Nach langen Wochen im Lockdown bestreiten Athleten in Sindelfingen die ersten Wettkämpfe während der Pandemie.

Sindelfingen - Es ist das Seuchenjahr für jeden Leichtathleten: die monatelange Vorbereitung auf zahlreiche Meisterschaften, gar die Olympischen Spiele in Tokio umsonst – wegen Corona. Auf den Weg in die Normalität hielt der VfL Sindelfingen nun als einer der ersten Vereine in Deutschland ein Testturnier für Sportler aus der Region ab. „Wir sind alle froh, endlich wieder Wettkampfluft zu schnuppern“, sagte der Organisator Dieter Locher.

 

Trotz heftigem Regen war das Turnier ein Erfolg. Das lag nicht zuletzt an dem Bewerberfeld. Mit dabei waren zahlreiche Topathleten: der Paralympics-Sieger im Kugelstoßen, Niko Kappel; der deutsche Meister über 400 Meter Hürden, Constantin Preis. Besonders der 400-Meter-Hürden-Lauf der Frauen hatte den Charakter einer deutschen Meisterschaft. An den Start gingen die amtierende deutsche Meisterin Carolina Krafzik sowie die Olympiateilnehmerinnen Djamila Böhm und Jackie Baumann. Und Baumann lief so, als hätte es das Virus nicht gegeben. Mit einer Paradezeit von 55,96 Sekunden ließ sie die anderen hinter sich. „Ich war erst einmal schneller, aber der Rhythmus vorher war schlimm“, sagte die Siegerin, die offenbar nicht ganz zufrieden mit dem Rennen war. In diesem Lauf landete Lisa Sophie Hartmann aus Renningen, die für den VfL Sindelfingen startet, mit 59,32 Sekunden auf Rang vier. Hanna Render (LG Gäu Athletics) wurde in 65,39 Sekunden Zehnte. Teamkollege David Günther lief über 200 Meter der Männer die drittschnellste Zeit (23,31 Sekunden).

Wettkampf in drei Etappen

Um den Wettbewerb mit weit mehr als 100 Sportlern auf die Beine zu stellen, hatten die Veranstalter die Wettkämpfe im Floschenstadion in drei Etappen einteilen müssen. Am Morgen gingen die Jugendlichen an den Start. Gegen Mittag folgten die 100- und 800-Meter-Läufer, am Nachmittag unter anderem die Hürden-Läufer, Kugelstoßer und Weitspringer. „Nach jedem Teil räumten wir in drei Etappen komplett das Stadion“, erklärte Locher.

Wie in anderen Bereichen auch, mussten Teilnehmer und Veranstalter Corona-Beschränkungen einhalten. So mussten sich Sportler am Eingang in Listen eintragen, Umkleideräume standen nicht zur Verfügung, Zuschauer waren ausgeschlossen, Getränke und Verpflegung brachten die Sportler selbst mit – und sie hielten die Abstände ein. Wegen Letzterem waren Mittel- und Langstreckenläufe im Massenstart ausgeschlossen.

Das Wettkampfgefühl kehrt zurück

„Ich bin einfach froh, dass der Wettkampf stattfand“, sagte Krafzik nach dem Rennen. Wochen zuvor hatte die Hürdenläuferin mit der Frage gekämpft, ob sie sich auf ein Turnier vorbereiten solle oder nicht. Von einem Tag auf den anderen war das Training verboten worden, Wettkämpfe wurden abgesagt. Im März ging sie allein in den Wald und stellte dort Hürden auf, um dennoch trainieren zu können. „Jetzt kehrt das Gefühl wieder zurück“, sagte sie. Für die Sportler waren die Wettkämpfe auch eine Gelegenheit, die eine oder andere Qualifikationsnorm für die deutschen Meisterschaften zu erfüllen. Diese sollen im Spätsommer stattfinden.

Der Sindelfinger Lokalmatador Niko Kappel präsentierte sich erneut in Hochform. Wenige Tage nach seinem offiziell noch nicht anerkannten Weltrekord von 14,40 Metern stieß der Paralympics-Gewinner die Kugel im letzten Durchgang auf 14,10 Meter und blieb damit trotz des Regens nur neun Zentimeter unter der noch gültigen Bestmarke. „Genial bei diesem Sauwetter“, sagte Kappel im Anschluss.