Die Lebenshilfe muss auch vermitteln, dass Einschränkungen nicht gegen die eigene Person gerichtet sind.

 

„Es könnte ja sein, dass so manch einer denkt, dass die Welt genug Probleme hat und es wahrhaft wichtigere Themen gibt als die Situation von Menschen mit Behinderung und Inklusion“, formuliert es Elisabeth Kolofon. Aber das Team der Lebenshilfe sei überzeugt, dass es gerade jetzt wichtig sei, wie miteinander umgegangen werde, dass darauf geachtet werde, dass jeder wertgeschätzt und einbezogen wird, dass das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung für jeden Einzelnen bereichernd ist.

Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, Familien zu unterstützen und zu entlasten und nicht zuletzt die Freizeitangebote für Menschen mit Behinderung zu organisieren, sind die wichtigsten Aufgaben der Lebenshilfe Leonberg. Der Verein wurde 1966 als Selbsthilfevereinigung gegründet und betreut Menschen mit Behinderung im gesamten Altkreis Leonberg.

Ohne Ehrenamtliche geht nur wenig

Die gegenwärtig sieben hauptamtlichen Mitarbeiter der Lebenshilfe werden dabei von über 300 ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützt. Geschäftsführerin ist Christina Holler. Jürgen Rein, der Leiter der Sozialen Dienste der Stadt Leonberg, ist der Vorstandsvorsitzende des Trägervereins der Lebenshilfe. Deren Angebot umfasst neben der sozialrechtlichen Beratung auch Kurse und Freizeittreffs, Urlaubs- und Ferienfreizeiten, Wochenendfreizeiten, Ferientagesbetreuung, Schülerbetreuung, Schulbegleitung und Gesprächskreise für Eltern.

Der Lebenshilfe angegliedert ist die ergänzende unabhängige Beratungsstelle (EUTB), die von Wolfgang Weiß betreut wird. Diese bietet Menschen mit einer Behinderung oder von Behinderung Bedrohten und deren Angehörigen eine Beratung zu allen Fragen des Lebens mit Behinderung.

„Corona macht keinen Unterschied zwischen den Menschen. Menschen mit Behinderung wurden durch die Corona-Epidemie genauso getroffen wie jeder nicht behinderte Mensch in der Gesellschaft“, bringt es Elisabeth Kolofon auf den Punkt. Von einem Tag auf den anderen habe sich für alle alles verändert. „Ein großer Unterschied aber liegt darin, wie wir mit dieser Situation umgehen können. Wie wir die Ängste verarbeiten und ob wir dazu in der Lage sind, mit der neuen Situation umzugehen“, sagt Christina Holler.

Und gerade darin bestünden auch die Schwierigkeit und die Herausforderung für Menschen mit einer Behinderung, vor allem wenn es sich um eine geistige Behinderung handelt. Zu verstehen, warum plötzlich alles anders ist, dass jahrelange Regeln nicht mehre gelten, dass das Virus eine Gefahr für jeden Einzelnen und für die Gemeinschaft ist. „Aber es geht auch darum, zu vermitteln, dass wir selbst in dieser schwierigen Zeit als Gemeinschaft verbunden sind, man eben nicht alleiniger Leidtragender ist und die Beschränkungen nicht gegen die eigene Person gerichtet sind“, sagt Elisabeth Kolofon.

Herber Rückschlag für die Inklusion

Corona hat sich als herber Rückschlag für die Inklusion erwiesen. „In den letzten Jahrzehnten wurde viel dazu beigetragen, dass Menschen mit Behinderung das Gefühl haben konnten, dazu zu gehören, Teil der Gesellschaft zu sein“, sagt die Inklusionsbeauftragte. Vieles, das unternommen wird, um zu schützen, erschwere die Begegnungen und könne leicht als Ausgrenzung empfunden werden. Von Menschen mit Behinderung werde das verstärkt so empfunden.

„Das, was für alle so wichtig ist, nämlich die Begegnung und der Austausch mit anderen, ist durch die soziale Distanzierung vorübergehend fast vollständig zum Erliegen gekommen und auf nicht absehbare Zeit auch jetzt noch nur eingeschränkt möglich“, weiß Elisabeth Kolofon. Gerade diese Begegnungen aber seien der Schlüssel zur Inklusion. Die Lebenshilfe stand bei der Neuaufstellung ihrer Angebote vor der großen Herausforderung, wie ein wirksames Hygienekonzept umgesetzt werden kann. Aber es ging auch darum, nicht das zu verlieren, was oft auch das Besondere am Umgang mit Menschen mit Behinderung ist: Nähe, menschliche Wärme und direkter Kontakt. „Selbstverständlich müssen auch unsere Mitarbeiter auf die Einhaltung der Coronaregeln achten, wie Abstand halten, Hygieneregeln, Alltagsmaske tragen, Lüften“, sagt Geschäftsführerin Christina Holler.

So wurden die Gruppengrößen bei allen Angeboten der Lebenshilfe verringert, um Abstand halten zu können, und wenn der nicht einhaltbar ist, wie zum Beispiel in der direkten Betreuung und Pflege oder bei der Betreuung von Kindern, dann tragen alle eine Maske. Die geschätzten Freizeitkurse können zwar nicht mehr stattfinden, wohl aber die Angebote, um die Familien zu unterstützen und zu entlasten, wie zum Beispiel die „Auszeit in der Lebenshilfe“, die schon während des Lockdowns im Frühjahr angeboten wurde.