Begleiterin vom Kinderhospiz bei ihm. Oder sie kommt vorbei, damit Mama und Papa auch mal Zeit für sich haben. Außerdem geht Tim einmal im Monat zu den „Sunshine Kids“. So nennen sich die Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren selbst. Auch eine Gruppe für ältere Jugendliche gibt es.

Tim kann weinen – und keiner lacht

Mit den anderen kann Tim über alles reden. Er kann weinen und keiner lacht. Er kann erzählen, dass er manchmal böse ist auf seinen Bruder, weil der die ganze Aufmerksamkeit bekommt. Das kennen die anderen. Und sie trösten ihn, wenn er sich wegen dieser Gedanken schuldig fühlt. Doch nicht nur das Reden hilft dem Jungen. Immer wieder bietet der Kinderhospizdienst Ausflüge oder Veranstaltungen an. Mal geht es in die Wilhelma, mal wird mit dem Renninger Küchenchef Andreas Walker gekocht. „Letztes Jahr waren wir in Tripsdrill und haben in Schäferwagen übernachtet“, erzählt Monika Friedrich. Die gemeinsame Erfahrung, sowohl die traurige, als auch die schöne, schweiße die Kinder zusammen.

Der Kinderhospizdienst begleitet sie meist über viele Jahre hinweg. „Unsere Arbeit hört mit dem Tod nicht auf“, sagt sie dazu. Manchmal werden die Ehrenamtlichen erst auf den Plan gerufen, wenn bereits jemand gestorben ist. Oft, wenn das unvorhergesehen passiert. In vielen Fällen haben die Hospizmitarbeiter auch noch mit Vorurteilen zu kämpfen. „Für viele Menschen bedeutet Hospiz gleich Tod. Doch unser Motto heißt: Hier wird gelebt bis zum Schluss. Ich würde mir wünschen, wir könnten endlich dieses Tabu brechen“, sagt die Kinderhospiz-Koordinatorin.

Auch medizinische Pflege ist gefragt

Nächstes Jahr feiert der ambulante Kinderhospizdienst seinen zehnten Geburtstag. Was sie sich dafür noch wünscht? „Mein Wunsch wäre, dass wir auch eine Palliativ-Pflege für Kinder aufbauen können“, lautet ihre Antwort. Das ist ein Projekt der Renningerin Martina Steinbrenner (siehe Infobox). So etwas gibt es noch nirgends im Land Baden-Württemberg. „Wir sind da gemeinsam unterwegs“, sagt Monika Friedrich. Für ein bisschen Sonnenschein im finsteren Tal.