Einige tausend Besucher informieren sich beim Tag der offenen Tür zum 30-jährigen Bestehen der Luftrettungsstation am Krankenhaus. Sie machen sich dort ein Bild über die verschiedenen Organisationen, die im Fall der Fälle zu Hilfe eilen.

Leonberg - Ehrfurchtsvoll sitzt Tim Krämer auf dem Co-Pilotensitz des BK 117 und mustert die vielen Anzeigen, Knöpfe und Schalter des alten Rettungshubschraubers. Kurz davor wurde er nach einem kleinen Unfall im heimischen Garten noch in der hausärztlichen Notfallpraxis im Krankenhaus verarztet. Jetzt kann der Neunjährige ohne große Not mit seinen Eltern den Hubschrauber und die Rettungsfahrzeuge von Rotem Kreuz und Feuerwehr ganz aus der Nähe betrachten.

 

Vor dem Einstieg drängen bereits weitere Kinder. Bis zum Nachmittag kann Martin Mach, seit 25 Jahren Rettungsassistent auf dem Hubschrauber „Christoph 41“, nicht mehr sagen, wie viele kleine Möchtegern-Piloten er ins Cockpit gehoben hat. Den Rücken spüre er jedenfalls schon, gibt der Rotkreuzler unumwunden zu.

Eine kurze Durchsage bittet am frühen Mittag die dicht um die am Rande geparkten Hubschrauber von Polizei und DRF-Luftrettung stehenden Besucher, Abstand zu halten. Ein echter Notruf zeigt den Alltag der Luftretter. In unaufgeregter Routine läuft die am Jubiläumstag diensthabende Crew in aller Ruhe zum Hubschrauber und schon zwei Minuten später schwebt sie unter dem Dröhnen der Turbine und der Rotoren Richtung Zollern-Alb-Kreis. „Hier jagt ein Highlight das andere“, bemerkt Petra Scholz, die mit der Familie gekommen ist.

Staunende Zuschauer überall

Im Patientengarten zeigt die Höhen- und Tiefenrettung der Daimler-Werksfeuerwehr in Sindelfingen mit einem Teleskopfahrzeug ihr Können. Staunend sehen die Zuschauer, wie sich die Spezialisten kopfüber aus großer Höhe abseilen. Im Rahmen der Überlandhilfe komme die Werksfeuerwehr auch den Freiwilligen Feuerwehren im Kreis Böblingen zu Hilfe, wenn deren Ausrüstung nicht mehr ausreiche, erklärt ein Experte. So hätten sie einen abgestützten Hund aus einem Steinbruch gerettet oder in Malmsheim einen Fallschirmspringer aus einem Baum geholt. Die Bergung von Verunglückten von Kränen, Silos oder aus Schächten gehört ebenfalls zur Aufgabe der Kletterspezialisten.

Solche sind auch die Bergretter von der Schwäbischen Alb. 24 Kletterfelsen liegen im Zuständigkeitsbereich der Bergwacht von Pfullingen und Bad Urach, die ihre ehrenamtliche und oft lebensgefährliche Arbeit vorstellen. Zwei bis drei Kletterunfälle hätten die Bergretter pro Jahr, erzählt Andreas Bay, der technische Leiter Sommerrettung der Bergwacht Bad Urach. Hinzu kämen auch einige Mountainbike-Unfälle, wobei die Sportler eher zäh seien und sich oft noch verletzt zu einer Station schleppten. „Wenn einer nimmer laufen kann, ist er was für uns“, bemerkt der Bergretter trocken. Immer wieder passierten auch Unfälle bei Exkursionen von Outdoor-Anbietern in Höhlen, dann müsste die Bergwacht Hand in Hand mit der Höhlenrettung arbeiten. Eine Einsatzvergütung bekämen die Aktiven der Bergwacht, anders als die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren, jedoch nicht und müssten obendrein sogar oft noch ihre Ausrüstung selbst finanzieren, so Bay. Dabei hätten mit den neuen Premiumwanderwegen entlang der Alb die Einsätze spürbar zugenommen.

Am Einsatzfahrzeug der Leonberger Feuerwehr fachsimpelt derweil Lutz Staiger mit einem alten Kollegen aus dem Strohgäu. Peter Herthnek ist beim Kücheneinsatz zur Feuerwehrhocketse in Hirschlanden das Messer beim Schnittlauch-schneiden ausgerutscht und nach der Versorgung in die Notfallambulanz des Krankenhauses nutzt er nun die unerwartete Gelegenheit für einen Besuch auf der Flugrettungsstation. „Sonst hätte ich da heute gar nicht kommen können“, tröstet sich der Kamerad von der Alterswehr über das Missgeschick hinweg.

Zwei-, dreimal die Woche trainieren Hund und Frauchen

Kurz darauf besteigen Kathrin Krüger und Heike Weil von der Rettungshundestaffel Sindelfingen und ein Feuerwehrmann mit einem Labrador den Korb der Drehleiter und fahren nach oben. Der dreijährige Rüde absolviert die Ausbildung zum Rettungshund und dazu gehören auch regelmäßige Mutproben in der Höhe. Seit einem Jahr ist der Hund in der Ausbildung. Zwei- bis dreimal wöchentlich trainieren Hund und Frauchen. Während die Tiere in Sindelfingen im Mantrailing, dem Verfolgen einer Spur, sowie in der Flächensuche ausgebildet werden, müssen die Hundeführer eine Sanitätsausbildung absolvieren und Schulungen zu Karte und Kompass absolvieren. „Es ist ein aufwendiges Hobby, das kaum Zeit für anderes erlaubt“, gibt Kathrin Krüger zu. 40 Einsätze absolvieren die Rettungshunde im Jahr und suchen vor allem verwirrte Senioren, Menschen mit Suizidabsichten und ganz selten mal vermisste Kinder.

Dirk Gockeler, der Leitende Rettungsassistent der Leonberger Station, ist überwältigt vom Interesse der Bevölkerung. Er freut sich aber besonders, dass auch viele Kollegen aus dem Einsatzradius von 50 bis 70 Kilometern gekommen sind. Am Parkplatz stehen Mannschaftsfahrzeuge des Roten Kreuzes aus Rastatt und Gaggenau. „Wir treffen uns bei Einsätzen, aber da haben wir nie Zeit, uns auch mal zu unterhalten“, meint Gockeler, während schon wieder ein Mitarbeiter der Rettungsleitstelle Ludwigsburg im Vorbeigehen Hallo sagt.

Bis zum Schluss ist der alte BK 117, der mittlerweile nur noch für Intensivtransporte im Einsatz ist, von neugieren Kindern und Erwachsenen umlagert. Weit mehr als 30 Modellhubschrauber gehen zugunsten der DRF-Luftrettung (ehemals Deutsche Rettungsflugwacht) über den Tresen.